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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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sassungen geführt hat. sondern die von ihnen, den beiden Staatsmännern,
selbst entwickelte, -- und verdammten die kurhessische Verfassung als das ge¬
künstelte Machwerk einer sogenannten constitutionellen Verfassung, indem sie
der Darstellung ihrer Entstehung gewisse "rein persönliche Umstände", die
dabei mitwirkten und die in den Augen mancher eben constitutionelle Schran¬
kn nöthig machen, wol aus Delicatesse übergehen zu dürfen meinten. Da
"ach der Ansicht der Commissarien "alle staatliche Gewalt und Obrigkeit" (sollte
sich das auch auf gewisse constitutionelle staatliche Gewalten und aus gewisse
Uchterliche Obrigkeiten beziehen?) "nur auf Gottes Anordnung beruht," "die
Herrn von Gottes Gnaden als höchste obrigkeitliche Gewalt." "die hoch über
Volk hervorragt," "nur Gott für die Verwaltung dieses göttlichen Amtes
verantwortlich" sind, so erachteten sie sür nöthig Entfernung der Bestimmungen,
durch welche dem Volk eine Mitwirkung bei der Regulirung der Thron-
^lge, bei der Anordnung einer Regentschaft, bei der Bestellung eines Regent-
^aftrathes gestattet, der Regierungsantritt des Nachfolgers vom Versassungs-
^d abhängig gemacht, dem Landesherrn eine Civilliste, die nichts Anderes
ein Gehalt sei, ausgesetzt wird -- ohne Zweifel sehr umfassende und von
seltener Logik zeugende Folgerungen! -- Daraus, daß "der Staat sich erst in
der MgnsnHj": zu der bestimmten Persönlichkeit in dem einen Herrn ausga-
b^det hat, und durch diesen als dieses persönliche Individuum seinen Willen
gibt," schlössen sie, daß dem Fürsten allein die oberste Entschließung,
der letzte entscheidende Wille zustehe und ihm das Recht und die Macht zu
gieren auf keine Weise verkümmert werden dürfe, daß eine Theilung der
Ochsten Gewalt an verschiedene sogenannte Factoren im absoluten Wider¬
spruch mit dem monarchischen Princip stehe, und hieraus wieder, daß die
Abhängige Stellung der Civil- und Militärbeamten, das Anklagerecht der
Stände gegen alle Beamte, die Ministervcrantwortlichkeit, die Beschränkung
der Regierung in der Verweigerung ihrer Genehmigung für den Eintritt gewast-
^ Staatsdiener in den Landtag, die Bürgerwehr, die Initiative der Stände (die
in der Gestalt der Petition auftreten dürfe), das Zustimmungsrecht dersel-
^ zu Verordnungen, welche die Handhabung oder Vollziehung bestehender Ge-
^e oder die Organisation, die Verwaltung und Polizei betreffen.
>^ner das Recht der Stunde zur periodischen Steuerbewilligung und Feststel¬
lt! des Staatsbcdarfs, das zu den allerbedenklichsten Verwicklungen führe, ja
ganze Existenz des Staats in Frage stelle, wofür die neueste hessische Ge-
!^'este den Beweis liefere, und welches auf das Recht der Zustimmung zu
^'sung bestehender und Einführung neuer Steuern beschränkt werden müsse,
^dlich die gemeinschaftliche Unterzeichnung der Landtagsabschiede durch Für-
-und Stände, daß alles dies verwerflich sei. Wer die Prämisse dieses
Busses trotz ihres hohen und vielleicht auch etwas dunkel-hohlen Tones ge-


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sassungen geführt hat. sondern die von ihnen, den beiden Staatsmännern,
selbst entwickelte, — und verdammten die kurhessische Verfassung als das ge¬
künstelte Machwerk einer sogenannten constitutionellen Verfassung, indem sie
der Darstellung ihrer Entstehung gewisse „rein persönliche Umstände", die
dabei mitwirkten und die in den Augen mancher eben constitutionelle Schran¬
kn nöthig machen, wol aus Delicatesse übergehen zu dürfen meinten. Da
«ach der Ansicht der Commissarien „alle staatliche Gewalt und Obrigkeit" (sollte
sich das auch auf gewisse constitutionelle staatliche Gewalten und aus gewisse
Uchterliche Obrigkeiten beziehen?) „nur auf Gottes Anordnung beruht," „die
Herrn von Gottes Gnaden als höchste obrigkeitliche Gewalt." „die hoch über
Volk hervorragt," „nur Gott für die Verwaltung dieses göttlichen Amtes
verantwortlich" sind, so erachteten sie sür nöthig Entfernung der Bestimmungen,
durch welche dem Volk eine Mitwirkung bei der Regulirung der Thron-
^lge, bei der Anordnung einer Regentschaft, bei der Bestellung eines Regent-
^aftrathes gestattet, der Regierungsantritt des Nachfolgers vom Versassungs-
^d abhängig gemacht, dem Landesherrn eine Civilliste, die nichts Anderes
ein Gehalt sei, ausgesetzt wird — ohne Zweifel sehr umfassende und von
seltener Logik zeugende Folgerungen! — Daraus, daß „der Staat sich erst in
der MgnsnHj«: zu der bestimmten Persönlichkeit in dem einen Herrn ausga-
b^det hat, und durch diesen als dieses persönliche Individuum seinen Willen
gibt," schlössen sie, daß dem Fürsten allein die oberste Entschließung,
der letzte entscheidende Wille zustehe und ihm das Recht und die Macht zu
gieren auf keine Weise verkümmert werden dürfe, daß eine Theilung der
Ochsten Gewalt an verschiedene sogenannte Factoren im absoluten Wider¬
spruch mit dem monarchischen Princip stehe, und hieraus wieder, daß die
Abhängige Stellung der Civil- und Militärbeamten, das Anklagerecht der
Stände gegen alle Beamte, die Ministervcrantwortlichkeit, die Beschränkung
der Regierung in der Verweigerung ihrer Genehmigung für den Eintritt gewast-
^ Staatsdiener in den Landtag, die Bürgerwehr, die Initiative der Stände (die
in der Gestalt der Petition auftreten dürfe), das Zustimmungsrecht dersel-
^ zu Verordnungen, welche die Handhabung oder Vollziehung bestehender Ge-
^e oder die Organisation, die Verwaltung und Polizei betreffen.
>^ner das Recht der Stunde zur periodischen Steuerbewilligung und Feststel¬
lt! des Staatsbcdarfs, das zu den allerbedenklichsten Verwicklungen führe, ja
ganze Existenz des Staats in Frage stelle, wofür die neueste hessische Ge-
!^'este den Beweis liefere, und welches auf das Recht der Zustimmung zu
^'sung bestehender und Einführung neuer Steuern beschränkt werden müsse,
^dlich die gemeinschaftliche Unterzeichnung der Landtagsabschiede durch Für-
-und Stände, daß alles dies verwerflich sei. Wer die Prämisse dieses
Busses trotz ihres hohen und vielleicht auch etwas dunkel-hohlen Tones ge-


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[0183] sassungen geführt hat. sondern die von ihnen, den beiden Staatsmännern, selbst entwickelte, — und verdammten die kurhessische Verfassung als das ge¬ künstelte Machwerk einer sogenannten constitutionellen Verfassung, indem sie der Darstellung ihrer Entstehung gewisse „rein persönliche Umstände", die dabei mitwirkten und die in den Augen mancher eben constitutionelle Schran¬ kn nöthig machen, wol aus Delicatesse übergehen zu dürfen meinten. Da «ach der Ansicht der Commissarien „alle staatliche Gewalt und Obrigkeit" (sollte sich das auch auf gewisse constitutionelle staatliche Gewalten und aus gewisse Uchterliche Obrigkeiten beziehen?) „nur auf Gottes Anordnung beruht," „die Herrn von Gottes Gnaden als höchste obrigkeitliche Gewalt." „die hoch über Volk hervorragt," „nur Gott für die Verwaltung dieses göttlichen Amtes verantwortlich" sind, so erachteten sie sür nöthig Entfernung der Bestimmungen, durch welche dem Volk eine Mitwirkung bei der Regulirung der Thron- ^lge, bei der Anordnung einer Regentschaft, bei der Bestellung eines Regent- ^aftrathes gestattet, der Regierungsantritt des Nachfolgers vom Versassungs- ^d abhängig gemacht, dem Landesherrn eine Civilliste, die nichts Anderes ein Gehalt sei, ausgesetzt wird — ohne Zweifel sehr umfassende und von seltener Logik zeugende Folgerungen! — Daraus, daß „der Staat sich erst in der MgnsnHj«: zu der bestimmten Persönlichkeit in dem einen Herrn ausga- b^det hat, und durch diesen als dieses persönliche Individuum seinen Willen gibt," schlössen sie, daß dem Fürsten allein die oberste Entschließung, der letzte entscheidende Wille zustehe und ihm das Recht und die Macht zu gieren auf keine Weise verkümmert werden dürfe, daß eine Theilung der Ochsten Gewalt an verschiedene sogenannte Factoren im absoluten Wider¬ spruch mit dem monarchischen Princip stehe, und hieraus wieder, daß die Abhängige Stellung der Civil- und Militärbeamten, das Anklagerecht der Stände gegen alle Beamte, die Ministervcrantwortlichkeit, die Beschränkung der Regierung in der Verweigerung ihrer Genehmigung für den Eintritt gewast- ^ Staatsdiener in den Landtag, die Bürgerwehr, die Initiative der Stände (die in der Gestalt der Petition auftreten dürfe), das Zustimmungsrecht dersel- ^ zu Verordnungen, welche die Handhabung oder Vollziehung bestehender Ge- ^e oder die Organisation, die Verwaltung und Polizei betreffen. >^ner das Recht der Stunde zur periodischen Steuerbewilligung und Feststel¬ lt! des Staatsbcdarfs, das zu den allerbedenklichsten Verwicklungen führe, ja ganze Existenz des Staats in Frage stelle, wofür die neueste hessische Ge- !^'este den Beweis liefere, und welches auf das Recht der Zustimmung zu ^'sung bestehender und Einführung neuer Steuern beschränkt werden müsse, ^dlich die gemeinschaftliche Unterzeichnung der Landtagsabschiede durch Für- -und Stände, daß alles dies verwerflich sei. Wer die Prämisse dieses Busses trotz ihres hohen und vielleicht auch etwas dunkel-hohlen Tones ge- 22*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/183>, abgerufen am 20.10.2024.