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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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Was sagt nun der Ausschußbericht hierüber? Er verkennt nicht die Ein¬
seitigkeit dieser ersten Kammer, aber daran denkt er nicht, daß überhaupt das
Zweikammersystem für Kurhessen unpassend ist, sondern befürwortet einfach ^
Vorschläge der Regierung, nur die Stellvertreter für den Vicekanzler und de
katholischen Bischof will er nicht von der Auswahl der Regierung, sonder"
vom Amte abhängig machen.

Die Erfindungsgabe der kurhessischen Regierung tritt noch mehr, >pas>-
haft glänzend hervor in der Constituirung der zweiten Kammer. Sie leistet
hier beinahe das Unmögliche. Da in dieser nunmehr die conservativen und
doch so unangenehme,, ritterschaftlichen Elemente, welche sonst in der einzigen
Kammer waren, fehlten, so wurden zu je sechzehn Abgeordneten der Städte
und des Landes sechzehn Vertreter größeren Grundbesitzes hinzugefügt.
ez. 45 sollten die größeren Grundbesitzer sämmtlich als eine Körperschaft aus
ihrer Mitte sechzehn Abgcordtnete wählen. Aber dadurch könnte es leicht kom¬
men, daß nur ein kleiner und besonders an politischen Fragen Interesse neh¬
mender Theil der Grundbesitzer bei der Wahl erschiene, auch könnte die Wahl-
wenn sie uuter allen Grundbesitzern des Landes frei wäre, leicht auf Politik)
Anrüchige fallen! Doch nicht dies war das Bedenken der Regierung, sondern
nur der von der ersten Kammer hervorgehobene Uebelstand eines Zusmnnien-
kommens aus dem ganzen Land, sie will jetzt, daß die größeren Grundbesitzer
in acht Wählerkreise vertheilt werden und jeder von diesen zwei Abgeordnete,
entweder aus seiner Mitte oder, auf M ajoritätsbeschluß der Wahlver¬
sammlung, aus der Mitte sämmtlicher wahlberechtigten Grundbesitzer de^
acht Kreise wähle, während namentlich die großgedruckten Worte das Beden¬
ken der Stände erregen, welche Worte den" auch selbst der Ausschußbericlst
streichen will. Warum zieht man nicht lieber zur Vermeidung solcher Wähle"
die Elemente der ersten Kammer wie in der Verfassung von 1831 in die zweite
herein? Bei den städtischen Wahlbezirken will die Regierung die Städte Kaf"
sel und Hanau gegen die Verfassung von 1831 um je einen Abgeordneten
verkürzen und dagegen die Städtchen Hersfeld, Eschwege und Melsungen nevl
einige" andern, noch kleinern bereichern. Aus welchem Grund wol? ^i^'
leicht weil die Intelligenz dieser Städtchen die von Kassel und Hanau übe^
trifft und nicht bloße Mehrzahl der Bevölkerung den Ausschlag geben soll-
Aber freilich die Oberbürgermeister von Kassel und Hanau sollen ja in der
ersten Kammer sitzen! Der Ausschußbericht hält dann in der That diese Städte
für damit abgefunden! Die Körperschaft der städtischen Wahlmünner nun I"
nach dein Negierungsvorschiag aus dem Bürgermeister, den Gemeinderaths-
Mitgliedern, dem Ausschußvorsteher, den ordentlichen Mitgliedern des An ^
Schusses und aus einer der Zahl aller dieser gleichstehenden Anzahl von Zu"!
und Gildemcistern, Zunft- und Gildegenossen, so wie unzünstigen Fabrikbesitzer"


Was sagt nun der Ausschußbericht hierüber? Er verkennt nicht die Ein¬
seitigkeit dieser ersten Kammer, aber daran denkt er nicht, daß überhaupt das
Zweikammersystem für Kurhessen unpassend ist, sondern befürwortet einfach ^
Vorschläge der Regierung, nur die Stellvertreter für den Vicekanzler und de
katholischen Bischof will er nicht von der Auswahl der Regierung, sonder"
vom Amte abhängig machen.

Die Erfindungsgabe der kurhessischen Regierung tritt noch mehr, >pas>-
haft glänzend hervor in der Constituirung der zweiten Kammer. Sie leistet
hier beinahe das Unmögliche. Da in dieser nunmehr die conservativen und
doch so unangenehme,, ritterschaftlichen Elemente, welche sonst in der einzigen
Kammer waren, fehlten, so wurden zu je sechzehn Abgeordneten der Städte
und des Landes sechzehn Vertreter größeren Grundbesitzes hinzugefügt.
ez. 45 sollten die größeren Grundbesitzer sämmtlich als eine Körperschaft aus
ihrer Mitte sechzehn Abgcordtnete wählen. Aber dadurch könnte es leicht kom¬
men, daß nur ein kleiner und besonders an politischen Fragen Interesse neh¬
mender Theil der Grundbesitzer bei der Wahl erschiene, auch könnte die Wahl-
wenn sie uuter allen Grundbesitzern des Landes frei wäre, leicht auf Politik)
Anrüchige fallen! Doch nicht dies war das Bedenken der Regierung, sondern
nur der von der ersten Kammer hervorgehobene Uebelstand eines Zusmnnien-
kommens aus dem ganzen Land, sie will jetzt, daß die größeren Grundbesitzer
in acht Wählerkreise vertheilt werden und jeder von diesen zwei Abgeordnete,
entweder aus seiner Mitte oder, auf M ajoritätsbeschluß der Wahlver¬
sammlung, aus der Mitte sämmtlicher wahlberechtigten Grundbesitzer de^
acht Kreise wähle, während namentlich die großgedruckten Worte das Beden¬
ken der Stände erregen, welche Worte den» auch selbst der Ausschußbericlst
streichen will. Warum zieht man nicht lieber zur Vermeidung solcher Wähle»
die Elemente der ersten Kammer wie in der Verfassung von 1831 in die zweite
herein? Bei den städtischen Wahlbezirken will die Regierung die Städte Kaf"
sel und Hanau gegen die Verfassung von 1831 um je einen Abgeordneten
verkürzen und dagegen die Städtchen Hersfeld, Eschwege und Melsungen nevl
einige» andern, noch kleinern bereichern. Aus welchem Grund wol? ^i^'
leicht weil die Intelligenz dieser Städtchen die von Kassel und Hanau übe^
trifft und nicht bloße Mehrzahl der Bevölkerung den Ausschlag geben soll-
Aber freilich die Oberbürgermeister von Kassel und Hanau sollen ja in der
ersten Kammer sitzen! Der Ausschußbericht hält dann in der That diese Städte
für damit abgefunden! Die Körperschaft der städtischen Wahlmünner nun I"
nach dein Negierungsvorschiag aus dem Bürgermeister, den Gemeinderaths-
Mitgliedern, dem Ausschußvorsteher, den ordentlichen Mitgliedern des An ^
Schusses und aus einer der Zahl aller dieser gleichstehenden Anzahl von Zu"!
und Gildemcistern, Zunft- und Gildegenossen, so wie unzünstigen Fabrikbesitzer»


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[0422] Was sagt nun der Ausschußbericht hierüber? Er verkennt nicht die Ein¬ seitigkeit dieser ersten Kammer, aber daran denkt er nicht, daß überhaupt das Zweikammersystem für Kurhessen unpassend ist, sondern befürwortet einfach ^ Vorschläge der Regierung, nur die Stellvertreter für den Vicekanzler und de katholischen Bischof will er nicht von der Auswahl der Regierung, sonder" vom Amte abhängig machen. Die Erfindungsgabe der kurhessischen Regierung tritt noch mehr, >pas>- haft glänzend hervor in der Constituirung der zweiten Kammer. Sie leistet hier beinahe das Unmögliche. Da in dieser nunmehr die conservativen und doch so unangenehme,, ritterschaftlichen Elemente, welche sonst in der einzigen Kammer waren, fehlten, so wurden zu je sechzehn Abgeordneten der Städte und des Landes sechzehn Vertreter größeren Grundbesitzes hinzugefügt. ez. 45 sollten die größeren Grundbesitzer sämmtlich als eine Körperschaft aus ihrer Mitte sechzehn Abgcordtnete wählen. Aber dadurch könnte es leicht kom¬ men, daß nur ein kleiner und besonders an politischen Fragen Interesse neh¬ mender Theil der Grundbesitzer bei der Wahl erschiene, auch könnte die Wahl- wenn sie uuter allen Grundbesitzern des Landes frei wäre, leicht auf Politik) Anrüchige fallen! Doch nicht dies war das Bedenken der Regierung, sondern nur der von der ersten Kammer hervorgehobene Uebelstand eines Zusmnnien- kommens aus dem ganzen Land, sie will jetzt, daß die größeren Grundbesitzer in acht Wählerkreise vertheilt werden und jeder von diesen zwei Abgeordnete, entweder aus seiner Mitte oder, auf M ajoritätsbeschluß der Wahlver¬ sammlung, aus der Mitte sämmtlicher wahlberechtigten Grundbesitzer de^ acht Kreise wähle, während namentlich die großgedruckten Worte das Beden¬ ken der Stände erregen, welche Worte den» auch selbst der Ausschußbericlst streichen will. Warum zieht man nicht lieber zur Vermeidung solcher Wähle» die Elemente der ersten Kammer wie in der Verfassung von 1831 in die zweite herein? Bei den städtischen Wahlbezirken will die Regierung die Städte Kaf" sel und Hanau gegen die Verfassung von 1831 um je einen Abgeordneten verkürzen und dagegen die Städtchen Hersfeld, Eschwege und Melsungen nevl einige» andern, noch kleinern bereichern. Aus welchem Grund wol? ^i^' leicht weil die Intelligenz dieser Städtchen die von Kassel und Hanau übe^ trifft und nicht bloße Mehrzahl der Bevölkerung den Ausschlag geben soll- Aber freilich die Oberbürgermeister von Kassel und Hanau sollen ja in der ersten Kammer sitzen! Der Ausschußbericht hält dann in der That diese Städte für damit abgefunden! Die Körperschaft der städtischen Wahlmünner nun I" nach dein Negierungsvorschiag aus dem Bürgermeister, den Gemeinderaths- Mitgliedern, dem Ausschußvorsteher, den ordentlichen Mitgliedern des An ^ Schusses und aus einer der Zahl aller dieser gleichstehenden Anzahl von Zu"! und Gildemcistern, Zunft- und Gildegenossen, so wie unzünstigen Fabrikbesitzer»

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/422>, abgerufen am 29.12.2024.