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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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erwähnten Ulanenlieutenant ein passender Gefährte zur Reise von der heiligen
Stadt nach Beirut gefunden. Wachtmeisterchen ließ sich bereden, der dritte
im Bunde zu sein. Der Wirth im Hospiz schaffte uns in dem christlichen
Araber Johann Auad einen Führer und Dolmetscher, dieser besorgte die nö¬
thigen Pferde und Mauthiere, Lebensmittel und sonstigen Reisebedarf, Con-
sul Rosen half uns einen Plan entwerfen, bei dem wir ohne zu viel Zeit
zu verlieren. Wenigstens die wichtigsten Punkte Nordpalästinas besuchen konn¬
ten, Pastor Valentiner versah uns in der leider nicht eingetroffnen Erwar¬
tung, daß uns unterwegs im Schatten der Mittagsrast oder des Abends beim
Kochfeuer das Bedürfniß nach gereimter Erbauung anwandeln möchte, mit
einem hübschen kleinen Reisepsalter, und so stand unserm Abzug nichts mehr
im Wege.

Mittwoch, der 18. Mai wurde zum Aufbruch bestimmt. Gegen Mittag
erschienen die Mukkarin mit den Reit- und Packthieren vor der Treppe
zum Hospiz. Die Abschiedsflasche wurde geleert. Die Freunde spendeten
ihre Segenswünsche, die am Platz zu sein schienen, da unsere Fahrt nicht
ohne Beschwerden und Gefahren sein sollte. Ein Pferdevermiether, dessen Gäule
wir als zu theuer verschmäht, gab uns eine gute Tracht Flüche mit auf den
Weg. die wir abschüttelten. Um ein Uhr saßen wir in den Sätteln, eine
Viertelstunde später bewegte sich unsere Karavane zum Jaffathor hinaus und
auf die weithin sichtbare steinbesäete Straße zu, die an den Gräbern der Kö¬
nige vorüber nach Samaria und Galiläa führt. Der Lieutenant und der
Dragoman ritten Maulthiere, der Wachtmeister und ich waren zu Pferde.
Zwei andere Maulthiere, begleitet von ihren Treibern, einem jungen Maro-
niten und einem alten katholischen Araber,trugen unsre Koffer und die Betten
und Küchengeräthe Auads. Unsre Sättel waren breite türkische, die den,
der nach europäischer Weise reitet, aufs äußerste ermüden, die Zäume einfache
wollene Stricke. Die Pferde versprachen wenig, sie waren durch die Pilger¬
zeit augenscheinlich unbarmherzig mitgenommen worden. Ein Zelt hatten wir
nicht bedungen, da es uns überflüssig schien und ein weiteres Maulthier er¬
fordert hätte. Dagegen waren wir diesmal mit Waffen hinreichend versehen,
um einen Angriff von einem halben Dutzend Beduinen abschlagen zu können:
der Wachtmeister mit einem Paar Taschenpistolen und einem Malteser Dolch,
ich mit einem Spitzkugelrevolver, der Lieutenant mit der gleichen Wehr und sei¬
nem besten Säbel. Gegen die Sonne hatten wir den Kopf mit weißen
um den Kopf gewundenen Turbanen geschützt, gegen die Kalte und den Thau
der Nacht sollten unsre hinter den Sattel geschnallten Mäntel dienen.¬

Die Gegend, die wir in den ersten Stunden durchzogen, ist ohne Inter
esse. Man sieht dürre, steinige Felder, hin und wieder ein graues ärmliches
Dorf, ein Stück Gerstenfeld, einige Olivenbäume, rechts und links und vor


erwähnten Ulanenlieutenant ein passender Gefährte zur Reise von der heiligen
Stadt nach Beirut gefunden. Wachtmeisterchen ließ sich bereden, der dritte
im Bunde zu sein. Der Wirth im Hospiz schaffte uns in dem christlichen
Araber Johann Auad einen Führer und Dolmetscher, dieser besorgte die nö¬
thigen Pferde und Mauthiere, Lebensmittel und sonstigen Reisebedarf, Con-
sul Rosen half uns einen Plan entwerfen, bei dem wir ohne zu viel Zeit
zu verlieren. Wenigstens die wichtigsten Punkte Nordpalästinas besuchen konn¬
ten, Pastor Valentiner versah uns in der leider nicht eingetroffnen Erwar¬
tung, daß uns unterwegs im Schatten der Mittagsrast oder des Abends beim
Kochfeuer das Bedürfniß nach gereimter Erbauung anwandeln möchte, mit
einem hübschen kleinen Reisepsalter, und so stand unserm Abzug nichts mehr
im Wege.

Mittwoch, der 18. Mai wurde zum Aufbruch bestimmt. Gegen Mittag
erschienen die Mukkarin mit den Reit- und Packthieren vor der Treppe
zum Hospiz. Die Abschiedsflasche wurde geleert. Die Freunde spendeten
ihre Segenswünsche, die am Platz zu sein schienen, da unsere Fahrt nicht
ohne Beschwerden und Gefahren sein sollte. Ein Pferdevermiether, dessen Gäule
wir als zu theuer verschmäht, gab uns eine gute Tracht Flüche mit auf den
Weg. die wir abschüttelten. Um ein Uhr saßen wir in den Sätteln, eine
Viertelstunde später bewegte sich unsere Karavane zum Jaffathor hinaus und
auf die weithin sichtbare steinbesäete Straße zu, die an den Gräbern der Kö¬
nige vorüber nach Samaria und Galiläa führt. Der Lieutenant und der
Dragoman ritten Maulthiere, der Wachtmeister und ich waren zu Pferde.
Zwei andere Maulthiere, begleitet von ihren Treibern, einem jungen Maro-
niten und einem alten katholischen Araber,trugen unsre Koffer und die Betten
und Küchengeräthe Auads. Unsre Sättel waren breite türkische, die den,
der nach europäischer Weise reitet, aufs äußerste ermüden, die Zäume einfache
wollene Stricke. Die Pferde versprachen wenig, sie waren durch die Pilger¬
zeit augenscheinlich unbarmherzig mitgenommen worden. Ein Zelt hatten wir
nicht bedungen, da es uns überflüssig schien und ein weiteres Maulthier er¬
fordert hätte. Dagegen waren wir diesmal mit Waffen hinreichend versehen,
um einen Angriff von einem halben Dutzend Beduinen abschlagen zu können:
der Wachtmeister mit einem Paar Taschenpistolen und einem Malteser Dolch,
ich mit einem Spitzkugelrevolver, der Lieutenant mit der gleichen Wehr und sei¬
nem besten Säbel. Gegen die Sonne hatten wir den Kopf mit weißen
um den Kopf gewundenen Turbanen geschützt, gegen die Kalte und den Thau
der Nacht sollten unsre hinter den Sattel geschnallten Mäntel dienen.¬

Die Gegend, die wir in den ersten Stunden durchzogen, ist ohne Inter
esse. Man sieht dürre, steinige Felder, hin und wieder ein graues ärmliches
Dorf, ein Stück Gerstenfeld, einige Olivenbäume, rechts und links und vor


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[0508] erwähnten Ulanenlieutenant ein passender Gefährte zur Reise von der heiligen Stadt nach Beirut gefunden. Wachtmeisterchen ließ sich bereden, der dritte im Bunde zu sein. Der Wirth im Hospiz schaffte uns in dem christlichen Araber Johann Auad einen Führer und Dolmetscher, dieser besorgte die nö¬ thigen Pferde und Mauthiere, Lebensmittel und sonstigen Reisebedarf, Con- sul Rosen half uns einen Plan entwerfen, bei dem wir ohne zu viel Zeit zu verlieren. Wenigstens die wichtigsten Punkte Nordpalästinas besuchen konn¬ ten, Pastor Valentiner versah uns in der leider nicht eingetroffnen Erwar¬ tung, daß uns unterwegs im Schatten der Mittagsrast oder des Abends beim Kochfeuer das Bedürfniß nach gereimter Erbauung anwandeln möchte, mit einem hübschen kleinen Reisepsalter, und so stand unserm Abzug nichts mehr im Wege. Mittwoch, der 18. Mai wurde zum Aufbruch bestimmt. Gegen Mittag erschienen die Mukkarin mit den Reit- und Packthieren vor der Treppe zum Hospiz. Die Abschiedsflasche wurde geleert. Die Freunde spendeten ihre Segenswünsche, die am Platz zu sein schienen, da unsere Fahrt nicht ohne Beschwerden und Gefahren sein sollte. Ein Pferdevermiether, dessen Gäule wir als zu theuer verschmäht, gab uns eine gute Tracht Flüche mit auf den Weg. die wir abschüttelten. Um ein Uhr saßen wir in den Sätteln, eine Viertelstunde später bewegte sich unsere Karavane zum Jaffathor hinaus und auf die weithin sichtbare steinbesäete Straße zu, die an den Gräbern der Kö¬ nige vorüber nach Samaria und Galiläa führt. Der Lieutenant und der Dragoman ritten Maulthiere, der Wachtmeister und ich waren zu Pferde. Zwei andere Maulthiere, begleitet von ihren Treibern, einem jungen Maro- niten und einem alten katholischen Araber,trugen unsre Koffer und die Betten und Küchengeräthe Auads. Unsre Sättel waren breite türkische, die den, der nach europäischer Weise reitet, aufs äußerste ermüden, die Zäume einfache wollene Stricke. Die Pferde versprachen wenig, sie waren durch die Pilger¬ zeit augenscheinlich unbarmherzig mitgenommen worden. Ein Zelt hatten wir nicht bedungen, da es uns überflüssig schien und ein weiteres Maulthier er¬ fordert hätte. Dagegen waren wir diesmal mit Waffen hinreichend versehen, um einen Angriff von einem halben Dutzend Beduinen abschlagen zu können: der Wachtmeister mit einem Paar Taschenpistolen und einem Malteser Dolch, ich mit einem Spitzkugelrevolver, der Lieutenant mit der gleichen Wehr und sei¬ nem besten Säbel. Gegen die Sonne hatten wir den Kopf mit weißen um den Kopf gewundenen Turbanen geschützt, gegen die Kalte und den Thau der Nacht sollten unsre hinter den Sattel geschnallten Mäntel dienen.¬ Die Gegend, die wir in den ersten Stunden durchzogen, ist ohne Inter esse. Man sieht dürre, steinige Felder, hin und wieder ein graues ärmliches Dorf, ein Stück Gerstenfeld, einige Olivenbäume, rechts und links und vor

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/508>, abgerufen am 28.12.2024.