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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.

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rungsmaßregcln sein werde. Freilich dachten dabei die Meisten an Iülich-
Berg. Nicht umsonst, meinte Grumbkow. habe der jetzige König eine statte
Armee und einen reichen Schatz gesammelt. Es müsse nun Einer kommen, der
diese beiden Stützen benutze. So wußte man auch, daß der Prinz zu dem Grafen
Schulenburg, der ihm beigegeben war. geäußert hatte, man müsse mit einem
Hauptschlag beginnen, wenn man den Schauplatz betrete -- alles Anzeichen
genug, daß der junge König mehr die Krieger als die Verwaltungsmänner
brauchen werde. Solche Gedanken und Aussichten in die Zukunft schienen
völlig gerechtfertigt. Friedrich Wilhelm war sehr kränklich und versprach kein
langes Leben. Dabei wurde er immer schwerer zu behandeln und Grumbkow
fühlte allmälig den Boden unter seinen Füßen schwinden. Zwar ehrte ihn
der König noch 1733 durch seine Ernennung zum General der Infanterie und
verlieh ihm 1737 sogar die Würde eines Feldmarschalls und Erbjägermeisters
des Herzogtums Pommern, doch trafen ihn auch manche Kränkungen. Sein
jüngerer Bruder, der Oberpräsident von Pommern war, erhielt den schwarzen
Adlerorden, er selbst aber trachtete vergebens nach dieser höchsten Auszeichnung.
Den König mochte das richtige Gefühl leiten, daß der beste Gesellschafter und
schlauste Rathgeber nicht immer der größten Ehre würdig sei. Dazu kam,
daß er 1733 von einer heftigen Krankheit in Folge eines Wetttrinkens mit
dem König von Polen befallen wurde, zu dem er geschickt war, um über eine
Theilung dieses Landes zu verhandeln. Jeder wollte dem andern im Rausch
seine Geheimnisse entlocken, doch erreichten sie beide bei gleicher Befähigung
ihre Zwecke nicht. Wol aber starb der König bald darauf an den Folgen
und Grumbkow kränkelte seitdem immer.*)

Vielleicht hätte er sich gern zu jener Zeit zurückgezogen, aber er konnte
nicht mehr. Wenn alle jene Hofintriguen auch stets mehr und mehr in's
Kleinliche sielen, so waren sie doch sein Lebenselement, denn er schöpfte aus
ihnen die Mittel, in seiner ewigen Geldverlegenheit von Zeit zu Zeit aufzu-
athmen. Der Gegenstand der Intriguen war in den letzten Lebensjahren
Friedrich Wilhelms der Kampf des östreichischen und französischen Einflusses.
Seit Seckendorsfs Weggang war Grumbkow zu vereinzelt, um die östreichischen
Interessen noch vollständig wahren zu können. Zwar hatte er sich mit der
Königin und der Prinzessin von Baireuth wieder auf einen erträglichen Fuß
gestellt, allein sowol die steigende Macht seiner Rivalen, als auch der nicht
mehr zu besänftigende Unwille des Königs erschwerten ihm die Aufgabe zu
sehr. Da nun zu gleicher Zeit die kaiserliche Pension bei weitem nicht für
seine Bedürfnisse ausreichte, verschmähte er nicht, sich vom französischen Ge¬
sandten überzeugen und gegen die anständige Summe von 14,000 Thalern



') s. Friedrich II. mon. as LiÄuclsb. v, Jahr 1733.

rungsmaßregcln sein werde. Freilich dachten dabei die Meisten an Iülich-
Berg. Nicht umsonst, meinte Grumbkow. habe der jetzige König eine statte
Armee und einen reichen Schatz gesammelt. Es müsse nun Einer kommen, der
diese beiden Stützen benutze. So wußte man auch, daß der Prinz zu dem Grafen
Schulenburg, der ihm beigegeben war. geäußert hatte, man müsse mit einem
Hauptschlag beginnen, wenn man den Schauplatz betrete — alles Anzeichen
genug, daß der junge König mehr die Krieger als die Verwaltungsmänner
brauchen werde. Solche Gedanken und Aussichten in die Zukunft schienen
völlig gerechtfertigt. Friedrich Wilhelm war sehr kränklich und versprach kein
langes Leben. Dabei wurde er immer schwerer zu behandeln und Grumbkow
fühlte allmälig den Boden unter seinen Füßen schwinden. Zwar ehrte ihn
der König noch 1733 durch seine Ernennung zum General der Infanterie und
verlieh ihm 1737 sogar die Würde eines Feldmarschalls und Erbjägermeisters
des Herzogtums Pommern, doch trafen ihn auch manche Kränkungen. Sein
jüngerer Bruder, der Oberpräsident von Pommern war, erhielt den schwarzen
Adlerorden, er selbst aber trachtete vergebens nach dieser höchsten Auszeichnung.
Den König mochte das richtige Gefühl leiten, daß der beste Gesellschafter und
schlauste Rathgeber nicht immer der größten Ehre würdig sei. Dazu kam,
daß er 1733 von einer heftigen Krankheit in Folge eines Wetttrinkens mit
dem König von Polen befallen wurde, zu dem er geschickt war, um über eine
Theilung dieses Landes zu verhandeln. Jeder wollte dem andern im Rausch
seine Geheimnisse entlocken, doch erreichten sie beide bei gleicher Befähigung
ihre Zwecke nicht. Wol aber starb der König bald darauf an den Folgen
und Grumbkow kränkelte seitdem immer.*)

Vielleicht hätte er sich gern zu jener Zeit zurückgezogen, aber er konnte
nicht mehr. Wenn alle jene Hofintriguen auch stets mehr und mehr in's
Kleinliche sielen, so waren sie doch sein Lebenselement, denn er schöpfte aus
ihnen die Mittel, in seiner ewigen Geldverlegenheit von Zeit zu Zeit aufzu-
athmen. Der Gegenstand der Intriguen war in den letzten Lebensjahren
Friedrich Wilhelms der Kampf des östreichischen und französischen Einflusses.
Seit Seckendorsfs Weggang war Grumbkow zu vereinzelt, um die östreichischen
Interessen noch vollständig wahren zu können. Zwar hatte er sich mit der
Königin und der Prinzessin von Baireuth wieder auf einen erträglichen Fuß
gestellt, allein sowol die steigende Macht seiner Rivalen, als auch der nicht
mehr zu besänftigende Unwille des Königs erschwerten ihm die Aufgabe zu
sehr. Da nun zu gleicher Zeit die kaiserliche Pension bei weitem nicht für
seine Bedürfnisse ausreichte, verschmähte er nicht, sich vom französischen Ge¬
sandten überzeugen und gegen die anständige Summe von 14,000 Thalern



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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_266356/391>, abgerufen am 26.07.2024.