Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

des Schwarzenberger Reviers zwar große Lager guter Eisenerze besitzen, der
Brennstoff aber bis jetzt zu theuer war, als daß man mit der mächtigen Eisen¬
erzeugung der Steinkohlenfluren zu wetteifern im Stande gewesen wäre. Die
neue Eisenbahn von Zwickau nach Schwarzenberg wird hier von großem Se¬
gen sein. Die Zinnhütten finden sich, sieben an der Zahl, im östlichen Theil
des Gebirgs. Der gesammte Zinnertrag Sachsens belief sich 1856 auf,25S2
Centner, wozu das altenberger Revier allein 2124 beitrug. Die Arsenik¬
hütten bereiteten 1 270 Centner Arsenikmchl, wobei wiederum das altenberger
Revier das Meiste ergab. Die Blaufarbenwerke -- das Erzgebirge hat de¬
ren zwei -- lieferten aus den hauptsächlich bei Schneeberg gegrabenen Ko¬
balterzen gegen 5000 Centner Blaufarben aller Sorten und außerdem 16,490
Pfund Nickelmetall. Die Saigcrhütte bei Grünthal, welche das auf den frei-
berger Hütten entstandene Schwarzkupfer entsilbert und in gediegen Kupfer
verwandelt, stellt jährlich 1500 bis 2000 Centner dieses Metalles her und
gewinnt dabei gegen 75 Pfund Feinsilber., Eine Zinkhütte zur Verwerthung
der lange verachteten Zinkblende ist kürzlich bei Freiberg errichtet worden und
wol schon jetzt in Thätigkeit.

Die großartigsten metallurgischen Anstalten des Erzgebirges sind die Sil¬
berhütten in der Nähe von Freiberg. Seit die Antonshütte bei Schwarzen¬
berg wegen der verheerenden Wirkung ihres Rauchs aus die nahen Waldun¬
gen, das berühmte Amalgamirwerk zu Halsbrücke aber wegen unabstellbarer,
seinem Betriebe anhaftender technischer UnVollkommenheiten in Ruhestand ver¬
setzt sind, kommen sämmtliche silberhaltige Erze aller erzgebirger Gruben aus
den Muldehütten zur Verarbeitung. Diese Hütten sind Eigenthum des Staa¬
tes und schmelzen für eigene Rechnung die den Gruben taxmäßig vergüteten
Erze aus. Der Silberbergbau genießt dadurch den werthvollen Vortheil des
Großbetriebes, der mit geringeren Kosten arbeitet und im Stande ist, die
Fortschritte der Wissenschaft auszubeuten. Die von dickem Qualm umhüllten,
von mehr als 500 Arbeitern belebten Hüttenwerke, welche eine kleine Stadt
aus Erzschuppen und Baulichkeiten mit Oefen aller Art darstellen, liegen im
Muldcthal nahe bei Freiberg und bieten ein wahres Museum mächtiger che'
Mischer Apparate, durch welche das Silber ausgeschieden und die damit ver¬
bunden gewesenen anderen Metalle, namentlich das Blei, gereinigt werden-
Der Fachmann findet hier reiche Gelegenheit zu fruchtbarem Studium, und
der Laie eine Fülle interessanter Anschauungen. Wie anziehend ist es nicht
zu sehen, wie das in Rost- und Schmelzöfen geläuterte edle Metall endlich
seinen unedlen Geführten los wird und auf dem Treibherde seinen Silberblick
feiert; wie man das geschmolzene Blei, das hartnäckig Silbertheilchen zurück¬
hält, nach Pattinsons sinnreichen Verfahren durch Metallsiebe, welche die er¬
starrenden, fast silberfreien Krystalle ausscheiden, dazu zwingt, sein Silber


des Schwarzenberger Reviers zwar große Lager guter Eisenerze besitzen, der
Brennstoff aber bis jetzt zu theuer war, als daß man mit der mächtigen Eisen¬
erzeugung der Steinkohlenfluren zu wetteifern im Stande gewesen wäre. Die
neue Eisenbahn von Zwickau nach Schwarzenberg wird hier von großem Se¬
gen sein. Die Zinnhütten finden sich, sieben an der Zahl, im östlichen Theil
des Gebirgs. Der gesammte Zinnertrag Sachsens belief sich 1856 auf,25S2
Centner, wozu das altenberger Revier allein 2124 beitrug. Die Arsenik¬
hütten bereiteten 1 270 Centner Arsenikmchl, wobei wiederum das altenberger
Revier das Meiste ergab. Die Blaufarbenwerke — das Erzgebirge hat de¬
ren zwei — lieferten aus den hauptsächlich bei Schneeberg gegrabenen Ko¬
balterzen gegen 5000 Centner Blaufarben aller Sorten und außerdem 16,490
Pfund Nickelmetall. Die Saigcrhütte bei Grünthal, welche das auf den frei-
berger Hütten entstandene Schwarzkupfer entsilbert und in gediegen Kupfer
verwandelt, stellt jährlich 1500 bis 2000 Centner dieses Metalles her und
gewinnt dabei gegen 75 Pfund Feinsilber., Eine Zinkhütte zur Verwerthung
der lange verachteten Zinkblende ist kürzlich bei Freiberg errichtet worden und
wol schon jetzt in Thätigkeit.

Die großartigsten metallurgischen Anstalten des Erzgebirges sind die Sil¬
berhütten in der Nähe von Freiberg. Seit die Antonshütte bei Schwarzen¬
berg wegen der verheerenden Wirkung ihres Rauchs aus die nahen Waldun¬
gen, das berühmte Amalgamirwerk zu Halsbrücke aber wegen unabstellbarer,
seinem Betriebe anhaftender technischer UnVollkommenheiten in Ruhestand ver¬
setzt sind, kommen sämmtliche silberhaltige Erze aller erzgebirger Gruben aus
den Muldehütten zur Verarbeitung. Diese Hütten sind Eigenthum des Staa¬
tes und schmelzen für eigene Rechnung die den Gruben taxmäßig vergüteten
Erze aus. Der Silberbergbau genießt dadurch den werthvollen Vortheil des
Großbetriebes, der mit geringeren Kosten arbeitet und im Stande ist, die
Fortschritte der Wissenschaft auszubeuten. Die von dickem Qualm umhüllten,
von mehr als 500 Arbeitern belebten Hüttenwerke, welche eine kleine Stadt
aus Erzschuppen und Baulichkeiten mit Oefen aller Art darstellen, liegen im
Muldcthal nahe bei Freiberg und bieten ein wahres Museum mächtiger che'
Mischer Apparate, durch welche das Silber ausgeschieden und die damit ver¬
bunden gewesenen anderen Metalle, namentlich das Blei, gereinigt werden-
Der Fachmann findet hier reiche Gelegenheit zu fruchtbarem Studium, und
der Laie eine Fülle interessanter Anschauungen. Wie anziehend ist es nicht
zu sehen, wie das in Rost- und Schmelzöfen geläuterte edle Metall endlich
seinen unedlen Geführten los wird und auf dem Treibherde seinen Silberblick
feiert; wie man das geschmolzene Blei, das hartnäckig Silbertheilchen zurück¬
hält, nach Pattinsons sinnreichen Verfahren durch Metallsiebe, welche die er¬
starrenden, fast silberfreien Krystalle ausscheiden, dazu zwingt, sein Silber


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0160" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107746"/>
            <p xml:id="ID_520" prev="#ID_519"> des Schwarzenberger Reviers zwar große Lager guter Eisenerze besitzen, der<lb/>
Brennstoff aber bis jetzt zu theuer war, als daß man mit der mächtigen Eisen¬<lb/>
erzeugung der Steinkohlenfluren zu wetteifern im Stande gewesen wäre. Die<lb/>
neue Eisenbahn von Zwickau nach Schwarzenberg wird hier von großem Se¬<lb/>
gen sein. Die Zinnhütten finden sich, sieben an der Zahl, im östlichen Theil<lb/>
des Gebirgs. Der gesammte Zinnertrag Sachsens belief sich 1856 auf,25S2<lb/>
Centner, wozu das altenberger Revier allein 2124 beitrug. Die Arsenik¬<lb/>
hütten bereiteten 1 270 Centner Arsenikmchl, wobei wiederum das altenberger<lb/>
Revier das Meiste ergab. Die Blaufarbenwerke &#x2014; das Erzgebirge hat de¬<lb/>
ren zwei &#x2014; lieferten aus den hauptsächlich bei Schneeberg gegrabenen Ko¬<lb/>
balterzen gegen 5000 Centner Blaufarben aller Sorten und außerdem 16,490<lb/>
Pfund Nickelmetall. Die Saigcrhütte bei Grünthal, welche das auf den frei-<lb/>
berger Hütten entstandene Schwarzkupfer entsilbert und in gediegen Kupfer<lb/>
verwandelt, stellt jährlich 1500 bis 2000 Centner dieses Metalles her und<lb/>
gewinnt dabei gegen 75 Pfund Feinsilber., Eine Zinkhütte zur Verwerthung<lb/>
der lange verachteten Zinkblende ist kürzlich bei Freiberg errichtet worden und<lb/>
wol schon jetzt in Thätigkeit.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_521" next="#ID_522"> Die großartigsten metallurgischen Anstalten des Erzgebirges sind die Sil¬<lb/>
berhütten in der Nähe von Freiberg. Seit die Antonshütte bei Schwarzen¬<lb/>
berg wegen der verheerenden Wirkung ihres Rauchs aus die nahen Waldun¬<lb/>
gen, das berühmte Amalgamirwerk zu Halsbrücke aber wegen unabstellbarer,<lb/>
seinem Betriebe anhaftender technischer UnVollkommenheiten in Ruhestand ver¬<lb/>
setzt sind, kommen sämmtliche silberhaltige Erze aller erzgebirger Gruben aus<lb/>
den Muldehütten zur Verarbeitung. Diese Hütten sind Eigenthum des Staa¬<lb/>
tes und schmelzen für eigene Rechnung die den Gruben taxmäßig vergüteten<lb/>
Erze aus. Der Silberbergbau genießt dadurch den werthvollen Vortheil des<lb/>
Großbetriebes, der mit geringeren Kosten arbeitet und im Stande ist, die<lb/>
Fortschritte der Wissenschaft auszubeuten. Die von dickem Qualm umhüllten,<lb/>
von mehr als 500 Arbeitern belebten Hüttenwerke, welche eine kleine Stadt<lb/>
aus Erzschuppen und Baulichkeiten mit Oefen aller Art darstellen, liegen im<lb/>
Muldcthal nahe bei Freiberg und bieten ein wahres Museum mächtiger che'<lb/>
Mischer Apparate, durch welche das Silber ausgeschieden und die damit ver¬<lb/>
bunden gewesenen anderen Metalle, namentlich das Blei, gereinigt werden-<lb/>
Der Fachmann findet hier reiche Gelegenheit zu fruchtbarem Studium, und<lb/>
der Laie eine Fülle interessanter Anschauungen. Wie anziehend ist es nicht<lb/>
zu sehen, wie das in Rost- und Schmelzöfen geläuterte edle Metall endlich<lb/>
seinen unedlen Geführten los wird und auf dem Treibherde seinen Silberblick<lb/>
feiert; wie man das geschmolzene Blei, das hartnäckig Silbertheilchen zurück¬<lb/>
hält, nach Pattinsons sinnreichen Verfahren durch Metallsiebe, welche die er¬<lb/>
starrenden, fast silberfreien Krystalle ausscheiden, dazu zwingt, sein Silber</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0160] des Schwarzenberger Reviers zwar große Lager guter Eisenerze besitzen, der Brennstoff aber bis jetzt zu theuer war, als daß man mit der mächtigen Eisen¬ erzeugung der Steinkohlenfluren zu wetteifern im Stande gewesen wäre. Die neue Eisenbahn von Zwickau nach Schwarzenberg wird hier von großem Se¬ gen sein. Die Zinnhütten finden sich, sieben an der Zahl, im östlichen Theil des Gebirgs. Der gesammte Zinnertrag Sachsens belief sich 1856 auf,25S2 Centner, wozu das altenberger Revier allein 2124 beitrug. Die Arsenik¬ hütten bereiteten 1 270 Centner Arsenikmchl, wobei wiederum das altenberger Revier das Meiste ergab. Die Blaufarbenwerke — das Erzgebirge hat de¬ ren zwei — lieferten aus den hauptsächlich bei Schneeberg gegrabenen Ko¬ balterzen gegen 5000 Centner Blaufarben aller Sorten und außerdem 16,490 Pfund Nickelmetall. Die Saigcrhütte bei Grünthal, welche das auf den frei- berger Hütten entstandene Schwarzkupfer entsilbert und in gediegen Kupfer verwandelt, stellt jährlich 1500 bis 2000 Centner dieses Metalles her und gewinnt dabei gegen 75 Pfund Feinsilber., Eine Zinkhütte zur Verwerthung der lange verachteten Zinkblende ist kürzlich bei Freiberg errichtet worden und wol schon jetzt in Thätigkeit. Die großartigsten metallurgischen Anstalten des Erzgebirges sind die Sil¬ berhütten in der Nähe von Freiberg. Seit die Antonshütte bei Schwarzen¬ berg wegen der verheerenden Wirkung ihres Rauchs aus die nahen Waldun¬ gen, das berühmte Amalgamirwerk zu Halsbrücke aber wegen unabstellbarer, seinem Betriebe anhaftender technischer UnVollkommenheiten in Ruhestand ver¬ setzt sind, kommen sämmtliche silberhaltige Erze aller erzgebirger Gruben aus den Muldehütten zur Verarbeitung. Diese Hütten sind Eigenthum des Staa¬ tes und schmelzen für eigene Rechnung die den Gruben taxmäßig vergüteten Erze aus. Der Silberbergbau genießt dadurch den werthvollen Vortheil des Großbetriebes, der mit geringeren Kosten arbeitet und im Stande ist, die Fortschritte der Wissenschaft auszubeuten. Die von dickem Qualm umhüllten, von mehr als 500 Arbeitern belebten Hüttenwerke, welche eine kleine Stadt aus Erzschuppen und Baulichkeiten mit Oefen aller Art darstellen, liegen im Muldcthal nahe bei Freiberg und bieten ein wahres Museum mächtiger che' Mischer Apparate, durch welche das Silber ausgeschieden und die damit ver¬ bunden gewesenen anderen Metalle, namentlich das Blei, gereinigt werden- Der Fachmann findet hier reiche Gelegenheit zu fruchtbarem Studium, und der Laie eine Fülle interessanter Anschauungen. Wie anziehend ist es nicht zu sehen, wie das in Rost- und Schmelzöfen geläuterte edle Metall endlich seinen unedlen Geführten los wird und auf dem Treibherde seinen Silberblick feiert; wie man das geschmolzene Blei, das hartnäckig Silbertheilchen zurück¬ hält, nach Pattinsons sinnreichen Verfahren durch Metallsiebe, welche die er¬ starrenden, fast silberfreien Krystalle ausscheiden, dazu zwingt, sein Silber

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/160
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/160>, abgerufen am 28.12.2024.