Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.daß es so leicht ist? Ich habe Recht auf das Vertrauen Europas, und ich Die Cholera endigte die Regierung dieses energischen Ministers (16. Mai Eine Ergänzung des Cabinets war nothwendig; man dachte zunächst an Soult übernahm das Präsidium, der Herzog v. Broglie, dem das daß es so leicht ist? Ich habe Recht auf das Vertrauen Europas, und ich Die Cholera endigte die Regierung dieses energischen Ministers (16. Mai Eine Ergänzung des Cabinets war nothwendig; man dachte zunächst an Soult übernahm das Präsidium, der Herzog v. Broglie, dem das <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0038" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107085"/> <p xml:id="ID_91" prev="#ID_90"> daß es so leicht ist? Ich habe Recht auf das Vertrauen Europas, und ich<lb/> habe darauf gerechnet." „Ich sehe noch immer." erzählte später Pozzo ti<lb/> Borg», „diese große Gestalt in dem flatternden Schlafrock, den Kopf in ein<lb/> rothes Tuch gehüllt, wie sie mit feurigem Zornblick auf uns zuschritt." — Es<lb/> war bekanntlich gegen den heftigsten Protest des Papstes, daß die Franzosen<lb/> Ancona besetzten; aber damals fügte sich Oestreich.</p><lb/> <p xml:id="ID_92"> Die Cholera endigte die Regierung dieses energischen Ministers (16. Mai<lb/> 1832); als ein Hofmann gleich darauf in Gegenwart des Königs über diese<lb/> Krankheit jammerte : et guckte xerte yue cetis as N. ?erierl setzte jener hin¬<lb/> zu: ja wol, und die arme Frau von ChamMtreux! — Noch jetzt gönnte er<lb/> seinem Despoten nicht diese Folie. — Der König, erzählt Guizot, gab viel<lb/> auf die öffentliche Meinung, und wollte sich derselben gern als die Seele der<lb/> Regierung darstellen. Seine Eindrücke waren sehr lebhaft, seine Zunge vor¬<lb/> schnell, und er glaubte, das Publicum sei ungerecht gegen ihn. Wenn er<lb/> seine Ansichten opferte, wollte er wenigstens das Verdienst seines Opfers<lb/> haben, das Land sollte wissen, was es ihm schuldig sei. Für diese Stim¬<lb/> mung ist die konstitutionelle Regierungsform sehr unbequem; auch wenn der<lb/> König wirklich das Ganze leitet, treten doch nur seine Minister auf die Bühne,<lb/> aller Augen sind nur auf sie gerichtet. Wenn die Sicherheit des Thrones<lb/> dabei gewinnt, so leidet oft die Eigenliebe des Fürsten darunter, dann reibt<lb/> sich Eigenliebe an Eigenliebe, und das Gefühl der Ungerechtigkeit und des<lb/> Undanks wird um so stärker, wenn der Fürst glaubt, den Ideen der allge¬<lb/> meinen Meinung näher zu stehen als seine Minister. Daraus ergaben sich<lb/> manche Widersprüche. Einige Zeit nach dem Tode P6riers, als der Aufstand<lb/> vom 6. Juni unterdrückt war, begab sich eine Deputation zum König, um<lb/> ihn zu einer Umgestaltung des Ministeriums im liberalen Sinn zu bestimmen.<lb/> Er wurde sehr heftig, und stellte die ganze bisherige Politik als sein eignes<lb/> Werk dar; eine Eitelkeit, die später sehr üble Folgen für ihn hatte.</p><lb/> <p xml:id="ID_93"> Eine Ergänzung des Cabinets war nothwendig; man dachte zunächst an<lb/> Talleyrand. Dieser weigerte sich, nach Guizots Ansicht mit Recht. I^es<lb/> äixlomates out le xriviloM cle graiiZir aux z^eux ac leur xa^s sans avoir<lb/> poM 1<z xoiäs ac öff 6xreuvss iuterieures. AIs Guizot 1,848 mit Metter-<lb/> nich in London zusammentraf, forderte er ihn auf, ihm die Möglichkeit einer<lb/> Revolution in Oestreich zu erklären; mit einer Mischung von Stolz und<lb/> Traurigkeit erwiederte der Fürst: Europa habe ich zuweilen regiert; Oestreich<lb/> niemals!</p><lb/> <p xml:id="ID_94" next="#ID_95"> Soult übernahm das Präsidium, der Herzog v. Broglie, dem das<lb/> Auswärtige bestimmt war, wollte nicht ohne Guizot eintreten; lange und<lb/> heftig sträubte man sich gegen die UnPopularität dieses Ministers; endlich<lb/> einigte man sich dahin, ihm den öffentlichen Unterricht anzuvertrauen, wofür</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0038]
daß es so leicht ist? Ich habe Recht auf das Vertrauen Europas, und ich
habe darauf gerechnet." „Ich sehe noch immer." erzählte später Pozzo ti
Borg», „diese große Gestalt in dem flatternden Schlafrock, den Kopf in ein
rothes Tuch gehüllt, wie sie mit feurigem Zornblick auf uns zuschritt." — Es
war bekanntlich gegen den heftigsten Protest des Papstes, daß die Franzosen
Ancona besetzten; aber damals fügte sich Oestreich.
Die Cholera endigte die Regierung dieses energischen Ministers (16. Mai
1832); als ein Hofmann gleich darauf in Gegenwart des Königs über diese
Krankheit jammerte : et guckte xerte yue cetis as N. ?erierl setzte jener hin¬
zu: ja wol, und die arme Frau von ChamMtreux! — Noch jetzt gönnte er
seinem Despoten nicht diese Folie. — Der König, erzählt Guizot, gab viel
auf die öffentliche Meinung, und wollte sich derselben gern als die Seele der
Regierung darstellen. Seine Eindrücke waren sehr lebhaft, seine Zunge vor¬
schnell, und er glaubte, das Publicum sei ungerecht gegen ihn. Wenn er
seine Ansichten opferte, wollte er wenigstens das Verdienst seines Opfers
haben, das Land sollte wissen, was es ihm schuldig sei. Für diese Stim¬
mung ist die konstitutionelle Regierungsform sehr unbequem; auch wenn der
König wirklich das Ganze leitet, treten doch nur seine Minister auf die Bühne,
aller Augen sind nur auf sie gerichtet. Wenn die Sicherheit des Thrones
dabei gewinnt, so leidet oft die Eigenliebe des Fürsten darunter, dann reibt
sich Eigenliebe an Eigenliebe, und das Gefühl der Ungerechtigkeit und des
Undanks wird um so stärker, wenn der Fürst glaubt, den Ideen der allge¬
meinen Meinung näher zu stehen als seine Minister. Daraus ergaben sich
manche Widersprüche. Einige Zeit nach dem Tode P6riers, als der Aufstand
vom 6. Juni unterdrückt war, begab sich eine Deputation zum König, um
ihn zu einer Umgestaltung des Ministeriums im liberalen Sinn zu bestimmen.
Er wurde sehr heftig, und stellte die ganze bisherige Politik als sein eignes
Werk dar; eine Eitelkeit, die später sehr üble Folgen für ihn hatte.
Eine Ergänzung des Cabinets war nothwendig; man dachte zunächst an
Talleyrand. Dieser weigerte sich, nach Guizots Ansicht mit Recht. I^es
äixlomates out le xriviloM cle graiiZir aux z^eux ac leur xa^s sans avoir
poM 1<z xoiäs ac öff 6xreuvss iuterieures. AIs Guizot 1,848 mit Metter-
nich in London zusammentraf, forderte er ihn auf, ihm die Möglichkeit einer
Revolution in Oestreich zu erklären; mit einer Mischung von Stolz und
Traurigkeit erwiederte der Fürst: Europa habe ich zuweilen regiert; Oestreich
niemals!
Soult übernahm das Präsidium, der Herzog v. Broglie, dem das
Auswärtige bestimmt war, wollte nicht ohne Guizot eintreten; lange und
heftig sträubte man sich gegen die UnPopularität dieses Ministers; endlich
einigte man sich dahin, ihm den öffentlichen Unterricht anzuvertrauen, wofür
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