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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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daß recht viele Hauptleute, die aus preußischen Unteroffizieren hervorgegangen
wären, ihre Compagnien vortrefflich führen würden. In Preußen geht nun
eine andere Zahl (beurlaubter) Landwehroffiziere aus den einjährigen Fre>'
willigen hervor. Auch auf diese müßte das System angewendet werden, top
sie bis zum Compagniechef einschließlich avanciren dürften, in gewissen Fällen
aber, wenn sie etwa ein dafür vorgeschriebenes Examen beständen, auch dr¬
über hinaus.

Auf solche Weise bräche man allerdings gründlich mit dem alten mittel
älterlichen System, welches in Preußen noch in besondrer Strenge aufrechtes
halten wird und an die Deutschritter in Preußen erinnert. Man führe det
Offiziere in eine neue Zeit ein. in welcher jeder, wie in andern Ständen auch-
seine sociale Stellung sich selbst macht, nach seinen Umständen, in welcher ilM
nicht diese Stellung staatlich gemacht wird, in welcher nicht einer ganzen
Menge Leute von frühster Jugend an durch die ihnen angewiesene Stellung
selbst eine Menge Ansprüche in den Kopf gehest werden, die zu erheben sie ^
bei Lichte besehen -- wirklich kein Recht haben. Unkunde Stellung und amt¬
liche Tüchtigkeit würden dabei sicher nicht leiden, wenn diese Aenderung e>N'
träte, welche zugleich es möglich machen würde, die Zahl der Subalternosfi'
ziere entsprechend den militärischen Bedürfnissen zu erhöhen, ohne daß man vor
einer unverhältnißmüßigen Erhöhung der Kosten zurückschrecken müßte. ^
würde selbst möglich sein, eine Ermäßigung der Kosten eintreten zu lassen, ^
man jetzt in größerem Maße auf den beurlaubten Stand der Offiziere zärM
dürfte. So einfach und praktisch durchführbar die Sache ist. erkennt doch jed^'
wie eine Menge Privatinteressen und Vorurtheile aller Art sich gegen ih^
Durchführung verschwören würden. Aber es brauchte nur kräftig zugegriffn
zu werden und alles dieses egoistische und mittelalterliche Gewinsel würde mur
Vortheil der Sache bald für immer zum Schweigen gebracht sein. Es könnte
jemandem einfallen, uns vorzuhalten, daß ja auch in Preußen jedermann An-
spruch und Aussicht hat, nicht blos Offizier zu werden, sondern selbst ^
den höchsten militärischen Stellen aufzusteigen. Wir halten es nicht für ^
Mühe werth daraus zu antworten. Es hat auch jedermann Anspruch un
Aussicht darauf, das große Loos in der preußischen Lotterie zu gewinnen--

Die preußische Infanterie ist jetzt durchweg mit gezogenen Gewehren be
waffnet. oder kann es wenigstens, einschließlich der Landwehr zweiten Aus'
gebots, in kürzester Frist werden. Diese gezogenen Gewehre sind vorerst no)
zwei: das Zündnadelgewehr und das ungeänderte Minivgewehr. Man sehe>
allmälig die Bewaffnung mit dem Zündnadelgewehr vollständig durchführt
zu wollen. Nach einigen Nachrichten, die uns zukamen, hatte man wenigste"
in der letzten schwülen Zeit schon angefangen, es auch den Landwehrbataillo"
(ersten Aufgebots) bei einzelnen Armeecorps zu geben. Das Zündnadelgcw /


daß recht viele Hauptleute, die aus preußischen Unteroffizieren hervorgegangen
wären, ihre Compagnien vortrefflich führen würden. In Preußen geht nun
eine andere Zahl (beurlaubter) Landwehroffiziere aus den einjährigen Fre>'
willigen hervor. Auch auf diese müßte das System angewendet werden, top
sie bis zum Compagniechef einschließlich avanciren dürften, in gewissen Fällen
aber, wenn sie etwa ein dafür vorgeschriebenes Examen beständen, auch dr¬
über hinaus.

Auf solche Weise bräche man allerdings gründlich mit dem alten mittel
älterlichen System, welches in Preußen noch in besondrer Strenge aufrechtes
halten wird und an die Deutschritter in Preußen erinnert. Man führe det
Offiziere in eine neue Zeit ein. in welcher jeder, wie in andern Ständen auch-
seine sociale Stellung sich selbst macht, nach seinen Umständen, in welcher ilM
nicht diese Stellung staatlich gemacht wird, in welcher nicht einer ganzen
Menge Leute von frühster Jugend an durch die ihnen angewiesene Stellung
selbst eine Menge Ansprüche in den Kopf gehest werden, die zu erheben sie ^
bei Lichte besehen — wirklich kein Recht haben. Unkunde Stellung und amt¬
liche Tüchtigkeit würden dabei sicher nicht leiden, wenn diese Aenderung e>N'
träte, welche zugleich es möglich machen würde, die Zahl der Subalternosfi'
ziere entsprechend den militärischen Bedürfnissen zu erhöhen, ohne daß man vor
einer unverhältnißmüßigen Erhöhung der Kosten zurückschrecken müßte. ^
würde selbst möglich sein, eine Ermäßigung der Kosten eintreten zu lassen, ^
man jetzt in größerem Maße auf den beurlaubten Stand der Offiziere zärM
dürfte. So einfach und praktisch durchführbar die Sache ist. erkennt doch jed^'
wie eine Menge Privatinteressen und Vorurtheile aller Art sich gegen ih^
Durchführung verschwören würden. Aber es brauchte nur kräftig zugegriffn
zu werden und alles dieses egoistische und mittelalterliche Gewinsel würde mur
Vortheil der Sache bald für immer zum Schweigen gebracht sein. Es könnte
jemandem einfallen, uns vorzuhalten, daß ja auch in Preußen jedermann An-
spruch und Aussicht hat, nicht blos Offizier zu werden, sondern selbst ^
den höchsten militärischen Stellen aufzusteigen. Wir halten es nicht für ^
Mühe werth daraus zu antworten. Es hat auch jedermann Anspruch un
Aussicht darauf, das große Loos in der preußischen Lotterie zu gewinnen--

Die preußische Infanterie ist jetzt durchweg mit gezogenen Gewehren be
waffnet. oder kann es wenigstens, einschließlich der Landwehr zweiten Aus'
gebots, in kürzester Frist werden. Diese gezogenen Gewehre sind vorerst no)
zwei: das Zündnadelgewehr und das ungeänderte Minivgewehr. Man sehe>
allmälig die Bewaffnung mit dem Zündnadelgewehr vollständig durchführt
zu wollen. Nach einigen Nachrichten, die uns zukamen, hatte man wenigste"
in der letzten schwülen Zeit schon angefangen, es auch den Landwehrbataillo»
(ersten Aufgebots) bei einzelnen Armeecorps zu geben. Das Zündnadelgcw /


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/400>, abgerufen am 29.12.2024.