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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.

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haben sich mit ihren Beschwerden an die Landesvertretung gewendet und
haben dort eine so günstige Ausnahme gefunden, daß die Petitionen sowol in
den Commissionen wie in den Plenarsitzungen der Staatsregierung einstimmig
-- wie dies durch die Präsidenten constatirt worden ist --zur Berücksichtigung
überwiesen worden sind.

Und in der That, Abhilfe ist dringend nothwendig. Mit bitterem Ge¬
fühle muß mau in englischen Blättern lesen:


Kein Fluß, den wir kennen, hat dasselbe Maß der Mißhandlung zu -
erdulden gehabt, wie die Elbe. Dieser edle Fluß, der in den Gebirgen
Böhmens entspringt und eine treffliche Verbindung bildet zwischen den
reichen Ländern in dem Herzen Deutschlands und dem Ocean, welcher
den deutschen Namen führt, scheint dazu ausgewählt zu sein, um den
Beweis zu führen, was der Mensch zu leisten vermag, wenn es gilt,
mittelst der ärmlichsten Künste und jämmerlichsten Aushilfen den wohl¬
thätigen Ansichten des Schöpfers entgegenzuwirken.

Und anderwärts:


Wie aber ist es möglich, wird mau nun fragen, daß, wenn die
Höfe von Berlin. Dresden und Wien mit Hamburg im Verein gegen
diese Zölle Einsprache erheben, welche den Handel von dem Flusse ver¬
treiben, der seit Jahrhunderten bis nach Böhmen hinein vorgedrungen
ist, wie kann es geschehen, daß unter solchen Umständen diese ver¬
derblichen Abgaben beibehalten werden können? Weil -- antworten
wir. mit der Verwunderung, mit welcher das Publicum in England
diese Antwort aufnehmen wird -- weil vermöge einer nach Maßgabe
des wiener Vertrages unter den Uferstaaten abgeschlossenen Convention
Einstimmigkeit nöthig ist, um eine Abänderung zu bewirken und Han¬
nover und Mecklenburg selbstsüchtigerwcise ihre Zustimmung zu dem
Vorschlage verweigern, über den sich die Mehrheit der Staaten ver¬
ständigt hat. Bevor wir aber näher auf eine Sache eingehen, welche
lebhaft darthut, wie die wahren Interessen Deutschlands seiner ab¬
surden politischen Spaltung geopfert werden, erlauben wir uns zu
fragen, was Lord Malinesbutt) in Bezug auf den Staber Zoll thut ze.

Solchen mißachtenden Aeußerungen des Auslandes gegenüber, die in so
herber Weise unterstellen, daß hier deutsche Ehre und Wohl gefährdet werden,
nur um den eigenen Säckel zu füllen, und besonders in Anerkennung der
schweren Folgen, welche es für einen großen Theil des preußischen und deut¬
schen Vaterlandes uach sich ziehen muß. wenn die jetzigen Elbzölle eine den
Verhältnissen und den Verträgen entsprechende Ermäßigung nicht finden, ist es
gewiß Pflicht für jeden, welchem das Wohl des Vaterlandes zu wahren und zu
fördern obliegt, so weit an ihm ist, aufBeseitigung diesesUebclstandes hinzuwirken.




haben sich mit ihren Beschwerden an die Landesvertretung gewendet und
haben dort eine so günstige Ausnahme gefunden, daß die Petitionen sowol in
den Commissionen wie in den Plenarsitzungen der Staatsregierung einstimmig
— wie dies durch die Präsidenten constatirt worden ist —zur Berücksichtigung
überwiesen worden sind.

Und in der That, Abhilfe ist dringend nothwendig. Mit bitterem Ge¬
fühle muß mau in englischen Blättern lesen:


Kein Fluß, den wir kennen, hat dasselbe Maß der Mißhandlung zu -
erdulden gehabt, wie die Elbe. Dieser edle Fluß, der in den Gebirgen
Böhmens entspringt und eine treffliche Verbindung bildet zwischen den
reichen Ländern in dem Herzen Deutschlands und dem Ocean, welcher
den deutschen Namen führt, scheint dazu ausgewählt zu sein, um den
Beweis zu führen, was der Mensch zu leisten vermag, wenn es gilt,
mittelst der ärmlichsten Künste und jämmerlichsten Aushilfen den wohl¬
thätigen Ansichten des Schöpfers entgegenzuwirken.

Und anderwärts:


Wie aber ist es möglich, wird mau nun fragen, daß, wenn die
Höfe von Berlin. Dresden und Wien mit Hamburg im Verein gegen
diese Zölle Einsprache erheben, welche den Handel von dem Flusse ver¬
treiben, der seit Jahrhunderten bis nach Böhmen hinein vorgedrungen
ist, wie kann es geschehen, daß unter solchen Umständen diese ver¬
derblichen Abgaben beibehalten werden können? Weil — antworten
wir. mit der Verwunderung, mit welcher das Publicum in England
diese Antwort aufnehmen wird — weil vermöge einer nach Maßgabe
des wiener Vertrages unter den Uferstaaten abgeschlossenen Convention
Einstimmigkeit nöthig ist, um eine Abänderung zu bewirken und Han¬
nover und Mecklenburg selbstsüchtigerwcise ihre Zustimmung zu dem
Vorschlage verweigern, über den sich die Mehrheit der Staaten ver¬
ständigt hat. Bevor wir aber näher auf eine Sache eingehen, welche
lebhaft darthut, wie die wahren Interessen Deutschlands seiner ab¬
surden politischen Spaltung geopfert werden, erlauben wir uns zu
fragen, was Lord Malinesbutt) in Bezug auf den Staber Zoll thut ze.

Solchen mißachtenden Aeußerungen des Auslandes gegenüber, die in so
herber Weise unterstellen, daß hier deutsche Ehre und Wohl gefährdet werden,
nur um den eigenen Säckel zu füllen, und besonders in Anerkennung der
schweren Folgen, welche es für einen großen Theil des preußischen und deut¬
schen Vaterlandes uach sich ziehen muß. wenn die jetzigen Elbzölle eine den
Verhältnissen und den Verträgen entsprechende Ermäßigung nicht finden, ist es
gewiß Pflicht für jeden, welchem das Wohl des Vaterlandes zu wahren und zu
fördern obliegt, so weit an ihm ist, aufBeseitigung diesesUebclstandes hinzuwirken.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/322>, abgerufen am 22.12.2024.