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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.

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Die Rechtsfrage über die Dauer des geistigen Eigenthums.

Das literarisch-artistische Eigenthum hat auf dem eben abgehaltenen inter¬
nationalen Congreß zu Brüssel nunmehr die umfassendsten Garantien für seinen
Schutz erhalten. Fast von allen europäischen, so wie von den Vereinigten
Staaten Nordamerikas sind Vertreter dort gewesen und haben die Bereit¬
willigkeit ihrer Regierungen zur gesetzlichen Durchführung der Beschlüsse des
Congresses zugesagt oder doch in Aussicht gestellt. Das geistige Eigenthum
hat somit gegründete Aussicht aus die Anerkennung der gesammten civilisirten
Welt und wird durch die von allen Staaten zu erwartende Gleichmäßigkeit
der zu seinem Schutz zu treffenden rechtlichen Bestimmungen günstiger gestellt
werden, als es bis dahin einem andern Institut des Privatrechts zu Theil
o ,orden -- es wird nunmehr einen gleichsam völkerrechtlichen Charakter er¬
halten. Wir begrüßen diese Einigung der civilisirten Welt als einen weitern
Beleg für die fortschreitende Cultur unseres Jahrhunderts; wir erblicken darin
eine sichere Garantie, daß nun auch für die übrigen Institute von internatio¬
naler Bedeutung, vorab für den Handel, eine gleich allgemeine rechtliche Be¬
handlung möglich sein werde.

An den Regierungen der Einzelstaaten wird es jetzt sein, die Beschlüsse
des Congresses auf gesetzlichem Wege zur Ausführung zu bringen, oder etwa
noch aufsteigende Bedenken durch Verhandlungen unter sich auszugleichen.
Nicht weniger hat aber auch die Presse der Einzelstaaten das Rechet und die
Pflicht, die Bedeutung und Tragweite dieser Beschlüsse vor das Forum ihrer
nationalen Rechtsanschauung zu ziehn und etwaige Zweifel über ihre Zu-
lässigkeit zu constatiren oder zu beseitigen. Wir glauben wenigstens nur dieser
Pflicht zu genügen, wenn wir hier einmal die Frage über die Dauer des
geistigen Eigenthums einer nochmaligen Prüfung unterwerfen. Bekanntlich
hat eine Minorität auf dem Congreß mit äußerster Anstrengung das Princip
vertheidigt, den Rechten der Schriftsteller und Künstler an ihren geistigen Er¬
zeugnissen müsse eine ewige Dauer zugestanden werden, während die Majo-


Grmzbotcn IV. 18SS. 26
Die Rechtsfrage über die Dauer des geistigen Eigenthums.

Das literarisch-artistische Eigenthum hat auf dem eben abgehaltenen inter¬
nationalen Congreß zu Brüssel nunmehr die umfassendsten Garantien für seinen
Schutz erhalten. Fast von allen europäischen, so wie von den Vereinigten
Staaten Nordamerikas sind Vertreter dort gewesen und haben die Bereit¬
willigkeit ihrer Regierungen zur gesetzlichen Durchführung der Beschlüsse des
Congresses zugesagt oder doch in Aussicht gestellt. Das geistige Eigenthum
hat somit gegründete Aussicht aus die Anerkennung der gesammten civilisirten
Welt und wird durch die von allen Staaten zu erwartende Gleichmäßigkeit
der zu seinem Schutz zu treffenden rechtlichen Bestimmungen günstiger gestellt
werden, als es bis dahin einem andern Institut des Privatrechts zu Theil
o ,orden — es wird nunmehr einen gleichsam völkerrechtlichen Charakter er¬
halten. Wir begrüßen diese Einigung der civilisirten Welt als einen weitern
Beleg für die fortschreitende Cultur unseres Jahrhunderts; wir erblicken darin
eine sichere Garantie, daß nun auch für die übrigen Institute von internatio¬
naler Bedeutung, vorab für den Handel, eine gleich allgemeine rechtliche Be¬
handlung möglich sein werde.

An den Regierungen der Einzelstaaten wird es jetzt sein, die Beschlüsse
des Congresses auf gesetzlichem Wege zur Ausführung zu bringen, oder etwa
noch aufsteigende Bedenken durch Verhandlungen unter sich auszugleichen.
Nicht weniger hat aber auch die Presse der Einzelstaaten das Rechet und die
Pflicht, die Bedeutung und Tragweite dieser Beschlüsse vor das Forum ihrer
nationalen Rechtsanschauung zu ziehn und etwaige Zweifel über ihre Zu-
lässigkeit zu constatiren oder zu beseitigen. Wir glauben wenigstens nur dieser
Pflicht zu genügen, wenn wir hier einmal die Frage über die Dauer des
geistigen Eigenthums einer nochmaligen Prüfung unterwerfen. Bekanntlich
hat eine Minorität auf dem Congreß mit äußerster Anstrengung das Princip
vertheidigt, den Rechten der Schriftsteller und Künstler an ihren geistigen Er¬
zeugnissen müsse eine ewige Dauer zugestanden werden, während die Majo-


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[0209] Die Rechtsfrage über die Dauer des geistigen Eigenthums. Das literarisch-artistische Eigenthum hat auf dem eben abgehaltenen inter¬ nationalen Congreß zu Brüssel nunmehr die umfassendsten Garantien für seinen Schutz erhalten. Fast von allen europäischen, so wie von den Vereinigten Staaten Nordamerikas sind Vertreter dort gewesen und haben die Bereit¬ willigkeit ihrer Regierungen zur gesetzlichen Durchführung der Beschlüsse des Congresses zugesagt oder doch in Aussicht gestellt. Das geistige Eigenthum hat somit gegründete Aussicht aus die Anerkennung der gesammten civilisirten Welt und wird durch die von allen Staaten zu erwartende Gleichmäßigkeit der zu seinem Schutz zu treffenden rechtlichen Bestimmungen günstiger gestellt werden, als es bis dahin einem andern Institut des Privatrechts zu Theil o ,orden — es wird nunmehr einen gleichsam völkerrechtlichen Charakter er¬ halten. Wir begrüßen diese Einigung der civilisirten Welt als einen weitern Beleg für die fortschreitende Cultur unseres Jahrhunderts; wir erblicken darin eine sichere Garantie, daß nun auch für die übrigen Institute von internatio¬ naler Bedeutung, vorab für den Handel, eine gleich allgemeine rechtliche Be¬ handlung möglich sein werde. An den Regierungen der Einzelstaaten wird es jetzt sein, die Beschlüsse des Congresses auf gesetzlichem Wege zur Ausführung zu bringen, oder etwa noch aufsteigende Bedenken durch Verhandlungen unter sich auszugleichen. Nicht weniger hat aber auch die Presse der Einzelstaaten das Rechet und die Pflicht, die Bedeutung und Tragweite dieser Beschlüsse vor das Forum ihrer nationalen Rechtsanschauung zu ziehn und etwaige Zweifel über ihre Zu- lässigkeit zu constatiren oder zu beseitigen. Wir glauben wenigstens nur dieser Pflicht zu genügen, wenn wir hier einmal die Frage über die Dauer des geistigen Eigenthums einer nochmaligen Prüfung unterwerfen. Bekanntlich hat eine Minorität auf dem Congreß mit äußerster Anstrengung das Princip vertheidigt, den Rechten der Schriftsteller und Künstler an ihren geistigen Er¬ zeugnissen müsse eine ewige Dauer zugestanden werden, während die Majo- Grmzbotcn IV. 18SS. 26

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_266356/209>, abgerufen am 26.07.2024.