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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.

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geschlossen sind. Wir geben diese Betrachtung namentlich denen, welche für
die Weisheit von Bankverwaltungen und diesen oder jenen Paragraphen der
Statuten zu stark schwärmen. Wie sollte in schwierigen Zeiten eine solche
Verwaltung auch im Stande sein, sich den socialen und andern Einflüssen
derer zu entziehen, welche nicht einsehen, daß augenblickliche Erleichterungen
dauernde Nachtheile dringen würden; das Mindeste ist, daß sie sieh dann
aus die Negation zu stelle" haben, für größere Maßregeln gelähmt sind und
in kleinern dem Andrang doch nachgeben müssen.

Als die Peelsactc nun endlich theilweise beseitigt wurde, da war dem
Ausbruch des Schlimmsten bereits vorgebeugt; die Aufhebung geschah aber,
um das "Vertrauen" wieder herzustellen, und dieser Zweck ward auch erreicht.
Aber Vertrauen und Mißtrauen sind eben nur der Ausdruck einer Ansicht,
die möglicherweise irrig sein kann. 1826 konnte ein zufällig aufgefundenes
Packet von t Pf. Se. Noten das Vertrauen wieder herstellen, 1857 die Aus¬
gabe von etwa l,200,"0v Pf. Se. neuer ungedeckter Noten der englischen
Bank. Oder meint man wirklich, daß dieser obendrein mit größter Vorsicht
ausgegebene und rasch wieder eingezogene Betrag die magische Wirkung ge¬
habt hat, die Verlegenheiten zu beseitige"? Man müßte von der Bedeutung
und dem Umfang derselben alsdann sehr geringe Begriffe haben. Uebrigens
hat der Verlauf der Krisis in England gezeigt, daß die dortigen Verkehrs¬
zustände im Großen und Ganzen gesunder als je waren, sonst wäre man
trotz alledem nicht so leichten Kaufs davon gekommen. Eine geschickte Bank¬
verwaltung in allen Ehren, sie ist aber nimmer die einzige belebende Kraft
eines Verkehrs, fondern nur ein wichtiges Rad in demselben. Wie undenk¬
bar ist es auch, daß es den Directoren der englische" Ba"k gegeben sein
sollte, das Getriebe des unermeßlichen englischen Handels in Bewegung zu
halten; er könnte sonst unter Umständen auf sehr morschen Grundlagen
beruhen. Die zweifelsohne immerhin noch große Macht, welche jene in der
That besitzen, ist nach unserer Ansicht grade kein Argument zu Gunsten privi-
legirter Banken.

Die von uns hier vertretene Anschauungsweise liegt indeß den Ansichten
Vieler noch so fern, daß sie kaum Eiligeres zu thun haben, als jede von
ihnen beobachtete Erscheinung in eine allgemeine Formel zu bringen, unein-
gedenk der besondern Nebenumstände, die dabei vorgekommen sind. In
England traten sie flugs mit dem Vorschlag hervor, das Steigen des Dis-
conto durch die Bank an den Betrag der Baarvorräthe arithmetisch binden
zu wollen, als wenn bei allem möglichen innern Zusammenhang beider Ver¬
hältnisse er doch unter allen und jeden Umständen in gleicher Weise da sein
müßte und als wenn das strenge Innehalten solcher Vorschriften nicht ge¬
legentlich zu den größten Jnconvemenzen führen könnte. Und an dem Ort,


geschlossen sind. Wir geben diese Betrachtung namentlich denen, welche für
die Weisheit von Bankverwaltungen und diesen oder jenen Paragraphen der
Statuten zu stark schwärmen. Wie sollte in schwierigen Zeiten eine solche
Verwaltung auch im Stande sein, sich den socialen und andern Einflüssen
derer zu entziehen, welche nicht einsehen, daß augenblickliche Erleichterungen
dauernde Nachtheile dringen würden; das Mindeste ist, daß sie sieh dann
aus die Negation zu stelle» haben, für größere Maßregeln gelähmt sind und
in kleinern dem Andrang doch nachgeben müssen.

Als die Peelsactc nun endlich theilweise beseitigt wurde, da war dem
Ausbruch des Schlimmsten bereits vorgebeugt; die Aufhebung geschah aber,
um das „Vertrauen" wieder herzustellen, und dieser Zweck ward auch erreicht.
Aber Vertrauen und Mißtrauen sind eben nur der Ausdruck einer Ansicht,
die möglicherweise irrig sein kann. 1826 konnte ein zufällig aufgefundenes
Packet von t Pf. Se. Noten das Vertrauen wieder herstellen, 1857 die Aus¬
gabe von etwa l,200,»0v Pf. Se. neuer ungedeckter Noten der englischen
Bank. Oder meint man wirklich, daß dieser obendrein mit größter Vorsicht
ausgegebene und rasch wieder eingezogene Betrag die magische Wirkung ge¬
habt hat, die Verlegenheiten zu beseitige»? Man müßte von der Bedeutung
und dem Umfang derselben alsdann sehr geringe Begriffe haben. Uebrigens
hat der Verlauf der Krisis in England gezeigt, daß die dortigen Verkehrs¬
zustände im Großen und Ganzen gesunder als je waren, sonst wäre man
trotz alledem nicht so leichten Kaufs davon gekommen. Eine geschickte Bank¬
verwaltung in allen Ehren, sie ist aber nimmer die einzige belebende Kraft
eines Verkehrs, fondern nur ein wichtiges Rad in demselben. Wie undenk¬
bar ist es auch, daß es den Directoren der englische» Ba»k gegeben sein
sollte, das Getriebe des unermeßlichen englischen Handels in Bewegung zu
halten; er könnte sonst unter Umständen auf sehr morschen Grundlagen
beruhen. Die zweifelsohne immerhin noch große Macht, welche jene in der
That besitzen, ist nach unserer Ansicht grade kein Argument zu Gunsten privi-
legirter Banken.

Die von uns hier vertretene Anschauungsweise liegt indeß den Ansichten
Vieler noch so fern, daß sie kaum Eiligeres zu thun haben, als jede von
ihnen beobachtete Erscheinung in eine allgemeine Formel zu bringen, unein-
gedenk der besondern Nebenumstände, die dabei vorgekommen sind. In
England traten sie flugs mit dem Vorschlag hervor, das Steigen des Dis-
conto durch die Bank an den Betrag der Baarvorräthe arithmetisch binden
zu wollen, als wenn bei allem möglichen innern Zusammenhang beider Ver¬
hältnisse er doch unter allen und jeden Umständen in gleicher Weise da sein
müßte und als wenn das strenge Innehalten solcher Vorschriften nicht ge¬
legentlich zu den größten Jnconvemenzen führen könnte. Und an dem Ort,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/79>, abgerufen am 21.12.2024.