Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.zu sondern, dem wird manches Räthsel der modernen Zeit noch sich lösen, Die ältere Zeit, wie auch noch die eben besprochene, bedienten sich neben¬ Grenzlioten II. 13os. 52
zu sondern, dem wird manches Räthsel der modernen Zeit noch sich lösen, Die ältere Zeit, wie auch noch die eben besprochene, bedienten sich neben¬ Grenzlioten II. 13os. 52
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0419" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107466"/> <p xml:id="ID_1251" prev="#ID_1250"> zu sondern, dem wird manches Räthsel der modernen Zeit noch sich lösen,<lb/> das der geistigen Demuth und dem geistlichen Hochmuth unserer Tage fast<lb/> unlösbar geworden zu sein scheint. — Ich sehe sie förmlich bereits die Köpfe<lb/> wiegen und zusammenstecken bei der Überschrift; was werden sie nun gar bei<lb/> den Eingangsworten selbst denken und thun! Unbesorgt, ihr Herren, diesmal<lb/> handelt es sich in der That nur um den Mantel und den Bart, welchen die<lb/> bildende Kunst den Verkündern und den Vorläufern des Christenthums, seit<lb/> sie sich die persönliche Darstellung überhaupt gestattete, beigelegt hat.<lb/> Die wackern Künstler unsrer Tage, die Fastenprediger mit dem Pinsel statt<lb/> mit dem Kreuze in der Hand, wie Goethe sie bezeichnete, sie haben die.Apo-<lb/> stel natürlich in keinem andern Costüm uns vorgeführt, als in dem eben<lb/> geschilderten, in welchem wir sie bereits in den altchristlichen Kirchen<lb/> Roms und den gleichzeitigen Bauwerken Ravennas im fünften Jahrhundert<lb/> antreffen. Freilich von dem Typus der spätern Zeiten, dem auffallend ver-<lb/> schiedenen Alter, den ziemlich feststehenden Physiognomien ist hier noch keine<lb/> Rede und es bleibt selbst noch mehr als zweifelhaft, ob der Schlüssel in des<lb/> Petrus, die Schriftrolle in des Paulus Hand, wie wir sie vereinzelt in einer<lb/> ravennatischen Kirche antreffen, noch dieser frühen Zeit angehören, oder ob<lb/> sie nicht vielleicht eine später eingeschmuggelte römische Zuthat zu den streng<lb/> antik gehaltenen Gestalten sind. Bescheidenerweise beliebten die Verfertiger<lb/> damals noch in Ermangelung der nöthigen Charakteristik und der erst später<lb/> erfundenen Symbole der einzelnen Persönlichkeiten jedem Einzelnen der Apostel<lb/> seinen Namen beizusetzen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1252" next="#ID_1253"> Die ältere Zeit, wie auch noch die eben besprochene, bedienten sich neben¬<lb/> bei als Symbol zur Bezeichnung der Apostel der Lämmer, wie ja auch ihr<lb/> Herr und Meister unter diesem Bilde mit dem Kreuz oder der Fahne geschmückt<lb/> dargestellt wurde. Als Lämmer finden wir sie besonders häusig in dem halb¬<lb/> runden Ausbau an der Hinterwand der altchristlichen Kirchen, welcher aus<lb/> dem römischen Gotteshaus und dem antiken Grabtempel auch in den christ¬<lb/> lichen Tempel übergegangen war. Dem Opfer der christlichen Kirche, Christus<lb/> selbst, durften selbstverständlich auch die Begleiter desselben nicht fehlen; auch<lb/> sie waren ja nach den Begriffen der Zeit als Opfer für die Erlösung der<lb/> Menschheit gefallen. Daher gebührte ihnen, wie Christus selbst, auch ein<lb/> Ehrenplatz in der antiken Grabnische, der f. g. Apsis der christlichen Kirche<lb/> und zwar höchst bezeichnend unter dem Bilde des Opferlammes, so gut wie<lb/> später dem sarkophagartig gestalteten Altar mit dem Leib und Blut Christi<lb/> auf, und den Gebeinen der Märtyrer innerhalb oder unterhalb desselben. Da¬<lb/> her tragen die Apostel in der älteren Zeit bei ihrer persönlichen Darstellung<lb/> auch nur Kronen oder Palmen in den Händen oder wandeln wenigstens unter<lb/> Palmbäumen als Zeichen ihres Sieges über die Welt, denn als solchen wollen</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzlioten II. 13os. 52</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0419]
zu sondern, dem wird manches Räthsel der modernen Zeit noch sich lösen,
das der geistigen Demuth und dem geistlichen Hochmuth unserer Tage fast
unlösbar geworden zu sein scheint. — Ich sehe sie förmlich bereits die Köpfe
wiegen und zusammenstecken bei der Überschrift; was werden sie nun gar bei
den Eingangsworten selbst denken und thun! Unbesorgt, ihr Herren, diesmal
handelt es sich in der That nur um den Mantel und den Bart, welchen die
bildende Kunst den Verkündern und den Vorläufern des Christenthums, seit
sie sich die persönliche Darstellung überhaupt gestattete, beigelegt hat.
Die wackern Künstler unsrer Tage, die Fastenprediger mit dem Pinsel statt
mit dem Kreuze in der Hand, wie Goethe sie bezeichnete, sie haben die.Apo-
stel natürlich in keinem andern Costüm uns vorgeführt, als in dem eben
geschilderten, in welchem wir sie bereits in den altchristlichen Kirchen
Roms und den gleichzeitigen Bauwerken Ravennas im fünften Jahrhundert
antreffen. Freilich von dem Typus der spätern Zeiten, dem auffallend ver-
schiedenen Alter, den ziemlich feststehenden Physiognomien ist hier noch keine
Rede und es bleibt selbst noch mehr als zweifelhaft, ob der Schlüssel in des
Petrus, die Schriftrolle in des Paulus Hand, wie wir sie vereinzelt in einer
ravennatischen Kirche antreffen, noch dieser frühen Zeit angehören, oder ob
sie nicht vielleicht eine später eingeschmuggelte römische Zuthat zu den streng
antik gehaltenen Gestalten sind. Bescheidenerweise beliebten die Verfertiger
damals noch in Ermangelung der nöthigen Charakteristik und der erst später
erfundenen Symbole der einzelnen Persönlichkeiten jedem Einzelnen der Apostel
seinen Namen beizusetzen.
Die ältere Zeit, wie auch noch die eben besprochene, bedienten sich neben¬
bei als Symbol zur Bezeichnung der Apostel der Lämmer, wie ja auch ihr
Herr und Meister unter diesem Bilde mit dem Kreuz oder der Fahne geschmückt
dargestellt wurde. Als Lämmer finden wir sie besonders häusig in dem halb¬
runden Ausbau an der Hinterwand der altchristlichen Kirchen, welcher aus
dem römischen Gotteshaus und dem antiken Grabtempel auch in den christ¬
lichen Tempel übergegangen war. Dem Opfer der christlichen Kirche, Christus
selbst, durften selbstverständlich auch die Begleiter desselben nicht fehlen; auch
sie waren ja nach den Begriffen der Zeit als Opfer für die Erlösung der
Menschheit gefallen. Daher gebührte ihnen, wie Christus selbst, auch ein
Ehrenplatz in der antiken Grabnische, der f. g. Apsis der christlichen Kirche
und zwar höchst bezeichnend unter dem Bilde des Opferlammes, so gut wie
später dem sarkophagartig gestalteten Altar mit dem Leib und Blut Christi
auf, und den Gebeinen der Märtyrer innerhalb oder unterhalb desselben. Da¬
her tragen die Apostel in der älteren Zeit bei ihrer persönlichen Darstellung
auch nur Kronen oder Palmen in den Händen oder wandeln wenigstens unter
Palmbäumen als Zeichen ihres Sieges über die Welt, denn als solchen wollen
Grenzlioten II. 13os. 52
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