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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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sodann die Gemahlin des preußischen Consuls, letztere, als Tochter von M'
Scheich, natürlicherweise vortrefflich. Mit dem Gesang steht es nicht viel vO>'
Deutsche haben ein Singkränzchen gegründet, welches beim Jahresfest
Diakonissinnen in recht braver Weise mitwirkte. Die eine Tochter des
schoss besitzt eine schöne Sinne, die aber leider keine Schule hat. Außerd^
hört man in Jerusalem nur Orgeln, arabische Pauken und Schalmeien, ara
bische Lieder, die durch die Nase gesungen werden, und das unaufhörliche
gente Geheul der türkischen Hörner aus Kasernenhof und Exercirvlatz.

.'lSpaziergange verbietet am Tage die Sonne, am Abend der Thorsch'
und die Unsicherheit der Umgegend. Eine englische Dame, die vor einig"-"
Monaten den Verhältnissen Trotz bot und nach Sonnenuntergang einen Bei"
außerhalb der Stadt wagte,, wurde am andern Morgen ermordet aufgesun^
ein Deutscher, der in einem Garten vor dem Jaffathor wohnt, schon zwen"
von Räuberbanden heimgesucht und das eine Mal ausgeplündert. Der g^
wohnliche Spaziergang ist ein steiniger, dann- und schattenloser Platz vor d
obengenannten Thor, der nur das Gute hat, daß man hier den ^^^^
frisch, wie er vom Meer herkommt, und ohne Eau de Jerusalem in
Lungen ziehen kann. Zuweilen arrangirt man ein Mittagsmahl unter ein
der Bäume im Gihonthal oder unter der großen Terebinthe zwischen
Jaffa- und dem Damaskusthor. Der Platz muß aber vorher sorgfältig unt^
sucht werden, da die Araberinnen, die hier ebenfalls ihre Picknicks halten, " ^
solchen Orten Andenken zurückzulassen pflegen, die man nicht gern mit h^"'
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Clubs, wo man des Abends seinen Robber Whist spielen könnte, gibt e
nicht, Leihbibliotheken ebenso wenig. Die Zeitungen kommen so Spuk ^
daß man hier in politischen Dingen stets um vierzehn Tage jünger ist,
das vom Telegraphen genährte, von den Eisenbahnen verproviantiren we
europäische Publicum. Von deutschen Blättern sah ich nur die Triester
die Neue Preußische Zeitung. Die Nachricht von dem Ultimatum Oese^
an Sardinien erfuhr ich nicht vor dem 8. Mai, dagegen spukte dieSeht^
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bei Solferino gewissermaßen vor, da sich schon am 15. Mai unter den v^!
Griechen und Italienern das Gerücht verbreitete, Oestreich habe eine g^ovo
Niederlage erlitten und bei derselben nicht mehr und nicht weniger als 3^
Mann an Todten eingebüßt. ^

Von Hauslehrern, Musikunterricht für Kinder muß abgesehen werden,
man sich die Gelegenheit von Europa verschaffen müßte, und dies zu ip
Kosten verursachen würde. Gute Dienstboten sind selten und theuer. Kö
nen hat man sich ebenfalls aus der Heimath mitzubringen, da mit Arabern ^
in der Küche absolut nichts anzufangen ist. Geschickte Handwerker gey^
gleichermaßen zu den Seltenheiten, indeß kann man jetzt wenigstens einen


sodann die Gemahlin des preußischen Consuls, letztere, als Tochter von M'
Scheich, natürlicherweise vortrefflich. Mit dem Gesang steht es nicht viel vO>'
Deutsche haben ein Singkränzchen gegründet, welches beim Jahresfest
Diakonissinnen in recht braver Weise mitwirkte. Die eine Tochter des
schoss besitzt eine schöne Sinne, die aber leider keine Schule hat. Außerd^
hört man in Jerusalem nur Orgeln, arabische Pauken und Schalmeien, ara
bische Lieder, die durch die Nase gesungen werden, und das unaufhörliche
gente Geheul der türkischen Hörner aus Kasernenhof und Exercirvlatz.

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und die Unsicherheit der Umgegend. Eine englische Dame, die vor einig«-"
Monaten den Verhältnissen Trotz bot und nach Sonnenuntergang einen Bei"
außerhalb der Stadt wagte,, wurde am andern Morgen ermordet aufgesun^
ein Deutscher, der in einem Garten vor dem Jaffathor wohnt, schon zwen"
von Räuberbanden heimgesucht und das eine Mal ausgeplündert. Der g^
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frisch, wie er vom Meer herkommt, und ohne Eau de Jerusalem in
Lungen ziehen kann. Zuweilen arrangirt man ein Mittagsmahl unter ein
der Bäume im Gihonthal oder unter der großen Terebinthe zwischen
Jaffa- und dem Damaskusthor. Der Platz muß aber vorher sorgfältig unt^
sucht werden, da die Araberinnen, die hier ebenfalls ihre Picknicks halten, " ^
solchen Orten Andenken zurückzulassen pflegen, die man nicht gern mit h^"'
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Clubs, wo man des Abends seinen Robber Whist spielen könnte, gibt e
nicht, Leihbibliotheken ebenso wenig. Die Zeitungen kommen so Spuk ^
daß man hier in politischen Dingen stets um vierzehn Tage jünger ist,
das vom Telegraphen genährte, von den Eisenbahnen verproviantiren we
europäische Publicum. Von deutschen Blättern sah ich nur die Triester
die Neue Preußische Zeitung. Die Nachricht von dem Ultimatum Oese^
an Sardinien erfuhr ich nicht vor dem 8. Mai, dagegen spukte dieSeht^
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bei Solferino gewissermaßen vor, da sich schon am 15. Mai unter den v^!
Griechen und Italienern das Gerücht verbreitete, Oestreich habe eine g^ovo
Niederlage erlitten und bei derselben nicht mehr und nicht weniger als 3^
Mann an Todten eingebüßt. ^

Von Hauslehrern, Musikunterricht für Kinder muß abgesehen werden,
man sich die Gelegenheit von Europa verschaffen müßte, und dies zu ip
Kosten verursachen würde. Gute Dienstboten sind selten und theuer. Kö
nen hat man sich ebenfalls aus der Heimath mitzubringen, da mit Arabern ^
in der Küche absolut nichts anzufangen ist. Geschickte Handwerker gey^
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[0382] sodann die Gemahlin des preußischen Consuls, letztere, als Tochter von M' Scheich, natürlicherweise vortrefflich. Mit dem Gesang steht es nicht viel vO>' Deutsche haben ein Singkränzchen gegründet, welches beim Jahresfest Diakonissinnen in recht braver Weise mitwirkte. Die eine Tochter des schoss besitzt eine schöne Sinne, die aber leider keine Schule hat. Außerd^ hört man in Jerusalem nur Orgeln, arabische Pauken und Schalmeien, ara bische Lieder, die durch die Nase gesungen werden, und das unaufhörliche gente Geheul der türkischen Hörner aus Kasernenhof und Exercirvlatz. .'lSpaziergange verbietet am Tage die Sonne, am Abend der Thorsch' und die Unsicherheit der Umgegend. Eine englische Dame, die vor einig«-" Monaten den Verhältnissen Trotz bot und nach Sonnenuntergang einen Bei" außerhalb der Stadt wagte,, wurde am andern Morgen ermordet aufgesun^ ein Deutscher, der in einem Garten vor dem Jaffathor wohnt, schon zwen" von Räuberbanden heimgesucht und das eine Mal ausgeplündert. Der g^ wohnliche Spaziergang ist ein steiniger, dann- und schattenloser Platz vor d obengenannten Thor, der nur das Gute hat, daß man hier den ^^^^ frisch, wie er vom Meer herkommt, und ohne Eau de Jerusalem in Lungen ziehen kann. Zuweilen arrangirt man ein Mittagsmahl unter ein der Bäume im Gihonthal oder unter der großen Terebinthe zwischen Jaffa- und dem Damaskusthor. Der Platz muß aber vorher sorgfältig unt^ sucht werden, da die Araberinnen, die hier ebenfalls ihre Picknicks halten, " ^ solchen Orten Andenken zurückzulassen pflegen, die man nicht gern mit h^"' NiMMt. z Clubs, wo man des Abends seinen Robber Whist spielen könnte, gibt e nicht, Leihbibliotheken ebenso wenig. Die Zeitungen kommen so Spuk ^ daß man hier in politischen Dingen stets um vierzehn Tage jünger ist, das vom Telegraphen genährte, von den Eisenbahnen verproviantiren we europäische Publicum. Von deutschen Blättern sah ich nur die Triester die Neue Preußische Zeitung. Die Nachricht von dem Ultimatum Oese^ an Sardinien erfuhr ich nicht vor dem 8. Mai, dagegen spukte dieSeht^ ' " " " s ! >si I^N bei Solferino gewissermaßen vor, da sich schon am 15. Mai unter den v^! Griechen und Italienern das Gerücht verbreitete, Oestreich habe eine g^ovo Niederlage erlitten und bei derselben nicht mehr und nicht weniger als 3^ Mann an Todten eingebüßt. ^ Von Hauslehrern, Musikunterricht für Kinder muß abgesehen werden, man sich die Gelegenheit von Europa verschaffen müßte, und dies zu ip Kosten verursachen würde. Gute Dienstboten sind selten und theuer. Kö nen hat man sich ebenfalls aus der Heimath mitzubringen, da mit Arabern ^ in der Küche absolut nichts anzufangen ist. Geschickte Handwerker gey^ gleichermaßen zu den Seltenheiten, indeß kann man jetzt wenigstens einen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/382>, abgerufen am 23.07.2024.