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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.

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Die picmontesische Armee, welche in dem bevorstehenden Kriege das Hauptwerk-
zeug für die Befreiung Italiens zu sein hätte, ist in den letzten Monaten mit dem
Aufgebot aller Kräfte verstärkt worden. Nahezu alle sardinischen Truppen sind zwischen
Turin, dem Ticino und Alessandria concentrirt; gegen 20,000 Mann stehn in erster
Linie zwischen Novara, Vercelli, Voghcra und Tortona, der Rest weiter rückwärts
bei Alessandria und Casale; der Schwerpunkt der piemontesischen Streitkräfte befindet
sich am rechten Poufcr, was zugleich auf die Absicht hinweist, welche Piemont hat,
seinen ersten Operationen die Richtung gegen die kleinen Herzogthümer zu geben.
Im. Friedensstand belief sich die Gesammtstärke der Militärmacht Piemonts im ver¬
flossenen Jahr auf 51,000 Mann, worunter gegen 32,000 Mann Linieninfanterie.
Diese Armee kann auf eine bedeutend größere Stärke gebracht werden, und ist in
der That auch schon erheblich vermehrt worden. Es sind bis jetzt, im Laufe des
Februar und März an 20,000 beurlaubte Soldaten unter die Fahnen gerufen worden,
so daß Piemont im gegenwärtigen Augenblick sicher wenigstens 70,000 Mann zu
einem Feldzug disponibel hat. Nebstdem sollen neue Rekrutencontingente gestellt,
und die Reserven, eine Art Landwehr, einberufen werden, was die Armee im Gan¬
zen noch um 30,000 bis 40,000 Mann verstärken und ermöglichen würde, die
reguläre Truppenmacht im Maximum aus 110—120,000 Mann zu bringen, wozu
noch die im Fall eines Krieges errichteten Freicorps und die zu mobilisirende National-
garde zu rechnen sein würde. Die schon im Frieden bestandenen Regimenter, wenn
sie auch durch viele junge Mannschaften ergänzt werden mußten, sind vollkommen
tüchtige, trefflich geschulte und verläßliche Truppen; die 40,000 Mann Linieninfanterie,
welche Piemont jetzt (die besonders vorzüglichen Bersaglicri mit einbegriffen) hat.
werden den Kern der Armee bilden und können mit Recht als sehr gute Soldaten
betrachtet werden. Weniger dürften die aus den Rekruten und den Reserven noch
neu zu errichtenden und theilweise schon in der Aufstellung begriffenen Bataillone
leisten, und noch weniger natürlich die Nationalgarten so wie die Freiwilligen, welche
im Fall eines Krieges zuströmen würden; denn, ein so guter Soldat der Italiener
in einer regulären Armee ist, wie er sich denn auch als solcher in der östreichischen
sowol als in der piemontesischen Armee bewährt, so schlecht verwendbar zeigt er sich
als irregulärer Soldat in den Freicorps, in welche er gern und leicht eintritt^ sich
aber dort für nicht gebunden durch die Disciplin und für nicht verpflichtet hält,
den Kanonenkugeln Stich zu halten. Die Erfahrungen mit den Crociati und dem
lombardischen Freicorps bewiesen dies im Jahre 1848 für die jetzige Generation
ziemlich unumstößlich. Die Freicorps, welche sich bis jetzt unter Garibaldi und an¬
dern in Piemont gebildet haben, belaufen sich erst auf die Stärke von 2500 Mann;
diese sind zumeist junge Leute, aus den kleinen Herzogthümern, Parma, Modena,
so wie aus Toscana herübergekommen , dann sardinische Unterthanen selbst, welche
den weniger strengen Dienst in den Freicorps der Einreihung in die Linie vorziehen,
und endlich etwa 300—400 Lombarden, die theils, um nicht zum activen Militär¬
dienst einrücken zu müssen, über die Grenze gingen, theils den bessern Ständen an¬
gehörende junge Männer sind, die den sehnlich und sicher erwarteten Krieg als Frei¬
willige mitzumachen wünschen. — Was die übrigen Bestandtheile der piemontesischen
Armee betrifft, so wird ihre Eavalerie als nicht besonders ausgezeichnet geschildert.
Die Artillerie dagegen ist vorzüglich, insbesondere wird das Material derselben gelobt;


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/44>, abgerufen am 01.01.2025.