Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Regionen liegt, wohin nur unsere Schlüsse, nicht aber unsere Beobachtungen
reichen." - Resultat: "In der ganzen Natur sind entzweite. reell entgegen¬
gesetzte Principien wirksam- diese entgegengesetzten Principien in einem Kor¬
per vereinigt. ertheilen ihm die Polarität. Das Gesetz der Polarität ist ein
allgemeines Weltgesetz." -- Jetzt aber, heißt es. SieeliÄös Nu^e, xav.11o
majors- e-wÄilms! -- Mechanismus und Chemismus sind nicht Prinup. son¬
dern nur Bedingungen des Organischen, welches in seiner Thätigkeit sich selbst
Ursache und Wirkung ist. Das Leben besteht im Proceß, in einem steten
Werden: jedes Product als solches ist todt. Daher das Schwanken der Na¬
tur zwischen entgegengesetzten Zwecken, das Gleichgewicht contmrer Principien
zu erreichen und doch den Dualismus, in welchem allein sie selbst fortdauert,
zu erhalten; in welchem Schwanken der Natur, wobei es nie zum Product
kommt, eigentlich jedes belebte Wesen seine Fortdauer findet. - Anstatt
Vegetation und Leben chemische Processe zu nennen, wäre es natürlicher,
manche chemische Processe umgekehrte Organisationsproccsse zu nennen, da es
begreiflicher ist. wie der allgemeine Bildungstrieb der Natur endlich in todten
Producten erstirbt, als wie umgekehrt der mechanische Hang der Natur zu
Krystallisationen sich zu lebendigen Bildungen hinaufläutert. Geschieht also
die Bildung thierischer Materie stets nach chemischen Analogien, so setzt diese
Bildung, wo sie geschieht, immer das Leben selbst voraus. Die thierische
Materie ist Product des Lebens, die einzelnen Naturdinge sind ebenso viele
Beschränkungen oder einzelne Anschauungsweisen des allgemeinen Organismus.
Das Wesentliche aller Dinge ist das Leben, und auch das Todte in der
Natur ist nur das erloschene Leben. -- Das positive Princip des Lebens ist
durch die ganze Schöpfung verbreitet und durchdringt jedes einzelne Wesen
als der gemeinschaftliche Athem der Natur. So liegt, was edeln Geistern ge¬
mein ist, außerhalb der Sphäre der Individualität, es liegt im Unermeßlichen.
W Absoluten. Was dagegen Geist von Geist unterscheidet, ist das nega¬
tive, individualisirende Princip in jedem. -- Das Princip des Lebens ist
nicht von außen in die organische Materie gekommen, sondern umgekehrt, dies
Princip hat sich die organische Materie angebildet, und ohne als Bestandtheil
in den Lebensproceß einzugehn. ist es das Unveränderliche in jedem orga¬
nischen Wesen. In diesem positiven Princip des Lebens erkennen wir jenes
Wesen, welches die älteste Philosophie als die gemeinschaftliche Seele der
Natur ahnend begrüßte." --

Von einem wissenschaftlichen Gewinn der Schrift ist keine Rede. 1) Nir¬
gend ist das Wissen von der Vermuthung, die Erfahrung von der Combina¬
tion kenntlich geschieden; die Hypothese geberdet sich durchweg anmaßlich als
Gesetz. 2) Sie tritt in solcher Allgemeinheit und Unbestimmtheit auf. daß man
se" auch sar nicht an der Hand der Erfahrung eonttoliren, sie begrenzen und


Regionen liegt, wohin nur unsere Schlüsse, nicht aber unsere Beobachtungen
reichen." - Resultat: „In der ganzen Natur sind entzweite. reell entgegen¬
gesetzte Principien wirksam- diese entgegengesetzten Principien in einem Kor¬
per vereinigt. ertheilen ihm die Polarität. Das Gesetz der Polarität ist ein
allgemeines Weltgesetz." — Jetzt aber, heißt es. SieeliÄös Nu^e, xav.11o
majors- e-wÄilms! — Mechanismus und Chemismus sind nicht Prinup. son¬
dern nur Bedingungen des Organischen, welches in seiner Thätigkeit sich selbst
Ursache und Wirkung ist. Das Leben besteht im Proceß, in einem steten
Werden: jedes Product als solches ist todt. Daher das Schwanken der Na¬
tur zwischen entgegengesetzten Zwecken, das Gleichgewicht contmrer Principien
zu erreichen und doch den Dualismus, in welchem allein sie selbst fortdauert,
zu erhalten; in welchem Schwanken der Natur, wobei es nie zum Product
kommt, eigentlich jedes belebte Wesen seine Fortdauer findet. - Anstatt
Vegetation und Leben chemische Processe zu nennen, wäre es natürlicher,
manche chemische Processe umgekehrte Organisationsproccsse zu nennen, da es
begreiflicher ist. wie der allgemeine Bildungstrieb der Natur endlich in todten
Producten erstirbt, als wie umgekehrt der mechanische Hang der Natur zu
Krystallisationen sich zu lebendigen Bildungen hinaufläutert. Geschieht also
die Bildung thierischer Materie stets nach chemischen Analogien, so setzt diese
Bildung, wo sie geschieht, immer das Leben selbst voraus. Die thierische
Materie ist Product des Lebens, die einzelnen Naturdinge sind ebenso viele
Beschränkungen oder einzelne Anschauungsweisen des allgemeinen Organismus.
Das Wesentliche aller Dinge ist das Leben, und auch das Todte in der
Natur ist nur das erloschene Leben. — Das positive Princip des Lebens ist
durch die ganze Schöpfung verbreitet und durchdringt jedes einzelne Wesen
als der gemeinschaftliche Athem der Natur. So liegt, was edeln Geistern ge¬
mein ist, außerhalb der Sphäre der Individualität, es liegt im Unermeßlichen.
W Absoluten. Was dagegen Geist von Geist unterscheidet, ist das nega¬
tive, individualisirende Princip in jedem. — Das Princip des Lebens ist
nicht von außen in die organische Materie gekommen, sondern umgekehrt, dies
Princip hat sich die organische Materie angebildet, und ohne als Bestandtheil
in den Lebensproceß einzugehn. ist es das Unveränderliche in jedem orga¬
nischen Wesen. In diesem positiven Princip des Lebens erkennen wir jenes
Wesen, welches die älteste Philosophie als die gemeinschaftliche Seele der
Natur ahnend begrüßte." —

Von einem wissenschaftlichen Gewinn der Schrift ist keine Rede. 1) Nir¬
gend ist das Wissen von der Vermuthung, die Erfahrung von der Combina¬
tion kenntlich geschieden; die Hypothese geberdet sich durchweg anmaßlich als
Gesetz. 2) Sie tritt in solcher Allgemeinheit und Unbestimmtheit auf. daß man
se« auch sar nicht an der Hand der Erfahrung eonttoliren, sie begrenzen und


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0067" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107653"/>
          <p xml:id="ID_195" prev="#ID_194"> Regionen liegt, wohin nur unsere Schlüsse, nicht aber unsere Beobachtungen<lb/>
reichen." - Resultat: &#x201E;In der ganzen Natur sind entzweite. reell entgegen¬<lb/>
gesetzte Principien wirksam- diese entgegengesetzten Principien in einem Kor¬<lb/>
per vereinigt. ertheilen ihm die Polarität. Das Gesetz der Polarität ist ein<lb/>
allgemeines Weltgesetz." &#x2014; Jetzt aber, heißt es. SieeliÄös Nu^e, xav.11o<lb/>
majors- e-wÄilms! &#x2014; Mechanismus und Chemismus sind nicht Prinup. son¬<lb/>
dern nur Bedingungen des Organischen, welches in seiner Thätigkeit sich selbst<lb/>
Ursache und Wirkung ist. Das Leben besteht im Proceß, in einem steten<lb/>
Werden: jedes Product als solches ist todt. Daher das Schwanken der Na¬<lb/>
tur zwischen entgegengesetzten Zwecken, das Gleichgewicht contmrer Principien<lb/>
zu erreichen und doch den Dualismus, in welchem allein sie selbst fortdauert,<lb/>
zu erhalten; in welchem Schwanken der Natur, wobei es nie zum Product<lb/>
kommt, eigentlich jedes belebte Wesen seine Fortdauer findet. - Anstatt<lb/>
Vegetation und Leben chemische Processe zu nennen, wäre es natürlicher,<lb/>
manche chemische Processe umgekehrte Organisationsproccsse zu nennen, da es<lb/>
begreiflicher ist. wie der allgemeine Bildungstrieb der Natur endlich in todten<lb/>
Producten erstirbt, als wie umgekehrt der mechanische Hang der Natur zu<lb/>
Krystallisationen sich zu lebendigen Bildungen hinaufläutert. Geschieht also<lb/>
die Bildung thierischer Materie stets nach chemischen Analogien, so setzt diese<lb/>
Bildung, wo sie geschieht, immer das Leben selbst voraus. Die thierische<lb/>
Materie ist Product des Lebens, die einzelnen Naturdinge sind ebenso viele<lb/>
Beschränkungen oder einzelne Anschauungsweisen des allgemeinen Organismus.<lb/>
Das Wesentliche aller Dinge ist das Leben, und auch das Todte in der<lb/>
Natur ist nur das erloschene Leben. &#x2014; Das positive Princip des Lebens ist<lb/>
durch die ganze Schöpfung verbreitet und durchdringt jedes einzelne Wesen<lb/>
als der gemeinschaftliche Athem der Natur. So liegt, was edeln Geistern ge¬<lb/>
mein ist, außerhalb der Sphäre der Individualität, es liegt im Unermeßlichen.<lb/>
W Absoluten. Was dagegen Geist von Geist unterscheidet, ist das nega¬<lb/>
tive, individualisirende Princip in jedem. &#x2014; Das Princip des Lebens ist<lb/>
nicht von außen in die organische Materie gekommen, sondern umgekehrt, dies<lb/>
Princip hat sich die organische Materie angebildet, und ohne als Bestandtheil<lb/>
in den Lebensproceß einzugehn. ist es das Unveränderliche in jedem orga¬<lb/>
nischen Wesen. In diesem positiven Princip des Lebens erkennen wir jenes<lb/>
Wesen, welches die älteste Philosophie als die gemeinschaftliche Seele der<lb/>
Natur ahnend begrüßte." &#x2014;</p><lb/>
          <p xml:id="ID_196" next="#ID_197"> Von einem wissenschaftlichen Gewinn der Schrift ist keine Rede. 1) Nir¬<lb/>
gend ist das Wissen von der Vermuthung, die Erfahrung von der Combina¬<lb/>
tion kenntlich geschieden; die Hypothese geberdet sich durchweg anmaßlich als<lb/>
Gesetz. 2) Sie tritt in solcher Allgemeinheit und Unbestimmtheit auf. daß man<lb/>
se« auch sar nicht an der Hand der Erfahrung eonttoliren, sie begrenzen und</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0067] Regionen liegt, wohin nur unsere Schlüsse, nicht aber unsere Beobachtungen reichen." - Resultat: „In der ganzen Natur sind entzweite. reell entgegen¬ gesetzte Principien wirksam- diese entgegengesetzten Principien in einem Kor¬ per vereinigt. ertheilen ihm die Polarität. Das Gesetz der Polarität ist ein allgemeines Weltgesetz." — Jetzt aber, heißt es. SieeliÄös Nu^e, xav.11o majors- e-wÄilms! — Mechanismus und Chemismus sind nicht Prinup. son¬ dern nur Bedingungen des Organischen, welches in seiner Thätigkeit sich selbst Ursache und Wirkung ist. Das Leben besteht im Proceß, in einem steten Werden: jedes Product als solches ist todt. Daher das Schwanken der Na¬ tur zwischen entgegengesetzten Zwecken, das Gleichgewicht contmrer Principien zu erreichen und doch den Dualismus, in welchem allein sie selbst fortdauert, zu erhalten; in welchem Schwanken der Natur, wobei es nie zum Product kommt, eigentlich jedes belebte Wesen seine Fortdauer findet. - Anstatt Vegetation und Leben chemische Processe zu nennen, wäre es natürlicher, manche chemische Processe umgekehrte Organisationsproccsse zu nennen, da es begreiflicher ist. wie der allgemeine Bildungstrieb der Natur endlich in todten Producten erstirbt, als wie umgekehrt der mechanische Hang der Natur zu Krystallisationen sich zu lebendigen Bildungen hinaufläutert. Geschieht also die Bildung thierischer Materie stets nach chemischen Analogien, so setzt diese Bildung, wo sie geschieht, immer das Leben selbst voraus. Die thierische Materie ist Product des Lebens, die einzelnen Naturdinge sind ebenso viele Beschränkungen oder einzelne Anschauungsweisen des allgemeinen Organismus. Das Wesentliche aller Dinge ist das Leben, und auch das Todte in der Natur ist nur das erloschene Leben. — Das positive Princip des Lebens ist durch die ganze Schöpfung verbreitet und durchdringt jedes einzelne Wesen als der gemeinschaftliche Athem der Natur. So liegt, was edeln Geistern ge¬ mein ist, außerhalb der Sphäre der Individualität, es liegt im Unermeßlichen. W Absoluten. Was dagegen Geist von Geist unterscheidet, ist das nega¬ tive, individualisirende Princip in jedem. — Das Princip des Lebens ist nicht von außen in die organische Materie gekommen, sondern umgekehrt, dies Princip hat sich die organische Materie angebildet, und ohne als Bestandtheil in den Lebensproceß einzugehn. ist es das Unveränderliche in jedem orga¬ nischen Wesen. In diesem positiven Princip des Lebens erkennen wir jenes Wesen, welches die älteste Philosophie als die gemeinschaftliche Seele der Natur ahnend begrüßte." — Von einem wissenschaftlichen Gewinn der Schrift ist keine Rede. 1) Nir¬ gend ist das Wissen von der Vermuthung, die Erfahrung von der Combina¬ tion kenntlich geschieden; die Hypothese geberdet sich durchweg anmaßlich als Gesetz. 2) Sie tritt in solcher Allgemeinheit und Unbestimmtheit auf. daß man se« auch sar nicht an der Hand der Erfahrung eonttoliren, sie begrenzen und

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/67
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/67>, abgerufen am 28.12.2024.