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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.

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Die heutige Geld- und Handelskrisis.
i.

Wer die heutige Geld- und Handelskrisis auch uur annähernd ausführ¬
lich besprechen will, dem bitten sich eine solche Anzahl der verschiedenartigsten
Gesichtspunkte, daß es ihm schwer fällt, sich zu entscheiden, womit er
beginnen soll. Die Frage über die Natur und das Wesen des Geldes,
über dessen Beziehungen zu deu edeln Metallen und speciell zu deu neuer¬
lichen Goldentdeckungcn, die Rückwirkungen der letztern auf die Preise des
Geldes und die der Waaren, die Natur des Papiergeldes und dessen Unter¬
abtheilungen, eigentliches oder Staatspapiergeld und Banknoten, und daran
anknüpfend über die Berechtigung zur Ausgabe von Banknoten, sei es durch
privilegirte, sei es durch nicht concessionirte Banken, womit dann wieder die
Frage der Bankfreiheit zusammenhängt, ferner über die Nothwendigkeit und
die Hohe der Deckung von Banknoten, über die Natur und den Umfang der
Bankgeschäste, und diese wieder geschieden je nach Staats- oder Privatbanken,
über die Einrichtung von Banken selbst und die Rechte und Verantwortlich¬
keiten von Banktheilhabern, über die beste Art der Banken und deren Ber¬
ufungen etwa durch Credits-Mobiliers. über den Handel mit Actien und die
Fondsbörsen und das Börsenspiel, und weiter über die Bedeutung der Wechsel
im Landes- und im internationalen Verkehr, über das Wesen des Disconto
und dessen Beeinflussung durch große Bankinstitute, über die Natur des Cre¬
dits, des Capitals, der Zinsen -- diese ganze Reihe von Haupt- und eine
Anzahl von Nebenfragen, ist dabei in Betracht zu ziehen. Mindestens
wird mau zu keinem bestimmten Resultate gelangen können, wenn man nicht
jedesmal diese sämmtlichen Gesichtspunkte sich zum Bewußtsein zu bringen
weiß. Das wäre also Stoff, nicht um einen Artikel oder ein Buch, sondern
eine ganze Bibliothek zusammenzuschreiben. Und zudem wird die Ausgabe
noch dadurch erschwert, daß man auch nicht über einen einzigen dieser Punkte
sagen kann, er sei in der Theorie oder in der Praxis abgeschlossen; vielmehr
herrscht allenthalben die größtdenkbare Meinungsverschiedenheit und Meinungs¬
verwirrung, so daß es vollständig unmöglich rst, von allenthalben giltigen
Voraussetzungen auszugehen. Im Gegentheil, die Hauptmühe, welche bei


Grenzboten II. 185.8. 1
Die heutige Geld- und Handelskrisis.
i.

Wer die heutige Geld- und Handelskrisis auch uur annähernd ausführ¬
lich besprechen will, dem bitten sich eine solche Anzahl der verschiedenartigsten
Gesichtspunkte, daß es ihm schwer fällt, sich zu entscheiden, womit er
beginnen soll. Die Frage über die Natur und das Wesen des Geldes,
über dessen Beziehungen zu deu edeln Metallen und speciell zu deu neuer¬
lichen Goldentdeckungcn, die Rückwirkungen der letztern auf die Preise des
Geldes und die der Waaren, die Natur des Papiergeldes und dessen Unter¬
abtheilungen, eigentliches oder Staatspapiergeld und Banknoten, und daran
anknüpfend über die Berechtigung zur Ausgabe von Banknoten, sei es durch
privilegirte, sei es durch nicht concessionirte Banken, womit dann wieder die
Frage der Bankfreiheit zusammenhängt, ferner über die Nothwendigkeit und
die Hohe der Deckung von Banknoten, über die Natur und den Umfang der
Bankgeschäste, und diese wieder geschieden je nach Staats- oder Privatbanken,
über die Einrichtung von Banken selbst und die Rechte und Verantwortlich¬
keiten von Banktheilhabern, über die beste Art der Banken und deren Ber¬
ufungen etwa durch Credits-Mobiliers. über den Handel mit Actien und die
Fondsbörsen und das Börsenspiel, und weiter über die Bedeutung der Wechsel
im Landes- und im internationalen Verkehr, über das Wesen des Disconto
und dessen Beeinflussung durch große Bankinstitute, über die Natur des Cre¬
dits, des Capitals, der Zinsen — diese ganze Reihe von Haupt- und eine
Anzahl von Nebenfragen, ist dabei in Betracht zu ziehen. Mindestens
wird mau zu keinem bestimmten Resultate gelangen können, wenn man nicht
jedesmal diese sämmtlichen Gesichtspunkte sich zum Bewußtsein zu bringen
weiß. Das wäre also Stoff, nicht um einen Artikel oder ein Buch, sondern
eine ganze Bibliothek zusammenzuschreiben. Und zudem wird die Ausgabe
noch dadurch erschwert, daß man auch nicht über einen einzigen dieser Punkte
sagen kann, er sei in der Theorie oder in der Praxis abgeschlossen; vielmehr
herrscht allenthalben die größtdenkbare Meinungsverschiedenheit und Meinungs¬
verwirrung, so daß es vollständig unmöglich rst, von allenthalben giltigen
Voraussetzungen auszugehen. Im Gegentheil, die Hauptmühe, welche bei


Grenzboten II. 185.8. 1
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[0009] Die heutige Geld- und Handelskrisis. i. Wer die heutige Geld- und Handelskrisis auch uur annähernd ausführ¬ lich besprechen will, dem bitten sich eine solche Anzahl der verschiedenartigsten Gesichtspunkte, daß es ihm schwer fällt, sich zu entscheiden, womit er beginnen soll. Die Frage über die Natur und das Wesen des Geldes, über dessen Beziehungen zu deu edeln Metallen und speciell zu deu neuer¬ lichen Goldentdeckungcn, die Rückwirkungen der letztern auf die Preise des Geldes und die der Waaren, die Natur des Papiergeldes und dessen Unter¬ abtheilungen, eigentliches oder Staatspapiergeld und Banknoten, und daran anknüpfend über die Berechtigung zur Ausgabe von Banknoten, sei es durch privilegirte, sei es durch nicht concessionirte Banken, womit dann wieder die Frage der Bankfreiheit zusammenhängt, ferner über die Nothwendigkeit und die Hohe der Deckung von Banknoten, über die Natur und den Umfang der Bankgeschäste, und diese wieder geschieden je nach Staats- oder Privatbanken, über die Einrichtung von Banken selbst und die Rechte und Verantwortlich¬ keiten von Banktheilhabern, über die beste Art der Banken und deren Ber¬ ufungen etwa durch Credits-Mobiliers. über den Handel mit Actien und die Fondsbörsen und das Börsenspiel, und weiter über die Bedeutung der Wechsel im Landes- und im internationalen Verkehr, über das Wesen des Disconto und dessen Beeinflussung durch große Bankinstitute, über die Natur des Cre¬ dits, des Capitals, der Zinsen — diese ganze Reihe von Haupt- und eine Anzahl von Nebenfragen, ist dabei in Betracht zu ziehen. Mindestens wird mau zu keinem bestimmten Resultate gelangen können, wenn man nicht jedesmal diese sämmtlichen Gesichtspunkte sich zum Bewußtsein zu bringen weiß. Das wäre also Stoff, nicht um einen Artikel oder ein Buch, sondern eine ganze Bibliothek zusammenzuschreiben. Und zudem wird die Ausgabe noch dadurch erschwert, daß man auch nicht über einen einzigen dieser Punkte sagen kann, er sei in der Theorie oder in der Praxis abgeschlossen; vielmehr herrscht allenthalben die größtdenkbare Meinungsverschiedenheit und Meinungs¬ verwirrung, so daß es vollständig unmöglich rst, von allenthalben giltigen Voraussetzungen auszugehen. Im Gegentheil, die Hauptmühe, welche bei Grenzboten II. 185.8. 1

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/9>, abgerufen am 30.12.2024.