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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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berichtet wurde, doch wol ebenso bekannt sein mußte als uns, die überhaupt
in den deutschen Negierungskreisen durchaus sein Geheimniß ist.

Dem großen Publicum ist es freilich weniger bekannt, wie in dieser Erb¬
folgefrage, welche durch den Protest des legitimen Schleswig-holsteinische
Thronfolgers grade vor kurzem eine neue Bedeutung erhalten hat, mit den
Rechten des deutschen Bundes und der deutschen Nation umgesprungen ist-
Diese Geschichte ist indeß lehrreich und nicht ohne Nutzanwendung aus die
heutigen Verhältnisse.

Frankreich, Oestreich und Rußland, vor kurzem, wie es schien, unversöhn¬
lich entzweit, waren im Jahre 1850 eng befreundet. Im nördlichen "ut
mittleren Deutschland hatten sich liberale und nationale Bestrebungen geltend
gemacht, welche zu einer Erstarkung des ohnmächtigen Deutschlands und ZU>
Bildung einer sehr starken reindeutschen Großmacht sichren konnten. Den
besten Angriffspunkt dagegen boten namentlich für Frankreich und Rußland
die Schleswig-holsteinischen Verhältnisse, weil sich ihnen auch eine europäi!^'
Seite abgewinnen ließ. Für alle drei Mächte handelte es sich darum,
verhindern, daß Deutschland durch ein deutsches Schleswig-Holstein gestärkt,
und daß speciell das nördliche Deutschland in einem starken Dänemark den
Feind verliere, welcher seiner Zeit nie verfehlt hatte, gegen dasselbe gute Dienste
zu leisten.

Von diesem Gesichtspunkt aus war Oestreich schon vor 1848 nur wider¬
willig der Action der öffentlichen Meinung in der Schleswig-holsteini>chen An¬
gelegenheit gefolgt und hatte während des Bundcskrieges gegen Dänemark
selbst in Äußerlichkeiten sich so wenig anbequemt, daß es sogar seinen Ge¬
sandten in Kopenhagen beließ. Daß es an dein Bundeskricg keinen Theil
nahm, verstand sich von selbst. Die kaiserliche Negierung hat das alte NeM'
von Deutschland Hilfe zu forder", nicht aber solche zu leisten.

Im Sommer 1850 waren Frankreich, Rußland und Oestreich so weit-
daß sie es unter der zögernden Mitwirkung Englands, welches damals ruMch"'
Impulsen folgte, zum Abschluß des londoner Protokolls, eines materiell u"d
formell gegen Deutschland und den deutschen Bund gerichteten Vertrags brachten-
Es ist schwer zu sagen, welche von den drei Mächten dabei den größten Eiser
entwickelte. Herr v. Brünnow und Drouyn de Lhys machten sich später d>c
Ehre der Vaterschaft des londoner Protokolls streitig. Frankreich war über¬
haupt damals so eifrig, daß es im Herbst 1850 sich auf die Aufforderung Däne¬
marks bereit erklärte, wenn England nur irgend sich dabei betheilige, s^ö^'
ein Truppencvrps in Schleswig landen zu lassen, um den Widerstand de
Schleswig-holsteinischen Armee zu brechen. Eine russische Flotte kreuzte damals
schon an den Schleswig-holsteinischen Küsten.

Die entscheidende Hilfe für Dänemark kam indessen nach den Tagen von


berichtet wurde, doch wol ebenso bekannt sein mußte als uns, die überhaupt
in den deutschen Negierungskreisen durchaus sein Geheimniß ist.

Dem großen Publicum ist es freilich weniger bekannt, wie in dieser Erb¬
folgefrage, welche durch den Protest des legitimen Schleswig-holsteinische
Thronfolgers grade vor kurzem eine neue Bedeutung erhalten hat, mit den
Rechten des deutschen Bundes und der deutschen Nation umgesprungen ist-
Diese Geschichte ist indeß lehrreich und nicht ohne Nutzanwendung aus die
heutigen Verhältnisse.

Frankreich, Oestreich und Rußland, vor kurzem, wie es schien, unversöhn¬
lich entzweit, waren im Jahre 1850 eng befreundet. Im nördlichen »ut
mittleren Deutschland hatten sich liberale und nationale Bestrebungen geltend
gemacht, welche zu einer Erstarkung des ohnmächtigen Deutschlands und ZU>
Bildung einer sehr starken reindeutschen Großmacht sichren konnten. Den
besten Angriffspunkt dagegen boten namentlich für Frankreich und Rußland
die Schleswig-holsteinischen Verhältnisse, weil sich ihnen auch eine europäi!^'
Seite abgewinnen ließ. Für alle drei Mächte handelte es sich darum,
verhindern, daß Deutschland durch ein deutsches Schleswig-Holstein gestärkt,
und daß speciell das nördliche Deutschland in einem starken Dänemark den
Feind verliere, welcher seiner Zeit nie verfehlt hatte, gegen dasselbe gute Dienste
zu leisten.

Von diesem Gesichtspunkt aus war Oestreich schon vor 1848 nur wider¬
willig der Action der öffentlichen Meinung in der Schleswig-holsteini>chen An¬
gelegenheit gefolgt und hatte während des Bundcskrieges gegen Dänemark
selbst in Äußerlichkeiten sich so wenig anbequemt, daß es sogar seinen Ge¬
sandten in Kopenhagen beließ. Daß es an dein Bundeskricg keinen Theil
nahm, verstand sich von selbst. Die kaiserliche Negierung hat das alte NeM'
von Deutschland Hilfe zu forder», nicht aber solche zu leisten.

Im Sommer 1850 waren Frankreich, Rußland und Oestreich so weit-
daß sie es unter der zögernden Mitwirkung Englands, welches damals ruMch"'
Impulsen folgte, zum Abschluß des londoner Protokolls, eines materiell u»d
formell gegen Deutschland und den deutschen Bund gerichteten Vertrags brachten-
Es ist schwer zu sagen, welche von den drei Mächten dabei den größten Eiser
entwickelte. Herr v. Brünnow und Drouyn de Lhys machten sich später d>c
Ehre der Vaterschaft des londoner Protokolls streitig. Frankreich war über¬
haupt damals so eifrig, daß es im Herbst 1850 sich auf die Aufforderung Däne¬
marks bereit erklärte, wenn England nur irgend sich dabei betheilige, s^ö^'
ein Truppencvrps in Schleswig landen zu lassen, um den Widerstand de
Schleswig-holsteinischen Armee zu brechen. Eine russische Flotte kreuzte damals
schon an den Schleswig-holsteinischen Küsten.

Die entscheidende Hilfe für Dänemark kam indessen nach den Tagen von


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/336>, abgerufen am 28.12.2024.