Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.^sönlichkeiten spaltet. stritte man sich um Glaubenssachen, so wäre doch ^ Die Mohammedaner kennen unter sich keinen solchen Zank. Der Islam ^sönlichkeiten spaltet. stritte man sich um Glaubenssachen, so wäre doch ^ Die Mohammedaner kennen unter sich keinen solchen Zank. Der Islam <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0341" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107927"/> <p xml:id="ID_1121" prev="#ID_1120"> ^sönlichkeiten spaltet. stritte man sich um Glaubenssachen, so wäre doch<lb/> ^'stand dabei. So aber wird ein Grieche oder Armenier, nach dein Unter¬<lb/> schied seiner Kirche von den andern gefragt, nur anzuführen wissen, daß die Fasten<lb/> "ndre seien, und so ist es die reine Bestialität, welche die Köpfe erhitzt, und hoch-<lb/> ^'us »och der Ehrgeiz, die erste Rolle am heiligen Grabe zu spielen, oder es<lb/> l^uz allein zu besitzen. Es ist, als ob ein Fluch auf dieser Stätte läge, der aus<lb/> Boden fortwährend neue Gegeustände der Eifersucht, neue Gelegenheit zu Rei-<lb/> Ungen hervorwachsen ließe, und ich bin nach meinen Erfahrungen und Er¬<lb/> ledigungen überzeugt, daß es keine Stadt von gleicher Größe auf Erben<lb/> ^br, j„ welcher der Baum der Zankapfel so wohl gedeiht, in der mit solcher<lb/> ^bittcrung. solchen schmachvollen Mitteln gestritten wird, als diese, die man<lb/> "ut viel Emphase in allen Zungen die heilige nennt. In der That, es<lb/> lM,t Jerusalem wie den Jerichorosen, die es den Pilgern verkauft. Wie diese<lb/> uHlige, holzige, dürre Siliquose ihren Namen davon hat, daß sie nicht in<lb/> ^'lcho, sondern wenigstens hundert Meilen davon wachst, und eher allen<lb/> ändern Pflanzen zwischen den beiden Polen der Erdkugel als einer Rose gleicht,<lb/> ^'Rau ^ der Name Friedensstäbe, mit dem man Jerusalem zu übersetzen<lb/> ^de hat. Es ist ein incus g. noir luesnäo in eminenten Sinn, und man<lb/> "'üsite jene oft wiederholte Bezeichnung für bösartige Ironie halten, wenn man<lb/> wüßte, daß die, welche sie im Munde führen, die Erde vor lauter Him-<lb/> die Gegenwart vor lauter Erinnerungen an die Vergangenheit nicht sehen.<lb/> uvei>e sür die Art, in der man sich bekämpft, werden später folgen. Hier<lb/> viel, daß abgesehen von der großen Spaltung zwischen Griechen und<lb/> Einem und von den erivähnten Knüppelschlachten, welche sich die orthodoxe<lb/> die armenische Kirche alljährlich am heiligen Grabe liefern, die Lateiner<lb/> ^nie Partei der Mönche und eine Partei des Patriarchen, in eine östreichische<lb/> ° eine französische zerfallen, daß die Bekenner der orthodoxen morgenlän-<lb/> lchen Kirche sich in einer griechischen und einer russischen Fraction gegenüber-<lb/> ^e"' die Russen ihrerseits theils kaiserlich, theils großfürstlich gesinnt sind, daß<lb/> ^'ner die Protestanten in Anhänger des Bischofs und Anhänger des englischen<lb/> °"!uls geschieden sind, die sich ebenfalls aufs gründlichste hassen, aufs leb-<lb/> ^ verleumden und anfeinden, und daß endlich das Boll Israel in mehr<lb/> . halbes Dutzend streng voneinander geschiedene, fortwährend miteinander<lb/> 'Mhrende Sekten gespalten ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_1122" next="#ID_1123"> ^ Die Mohammedaner kennen unter sich keinen solchen Zank. Der Islam<lb/> M mit Ausnahme der beiden großen Parteien der Sunniten und Schii--<lb/> ^ "ur Schulen, nicht von sich wechselseitig verketzernden Sekten. Ueber<lb/> ^ »Wurzeln" des Glaubens herrscht vollkommne Uebereinstimmung, nur über<lb/> ^"Zweige", d. h. einige Rechtssätze, welche die Scholastiker des Islam<lb/> ^'u, Koran und andern normgebenden Ueberlieferungen abgeleitet haben,</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0341]
^sönlichkeiten spaltet. stritte man sich um Glaubenssachen, so wäre doch
^'stand dabei. So aber wird ein Grieche oder Armenier, nach dein Unter¬
schied seiner Kirche von den andern gefragt, nur anzuführen wissen, daß die Fasten
"ndre seien, und so ist es die reine Bestialität, welche die Köpfe erhitzt, und hoch-
^'us »och der Ehrgeiz, die erste Rolle am heiligen Grabe zu spielen, oder es
l^uz allein zu besitzen. Es ist, als ob ein Fluch auf dieser Stätte läge, der aus
Boden fortwährend neue Gegeustände der Eifersucht, neue Gelegenheit zu Rei-
Ungen hervorwachsen ließe, und ich bin nach meinen Erfahrungen und Er¬
ledigungen überzeugt, daß es keine Stadt von gleicher Größe auf Erben
^br, j„ welcher der Baum der Zankapfel so wohl gedeiht, in der mit solcher
^bittcrung. solchen schmachvollen Mitteln gestritten wird, als diese, die man
"ut viel Emphase in allen Zungen die heilige nennt. In der That, es
lM,t Jerusalem wie den Jerichorosen, die es den Pilgern verkauft. Wie diese
uHlige, holzige, dürre Siliquose ihren Namen davon hat, daß sie nicht in
^'lcho, sondern wenigstens hundert Meilen davon wachst, und eher allen
ändern Pflanzen zwischen den beiden Polen der Erdkugel als einer Rose gleicht,
^'Rau ^ der Name Friedensstäbe, mit dem man Jerusalem zu übersetzen
^de hat. Es ist ein incus g. noir luesnäo in eminenten Sinn, und man
"'üsite jene oft wiederholte Bezeichnung für bösartige Ironie halten, wenn man
wüßte, daß die, welche sie im Munde führen, die Erde vor lauter Him-
die Gegenwart vor lauter Erinnerungen an die Vergangenheit nicht sehen.
uvei>e sür die Art, in der man sich bekämpft, werden später folgen. Hier
viel, daß abgesehen von der großen Spaltung zwischen Griechen und
Einem und von den erivähnten Knüppelschlachten, welche sich die orthodoxe
die armenische Kirche alljährlich am heiligen Grabe liefern, die Lateiner
^nie Partei der Mönche und eine Partei des Patriarchen, in eine östreichische
° eine französische zerfallen, daß die Bekenner der orthodoxen morgenlän-
lchen Kirche sich in einer griechischen und einer russischen Fraction gegenüber-
^e"' die Russen ihrerseits theils kaiserlich, theils großfürstlich gesinnt sind, daß
^'ner die Protestanten in Anhänger des Bischofs und Anhänger des englischen
°"!uls geschieden sind, die sich ebenfalls aufs gründlichste hassen, aufs leb-
^ verleumden und anfeinden, und daß endlich das Boll Israel in mehr
. halbes Dutzend streng voneinander geschiedene, fortwährend miteinander
'Mhrende Sekten gespalten ist.
^ Die Mohammedaner kennen unter sich keinen solchen Zank. Der Islam
M mit Ausnahme der beiden großen Parteien der Sunniten und Schii--
^ "ur Schulen, nicht von sich wechselseitig verketzernden Sekten. Ueber
^ »Wurzeln" des Glaubens herrscht vollkommne Uebereinstimmung, nur über
^"Zweige", d. h. einige Rechtssätze, welche die Scholastiker des Islam
^'u, Koran und andern normgebenden Ueberlieferungen abgeleitet haben,
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