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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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Vorzug, weil er dem Art. 16 der Bundesacte entspreche, als ob dieser Artikel,
statt ein gemeinsames Recht zu gewähren, eine Einschränkung verfügen wollte,
und vergißt dabei, daß. wenn die Bundesacte von Glaubensparteien im Sinn
von Confessionen spräche, danach schon der Zeit wegen nicht einmal die "'
Kurhessen anerkannte un irte Kirche unter die zu den staatsbürgerlichen Rechte"
befähigenden "Glaubensparteicn" gehören würde.

§. 26 bestimmt: "Ueber die Verhältnisse der Presse und des Buchhandels
entscheiden außer den Bundesgcsetzen und den zu deren Ausübung die¬
nenden Anordnungen die künftig mit landständischer Zustimmung zu e>-
lassenden Gesetze."

Man weiß, was eine Regierung unter "zu Ausübung von Gesetzen die¬
nenden Anordnungen" verstehe" kann, was namentlich die knrhessiscke unen
Ausführung des Bundespreßgesetzes verstanden hat. Es bedarf also auch kei¬
ner Darlegung, wie begründet das Bedenken der Stände gegen den Text des
§. 26 ist, besonders dann ist, wenn die Gerichte nicht mehr darüber entschei¬
den dürsen. ob eine Verordnung Ausführungsverordnung ist oder nicht. Der
K. 26 schließt aber zugleich das kurhessische Preßgesetz von 1848 stillschweigend
aus. das nach der Meinung der Negierung durch die, doch nur provisorisch
geltende Verfassung von 1852 aufgehoben sein soll! In andern Ländern hat
man die Bundesbeschlüsse über die Presse durch förmliche Landesgesetze voll¬
zogen, ohne daß der Bund daran Anstoß genommen hatte. Warum sollte
dies in Kurhessen unmöglich sein, wo es grade im Gegentheil so nöthig wäre,
der Regierung eine Schranke zu setzen? Oder sollen die Stände das Land
gegen Regiernngsmaßrcgeln hinsichtlich der Presse nur durch Beschwerden be""
Bund schützen können? -- Der Ausschußbericht findet an der Fassung des H. 2K
nichts zu erinnern; wenn die landesherrlichen Anordnungen zur Ausführung
des Bundesbeschlusses, "was nicht zum Voraus unterstellt werden darf", de"
Begriff einer Vollzugsvervrdnung überschreiten sollten, so sei den Ständen "u^
benommen, ihr Recht der Theilnahme an der Gesetzgebung geltend zu mache"-
Es handelt sich um Kurhessen, sage Kurhessen! Der §. 37 der Verfassung r"'"
1831 würde mit wenigen Worten so abgeändert werden können, daß er auch
dem neuesten Bundesprcßgcsetz unseligen Andenkens nicht entgegenliefe.''

In der Verfassung von 1831 handelt ein ganzer zwölf Paragraphen se^
ter Abschnitt vom Staatsdienst und entzieht denselben der Willkür der Ne¬
gierung; die neue Verfassung stellt nur im Allgemeinen in §. 75 den Staats-
dienst unter den Schutz der Gesetzgebung, nicht unter die verfassungsmäßige"
Garantiendes §. 119, wonach Aenderungen drei Viertel Majoritäten erfordern-
-- Der Ansschußbericht meint, es sei wol besser, die Rechte und Pflichten der
Staatsdiener durch ein besonderes Gesetz zu ordnen.

Der neue Landtag soll aus zwei Kammern bestehen. Die Einrichtung


Vorzug, weil er dem Art. 16 der Bundesacte entspreche, als ob dieser Artikel,
statt ein gemeinsames Recht zu gewähren, eine Einschränkung verfügen wollte,
und vergißt dabei, daß. wenn die Bundesacte von Glaubensparteien im Sinn
von Confessionen spräche, danach schon der Zeit wegen nicht einmal die »'
Kurhessen anerkannte un irte Kirche unter die zu den staatsbürgerlichen Rechte"
befähigenden „Glaubensparteicn" gehören würde.

§. 26 bestimmt: „Ueber die Verhältnisse der Presse und des Buchhandels
entscheiden außer den Bundesgcsetzen und den zu deren Ausübung die¬
nenden Anordnungen die künftig mit landständischer Zustimmung zu e>-
lassenden Gesetze."

Man weiß, was eine Regierung unter „zu Ausübung von Gesetzen die¬
nenden Anordnungen" verstehe« kann, was namentlich die knrhessiscke unen
Ausführung des Bundespreßgesetzes verstanden hat. Es bedarf also auch kei¬
ner Darlegung, wie begründet das Bedenken der Stände gegen den Text des
§. 26 ist, besonders dann ist, wenn die Gerichte nicht mehr darüber entschei¬
den dürsen. ob eine Verordnung Ausführungsverordnung ist oder nicht. Der
K. 26 schließt aber zugleich das kurhessische Preßgesetz von 1848 stillschweigend
aus. das nach der Meinung der Negierung durch die, doch nur provisorisch
geltende Verfassung von 1852 aufgehoben sein soll! In andern Ländern hat
man die Bundesbeschlüsse über die Presse durch förmliche Landesgesetze voll¬
zogen, ohne daß der Bund daran Anstoß genommen hatte. Warum sollte
dies in Kurhessen unmöglich sein, wo es grade im Gegentheil so nöthig wäre,
der Regierung eine Schranke zu setzen? Oder sollen die Stände das Land
gegen Regiernngsmaßrcgeln hinsichtlich der Presse nur durch Beschwerden be»"
Bund schützen können? — Der Ausschußbericht findet an der Fassung des H. 2K
nichts zu erinnern; wenn die landesherrlichen Anordnungen zur Ausführung
des Bundesbeschlusses, „was nicht zum Voraus unterstellt werden darf", de»
Begriff einer Vollzugsvervrdnung überschreiten sollten, so sei den Ständen »u^
benommen, ihr Recht der Theilnahme an der Gesetzgebung geltend zu mache»-
Es handelt sich um Kurhessen, sage Kurhessen! Der §. 37 der Verfassung r"'"
1831 würde mit wenigen Worten so abgeändert werden können, daß er auch
dem neuesten Bundesprcßgcsetz unseligen Andenkens nicht entgegenliefe.''

In der Verfassung von 1831 handelt ein ganzer zwölf Paragraphen se^
ter Abschnitt vom Staatsdienst und entzieht denselben der Willkür der Ne¬
gierung; die neue Verfassung stellt nur im Allgemeinen in §. 75 den Staats-
dienst unter den Schutz der Gesetzgebung, nicht unter die verfassungsmäßige"
Garantiendes §. 119, wonach Aenderungen drei Viertel Majoritäten erfordern-
— Der Ansschußbericht meint, es sei wol besser, die Rechte und Pflichten der
Staatsdiener durch ein besonderes Gesetz zu ordnen.

Der neue Landtag soll aus zwei Kammern bestehen. Die Einrichtung


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/420>, abgerufen am 29.12.2024.