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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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sungsmähige Pflicht, im dritten Jahre zeitig zur Wahl aufzufordern, den Landes-
Mtercssen völlig genügt" werde. Trotzdem stimmt ihr der Ausschuß einfach
b"! Uns scheint, daß das Beste wäre, den §. 78 der alten Verfassung wie¬
der herzustellen, wonach im dritten Jahre, ohne weitere Aufforderung
von Seiten der Staatsregierung, zu einer neuen Wahl geschritten wer¬
de" mußte (und zwar nach dem Wahlgesetz am 1. Juli); soll aber, wie der
60 vorschreibt, die regelmäßige Neuwahl nur nach Aufforderung von Sei¬
ten der Regierung stattfinden, so muß auch ein bestimmter Termin gesetzt sein ;
wenn die Verfassung statt Willkür klare Norm geben soll, und wenn die Aen¬
derung als von den Ständen gebilligt angesehen wird, so berücksichtige man
"Ach die Voraussetzung der Stände, daß die Anordnung der Regierung zu
bestimmter Zeit getroffen werde.

Nach §. 66 dürfen die Landtage nicht über drei Monate dauern, wenn
der Landesherr keine Verlängerung verfügt. §. 85 der alten Verfassung sagte:
^le Landtage dürfen, der Regel nach, nicht über drei Monate dauern." Der
Bundcsausschuß billigt die Aenderung u. a., weil "die lange Dauer der Sand¬
ige aus verschiedenen Gründen nicht zu begünstigen ist."

Gern führen wir so fort und theilten noch einiges von dem Schonen
und Erbaulichen mit. was die Denkschrift der Regierung und das Gutachten
des Ausschusses in Menge darbieten. Die Denkschrift namentlich ist von
seltener Offenheit und Durchsichtigkeit. Allein wir glauben die Differenzen der
Regierung und der Stände und das Verfahren des Ausschusses im Allgemeinen
hinreichend beleuchtet zu haben und eilen deshalb über Unwesentlicheres --
b'eitles, was ist in einer Verfassung unwesentlich? -- hinweg zu den gefähr¬
lichsten Punkten der neuen Verfassung. Wir erwähnen nur noch kurz, daß
der Ausschuß (zu §, 68) eine von der Negierung beliebte Beschränkung des
ständischen Zustimmungsrechtes zur Verhaftung eines Abgeordneten beseitigt.
W §. 69) dem Antrag der Stände, daß den Bevollmächtigten der Prinzen
und der Standesherren. gleich wie den übrigen Abgeordneten. Reise- und
Tagegelder gezahlt werden, beistimme, (zu §. 75) zwar die Stellvertretung
beim Heer der Beistimmung der Stände zur Gesetzgebung unterwirft, dagegen
d'e höchst bedenkliche Bestimmung, wonach die Regierung ausnahmsweise un-
^' gewissen Umständen ohne vorherige landständische Mitwirkung für wesent¬
lich und unaufschieblich zur Sicherheit des Staates oder zur Erhaltung der
"rötlich bedrohten öffentlichen Ordnung erachtete Maßregeln treffen kann --
d'e Verfassung von 183 Z ordnete Zuziehung des landständischen Aus.chusses
solche Fälle an - und wonach sie solche Maßregeln erst "bei der nächsten
Versammlung der Kammern, welche möglichst bald und längstens binnen
^hresfrist eintreten soll," denselben zur Beistimmung vorzulegen braucht --
nicht währeud eines solchen ganzen Jahres das heilloseste Zeug gestiftet


sungsmähige Pflicht, im dritten Jahre zeitig zur Wahl aufzufordern, den Landes-
Mtercssen völlig genügt" werde. Trotzdem stimmt ihr der Ausschuß einfach
b"! Uns scheint, daß das Beste wäre, den §. 78 der alten Verfassung wie¬
der herzustellen, wonach im dritten Jahre, ohne weitere Aufforderung
von Seiten der Staatsregierung, zu einer neuen Wahl geschritten wer¬
de» mußte (und zwar nach dem Wahlgesetz am 1. Juli); soll aber, wie der
60 vorschreibt, die regelmäßige Neuwahl nur nach Aufforderung von Sei¬
ten der Regierung stattfinden, so muß auch ein bestimmter Termin gesetzt sein ;
wenn die Verfassung statt Willkür klare Norm geben soll, und wenn die Aen¬
derung als von den Ständen gebilligt angesehen wird, so berücksichtige man
"Ach die Voraussetzung der Stände, daß die Anordnung der Regierung zu
bestimmter Zeit getroffen werde.

Nach §. 66 dürfen die Landtage nicht über drei Monate dauern, wenn
der Landesherr keine Verlängerung verfügt. §. 85 der alten Verfassung sagte:
^le Landtage dürfen, der Regel nach, nicht über drei Monate dauern." Der
Bundcsausschuß billigt die Aenderung u. a., weil „die lange Dauer der Sand¬
ige aus verschiedenen Gründen nicht zu begünstigen ist."

Gern führen wir so fort und theilten noch einiges von dem Schonen
und Erbaulichen mit. was die Denkschrift der Regierung und das Gutachten
des Ausschusses in Menge darbieten. Die Denkschrift namentlich ist von
seltener Offenheit und Durchsichtigkeit. Allein wir glauben die Differenzen der
Regierung und der Stände und das Verfahren des Ausschusses im Allgemeinen
hinreichend beleuchtet zu haben und eilen deshalb über Unwesentlicheres —
b'eitles, was ist in einer Verfassung unwesentlich? — hinweg zu den gefähr¬
lichsten Punkten der neuen Verfassung. Wir erwähnen nur noch kurz, daß
der Ausschuß (zu §, 68) eine von der Negierung beliebte Beschränkung des
ständischen Zustimmungsrechtes zur Verhaftung eines Abgeordneten beseitigt.
W §. 69) dem Antrag der Stände, daß den Bevollmächtigten der Prinzen
und der Standesherren. gleich wie den übrigen Abgeordneten. Reise- und
Tagegelder gezahlt werden, beistimme, (zu §. 75) zwar die Stellvertretung
beim Heer der Beistimmung der Stände zur Gesetzgebung unterwirft, dagegen
d'e höchst bedenkliche Bestimmung, wonach die Regierung ausnahmsweise un-
^' gewissen Umständen ohne vorherige landständische Mitwirkung für wesent¬
lich und unaufschieblich zur Sicherheit des Staates oder zur Erhaltung der
"rötlich bedrohten öffentlichen Ordnung erachtete Maßregeln treffen kann —
d'e Verfassung von 183 Z ordnete Zuziehung des landständischen Aus.chusses
solche Fälle an - und wonach sie solche Maßregeln erst „bei der nächsten
Versammlung der Kammern, welche möglichst bald und längstens binnen
^hresfrist eintreten soll," denselben zur Beistimmung vorzulegen braucht —
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/427>, abgerufen am 23.07.2024.