Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.Senat sich versammeln sollte, von zwei prütorischen Cohorten besetzt, den Ein¬ Senat sich versammeln sollte, von zwei prütorischen Cohorten besetzt, den Ein¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0029" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107615"/> <p xml:id="ID_35" prev="#ID_34" next="#ID_36"> Senat sich versammeln sollte, von zwei prütorischen Cohorten besetzt, den Ein¬<lb/> gang belagerte ein Haufe von Bewaffneten in der Toga, Truppen waren in<lb/> den Hallen und auf den Form vertheilt. Nachdem der ^mal unter den<lb/> Drohungen dieser Massen in die Curie eingetreten war, wurde im Namen des<lb/> Kaisers durch seinen Quästor ein Vortrag gehalten, worin er ohne Nennung<lb/> von Namen den Vätern vorwarf, daß sie die öffentlichen Aemter vernachlässig¬<lb/> ten, und daß dies üble Beispiel bereits auf den Ritterstand wirke. Es sei<lb/> kein Wunder, daß man aus entfernten Provinzen nach Rom zu kommen ver¬<lb/> säume, wenn Inhaber des Consulnts und der Pricsterwürden sich dem Genuß<lb/> der schönen Natur in ihren Gärten hingäben. Dies war das Stichwort für<lb/> den Ankläger Thraseas. Man erwarte, rief er. einen Consular im Senat,<lb/> einen Priester bei den Gelübden, einen Bürger bei der Eidesleistung, wenn<lb/> Thrasea nicht in Auflehnung gegen die Anordnungen und heiligen Gebräuche<lb/> der Vorfahren öffentlich als Verräther und Vaterlandsfeind ausgetreten wäre.<lb/> Er. der den Senator zu spielen und die Feinde des Kaisers zu schützen gepflegt<lb/> habe, möge doch wenigstens kommen und offen aussprechen, inwiefern er Ver¬<lb/> änderungen oder Reformen für nöthig halte, man würde seine Schmähungen<lb/> gegen einzelne Punkte eher ertragen als sein gegenwärtiges Schweigen, durch<lb/> welches er alles Geschehende verdamme. Wie natürlich endete die Verhand¬<lb/> lung mit Thraseas Verurtheilung. Die Wahl der Todesart wurde ihm frei¬<lb/> gestellt. Ein Quästor des Consuls wurde abgeschickt, um ihm das Urtheil zu<lb/> überbringen. Thrasea war in seinem Garten in großer Gesellschaft vornehmer<lb/> Männer und Frauen, in eifriger Unterhaltung mit dem damals sehr berühm¬<lb/> ten, auch von Seneca vielgepriesenen cymschen Philosophen Demetrios. von<lb/> dem die Antwort an Nero berichtet wird : Du drohst mir den Tod. dir droht<lb/> ihn die Natur. So viel aus den Mienen beider und einzelnen lauter ge¬<lb/> sprochenen Worten geschlossen werden konnte, war der Gegenstand des Ge¬<lb/> sprächs die Natur der Seele und die Trennung von Geist und Körper. Einer<lb/> von Thraseas vertrautesten Freunden war dem Gesandten des Senats voraus¬<lb/> geeilt, um den Ausgang der Verhandlung zu melden. Nun forderte Thrasea<lb/> die Anwesenden, die in Weinen und Klagen ausbrachen, auf. sich schleunig<lb/> M entfernen und ihr Schicksal von dem seinen zu lösen, seine Gemahlin Arria,<lb/> ihm nach dem Beispiel ihrer berühmten Mutter in den Tod folgen wollte,<lb/> ermahnte er das Leben zu ertragen und ihrer Tochter die einzige Stütze nicht<lb/> zu entziehen. Dann trat er in einen Süulengang, wo er den Quästor fand,<lb/> beinahe heiter, weil er vernommen hatte, daß sein gleichzeitig mit ihm ange¬<lb/> klagter Schwiegersohn Helvidius Priscus nur zur Verbannung aus Italien<lb/> verurtheilt sei. Er nahm den Beschluß des Senats entgegen, und ließ Deme-<lb/> trius und Helvidius mit sich in sein Schlafgemach eintreten. ^ Hier ließ er sich<lb/> die Pulsader an beiden Armen öffnen, und als das Blut hervorströmte, spritzte</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0029]
Senat sich versammeln sollte, von zwei prütorischen Cohorten besetzt, den Ein¬
gang belagerte ein Haufe von Bewaffneten in der Toga, Truppen waren in
den Hallen und auf den Form vertheilt. Nachdem der ^mal unter den
Drohungen dieser Massen in die Curie eingetreten war, wurde im Namen des
Kaisers durch seinen Quästor ein Vortrag gehalten, worin er ohne Nennung
von Namen den Vätern vorwarf, daß sie die öffentlichen Aemter vernachlässig¬
ten, und daß dies üble Beispiel bereits auf den Ritterstand wirke. Es sei
kein Wunder, daß man aus entfernten Provinzen nach Rom zu kommen ver¬
säume, wenn Inhaber des Consulnts und der Pricsterwürden sich dem Genuß
der schönen Natur in ihren Gärten hingäben. Dies war das Stichwort für
den Ankläger Thraseas. Man erwarte, rief er. einen Consular im Senat,
einen Priester bei den Gelübden, einen Bürger bei der Eidesleistung, wenn
Thrasea nicht in Auflehnung gegen die Anordnungen und heiligen Gebräuche
der Vorfahren öffentlich als Verräther und Vaterlandsfeind ausgetreten wäre.
Er. der den Senator zu spielen und die Feinde des Kaisers zu schützen gepflegt
habe, möge doch wenigstens kommen und offen aussprechen, inwiefern er Ver¬
änderungen oder Reformen für nöthig halte, man würde seine Schmähungen
gegen einzelne Punkte eher ertragen als sein gegenwärtiges Schweigen, durch
welches er alles Geschehende verdamme. Wie natürlich endete die Verhand¬
lung mit Thraseas Verurtheilung. Die Wahl der Todesart wurde ihm frei¬
gestellt. Ein Quästor des Consuls wurde abgeschickt, um ihm das Urtheil zu
überbringen. Thrasea war in seinem Garten in großer Gesellschaft vornehmer
Männer und Frauen, in eifriger Unterhaltung mit dem damals sehr berühm¬
ten, auch von Seneca vielgepriesenen cymschen Philosophen Demetrios. von
dem die Antwort an Nero berichtet wird : Du drohst mir den Tod. dir droht
ihn die Natur. So viel aus den Mienen beider und einzelnen lauter ge¬
sprochenen Worten geschlossen werden konnte, war der Gegenstand des Ge¬
sprächs die Natur der Seele und die Trennung von Geist und Körper. Einer
von Thraseas vertrautesten Freunden war dem Gesandten des Senats voraus¬
geeilt, um den Ausgang der Verhandlung zu melden. Nun forderte Thrasea
die Anwesenden, die in Weinen und Klagen ausbrachen, auf. sich schleunig
M entfernen und ihr Schicksal von dem seinen zu lösen, seine Gemahlin Arria,
ihm nach dem Beispiel ihrer berühmten Mutter in den Tod folgen wollte,
ermahnte er das Leben zu ertragen und ihrer Tochter die einzige Stütze nicht
zu entziehen. Dann trat er in einen Süulengang, wo er den Quästor fand,
beinahe heiter, weil er vernommen hatte, daß sein gleichzeitig mit ihm ange¬
klagter Schwiegersohn Helvidius Priscus nur zur Verbannung aus Italien
verurtheilt sei. Er nahm den Beschluß des Senats entgegen, und ließ Deme-
trius und Helvidius mit sich in sein Schlafgemach eintreten. ^ Hier ließ er sich
die Pulsader an beiden Armen öffnen, und als das Blut hervorströmte, spritzte
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |