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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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die Handwaffen, Pistolen. Büchsen. Karabiner und Entersübel aufbewahrt
werden, könnten die gestimmte Mannschaft der französischen Flotte mit dem
Erford erkiesen versehen.

Toulon nimmt unter den Kriegshüfen Frankreichs den zweiten Rang ein.
Seine Lage ist schon von Natur sehr stark, da es im Hintergrunds der
tiefen Bucht liegt, welche die äußere und die innere Rhede einschließt. Hin¬
ter der Stadt erheben sich Schicht aus Schicht Züge felsiger Höhen, auf denen
man. wo sich irgend ein Platz für ein Fort oder eine Batterie fand, Positions-
gcschütze aufgestellt hat, schier bis zum Gipfel des Färör hinauf, der die
See um 1700 Fuß überragt. Zwei kleine Vorgebirge trennen die Rheden,
jedes derselben ist mit einem Fort von beträchtlicher Stärke gekrönt. Das
Kreuzfeuer der Geschütze dieser Fortificationen würde jedes feindliche Fahrzeug,
welches den Eingang zu forciren versuchte, sofort in den Grund bohren.
Der Hafen oder die innere Rhede selbst ist wieder durch zwei Molen in zwei
Abtheilungen geschieden, von denen die zur Rechten den Namen Ancienne
Darsc, die zur Linken die Bezeichnung Nouvelle Darse führt. Die letztere ist
der Kriegs-, jene der Kausfahrteihnsen. Der Kriegshafen umfaßt eine Wasser¬
fläche von 55 Ackern, der Kauffahrteihafen ist etwas geräumiger. Letzterer
wird aus seiner Nordostseite von einem Quai begrenzt, auf dem täglich Ladun¬
gen von allen Mittelmeerländern, vorzüglich Getreide, ausgeschifft werden.

Hinter den Häfen im Westen steht das neue Arsenal von Castigneau mit
seinen Docks, seinen Werstschlippen und andern Werkstätten und Magazinen.
Der Eintritt ist Fremden nicht gestattet. Die Baumeister müssen bei Errich¬
tung dieses Etablissements mit ungewöhnlichen Schwierigkeiten zu kämpfen
gehabt haben. Der Boden war morastig und auch sonst nicht für den
Zweck geeignet. So machte der Bau außerordentliche Kosten, indeß ließ
man sich nicht abschrecken, und das Ergebniß entsprach der Ausdauer,
die man entwickelte. Die Werften bedecken ein Areal von 240 Ackern, und
sie umfassen zwanzig vollständig fertige Werftschlippen und drei Docks; fünf
andere werden noch hinzukommen. In der Nouvelle Darse (clarse bedeutet
eigentlich den der See am nächsten gelegenen Theil einer Hafenstadt oder
Flottenstation) haben -- allerdings eng zusammengedrängt -- 28 Linien¬
schiffe ersten Rangs und zu gleicher Zeit 24 Fregatten von den größten
Dimensionen Platz. Selbst die strengste und minutiöseste Untersuchung
würde in der innern und äußern Einrichtung der mit dem Hafen und dem
Arsenal verbundenen Gebäude nur geringe Mängel zu entdecken vermögen.
Die Magazine, welche alles zur Ausrüstung einer großen Flotte Erforderliche
enthalten, liegen höchstens 20 Schritt vom Wasser, die Mastenspeicher, die
Segelböden, die n 80 Fuß langen Räume, wo das Tauwerk aufbewahrt wird,
die Zwiebackbäckereicn u. s. w hängen zusammen, und da das Mittelmeer


die Handwaffen, Pistolen. Büchsen. Karabiner und Entersübel aufbewahrt
werden, könnten die gestimmte Mannschaft der französischen Flotte mit dem
Erford erkiesen versehen.

Toulon nimmt unter den Kriegshüfen Frankreichs den zweiten Rang ein.
Seine Lage ist schon von Natur sehr stark, da es im Hintergrunds der
tiefen Bucht liegt, welche die äußere und die innere Rhede einschließt. Hin¬
ter der Stadt erheben sich Schicht aus Schicht Züge felsiger Höhen, auf denen
man. wo sich irgend ein Platz für ein Fort oder eine Batterie fand, Positions-
gcschütze aufgestellt hat, schier bis zum Gipfel des Färör hinauf, der die
See um 1700 Fuß überragt. Zwei kleine Vorgebirge trennen die Rheden,
jedes derselben ist mit einem Fort von beträchtlicher Stärke gekrönt. Das
Kreuzfeuer der Geschütze dieser Fortificationen würde jedes feindliche Fahrzeug,
welches den Eingang zu forciren versuchte, sofort in den Grund bohren.
Der Hafen oder die innere Rhede selbst ist wieder durch zwei Molen in zwei
Abtheilungen geschieden, von denen die zur Rechten den Namen Ancienne
Darsc, die zur Linken die Bezeichnung Nouvelle Darse führt. Die letztere ist
der Kriegs-, jene der Kausfahrteihnsen. Der Kriegshafen umfaßt eine Wasser¬
fläche von 55 Ackern, der Kauffahrteihafen ist etwas geräumiger. Letzterer
wird aus seiner Nordostseite von einem Quai begrenzt, auf dem täglich Ladun¬
gen von allen Mittelmeerländern, vorzüglich Getreide, ausgeschifft werden.

Hinter den Häfen im Westen steht das neue Arsenal von Castigneau mit
seinen Docks, seinen Werstschlippen und andern Werkstätten und Magazinen.
Der Eintritt ist Fremden nicht gestattet. Die Baumeister müssen bei Errich¬
tung dieses Etablissements mit ungewöhnlichen Schwierigkeiten zu kämpfen
gehabt haben. Der Boden war morastig und auch sonst nicht für den
Zweck geeignet. So machte der Bau außerordentliche Kosten, indeß ließ
man sich nicht abschrecken, und das Ergebniß entsprach der Ausdauer,
die man entwickelte. Die Werften bedecken ein Areal von 240 Ackern, und
sie umfassen zwanzig vollständig fertige Werftschlippen und drei Docks; fünf
andere werden noch hinzukommen. In der Nouvelle Darse (clarse bedeutet
eigentlich den der See am nächsten gelegenen Theil einer Hafenstadt oder
Flottenstation) haben — allerdings eng zusammengedrängt — 28 Linien¬
schiffe ersten Rangs und zu gleicher Zeit 24 Fregatten von den größten
Dimensionen Platz. Selbst die strengste und minutiöseste Untersuchung
würde in der innern und äußern Einrichtung der mit dem Hafen und dem
Arsenal verbundenen Gebäude nur geringe Mängel zu entdecken vermögen.
Die Magazine, welche alles zur Ausrüstung einer großen Flotte Erforderliche
enthalten, liegen höchstens 20 Schritt vom Wasser, die Mastenspeicher, die
Segelböden, die n 80 Fuß langen Räume, wo das Tauwerk aufbewahrt wird,
die Zwiebackbäckereicn u. s. w hängen zusammen, und da das Mittelmeer


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/46>, abgerufen am 29.06.2024.