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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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in beiden Ländern angefertigt werden, hinzuzählt, die englische Flotte seit 1852
um 55.030, die französische um 54,804 Pferdekräfte verstärkt worden sein, so daß
in diesem Zeitraum England seinem Nebenbuhler nur um 226 Pserdckräfte
vorausgekommen wäre. Von diesem Wachsthum fallen bei der englischen
Marine 18,700, bei der französischen 24,640 auf Linienschiffe, Dazu kommen
noch die 3000 Pferdekraft der französischen eisenbekleideten Fregatten, so daß die
französische Flotte in dieser Zeit in Betreff seiner Schiffe ersten Ranges um bei¬
nahe 10,000 Pferdekraft mehr zugenommen hat, als die britische. Ein ähnliches
Verhältniß findet im Bereich der Fregatten und Blockschiffe statt, in welchem d^le
englische Marine nur um 7793, die französische dagegen um I3,ioo Pferdekraft
vermehrt wurde. Im Ganzen haben also England und Frankreich seit acht
Jahren in Betreff ihrer Linienschiffe und Fregatten zugenommen:

Frankreich.......um Pferdekraft 41,340
England........" " " 26,493
Unterschied zu Gunsten Frankreichs 14,847

Andrerseits hat England mehr für solche Fahrzeuge gethan, welche unter
dem Rang von Fregatten stehen. Auf diesem Gebiet ist die britische Flotte
um 28,537, die französische um 13,464 Pferdekraft gewachsen, und zwar kommen
davon bei jener 8690, bei dieser 2240 Pferdekraft auf Kanonenboote. Ende
dieses Jahres (1859) wird die englische Dampferflotte 99,512 Pferdekraft und
eine Tonnenzahl von 457,881 haben und mit 8246 Kanonen armirt sein,
während die französische 82,044 Pferdekraft haben und gegen 6200 Kanonen
führen wird.

Nach dem Gesagten scheint es, daß die Flotte Frankreichs nicht fern da¬
von ist, der englischen ebenbürtig zu sein, zumal da letztere nothwendig (der
Colonien wegen) zerstreut sein muß. Die Sache stellt sich aber doch anders.
Es ist hier der Ort, ein großes, oft vorgebrachtes Mißverständniß zu widerlegen.
Frankreich hat vielleicht eine genügende Macht, um England mit einer Invasion
zu überwältigen, es wird aber, wenn diese Invasion nicht sofort gelingt,
wenigstens seht nicht die Macht haben, mit England einen langen Seekrieg zu
führen, und zwar deshalb nicht, weil ein solcher Krieg mit Dampf geführt
werden müßte.

Selbst die Franzosen geben das zu. Weit entfernt nämlich mit den
Schriftstellern übereinzustimmen, welche annehmen, daß der Dampf, indem er
eine Umwälzung in den Verhältnissen des Seekriegs hervorbrachte, alle Natio¬
nen für die Zukunft in dieser Hinsicht gleichstellen werde, geben sie ohne wei¬
teres zu, daß England infolge dieser Umwälzung und seiner fast unerschöpflichen
Vorräthe guter Kohlen gegen alle Völker Europas entschieden im Vortheil ist.
Dies erhellt bei folgenden Betrachtungen. Der größere Theil der Kohlen.
Welche jetzt die französische Marine verbraucht, wird in Newcastle und Cardiff


in beiden Ländern angefertigt werden, hinzuzählt, die englische Flotte seit 1852
um 55.030, die französische um 54,804 Pferdekräfte verstärkt worden sein, so daß
in diesem Zeitraum England seinem Nebenbuhler nur um 226 Pserdckräfte
vorausgekommen wäre. Von diesem Wachsthum fallen bei der englischen
Marine 18,700, bei der französischen 24,640 auf Linienschiffe, Dazu kommen
noch die 3000 Pferdekraft der französischen eisenbekleideten Fregatten, so daß die
französische Flotte in dieser Zeit in Betreff seiner Schiffe ersten Ranges um bei¬
nahe 10,000 Pferdekraft mehr zugenommen hat, als die britische. Ein ähnliches
Verhältniß findet im Bereich der Fregatten und Blockschiffe statt, in welchem d^le
englische Marine nur um 7793, die französische dagegen um I3,ioo Pferdekraft
vermehrt wurde. Im Ganzen haben also England und Frankreich seit acht
Jahren in Betreff ihrer Linienschiffe und Fregatten zugenommen:

Frankreich.......um Pferdekraft 41,340
England........„ „ „ 26,493
Unterschied zu Gunsten Frankreichs 14,847

Andrerseits hat England mehr für solche Fahrzeuge gethan, welche unter
dem Rang von Fregatten stehen. Auf diesem Gebiet ist die britische Flotte
um 28,537, die französische um 13,464 Pferdekraft gewachsen, und zwar kommen
davon bei jener 8690, bei dieser 2240 Pferdekraft auf Kanonenboote. Ende
dieses Jahres (1859) wird die englische Dampferflotte 99,512 Pferdekraft und
eine Tonnenzahl von 457,881 haben und mit 8246 Kanonen armirt sein,
während die französische 82,044 Pferdekraft haben und gegen 6200 Kanonen
führen wird.

Nach dem Gesagten scheint es, daß die Flotte Frankreichs nicht fern da¬
von ist, der englischen ebenbürtig zu sein, zumal da letztere nothwendig (der
Colonien wegen) zerstreut sein muß. Die Sache stellt sich aber doch anders.
Es ist hier der Ort, ein großes, oft vorgebrachtes Mißverständniß zu widerlegen.
Frankreich hat vielleicht eine genügende Macht, um England mit einer Invasion
zu überwältigen, es wird aber, wenn diese Invasion nicht sofort gelingt,
wenigstens seht nicht die Macht haben, mit England einen langen Seekrieg zu
führen, und zwar deshalb nicht, weil ein solcher Krieg mit Dampf geführt
werden müßte.

Selbst die Franzosen geben das zu. Weit entfernt nämlich mit den
Schriftstellern übereinzustimmen, welche annehmen, daß der Dampf, indem er
eine Umwälzung in den Verhältnissen des Seekriegs hervorbrachte, alle Natio¬
nen für die Zukunft in dieser Hinsicht gleichstellen werde, geben sie ohne wei¬
teres zu, daß England infolge dieser Umwälzung und seiner fast unerschöpflichen
Vorräthe guter Kohlen gegen alle Völker Europas entschieden im Vortheil ist.
Dies erhellt bei folgenden Betrachtungen. Der größere Theil der Kohlen.
Welche jetzt die französische Marine verbraucht, wird in Newcastle und Cardiff


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/65>, abgerufen am 23.07.2024.