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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.

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unzart, einer Deine zuzumuthen, daß sie sich vor der öffentlichen Meinung recht¬
fertige; aber der Biograph Goethes hat doch wol nickt blos das Recht, sondern die,
Pflicht, die Glaubwürdigkeit seiner Quellen zu untersuchen, gleich viel ob die.se. Quelle
von einem Herrn oder einer Dame ausgeht. Wir begreifen, daß Goethes Briefe
der Freundin zu heilig sind, um sie profanen Augen zu zeigen, aber -- wie soll
denn die Sache entschieden werden? In seiner eignen Sache kaun niemand Richter
sein; warum ist nicht z, B, den Gebrüdern Grimm, ehemals den innigsten Freun¬
den Bcttinens und Arnims, Gelegenheit gegeben, öffentlich zu erklären^ "Wir haben
die Briefe gelesen, und sie sind so abgedruckt, wie sie 1807--1811 geschrieben
waren;" es zu erklären, gleich als der Streit sich erhob! Damit wäre er mit ein¬
mal beendigt. -- Und warum kann es nicht noch heute geschehn? --

Die deutsche Schweiz und die Besteigung des Mönchs, von der Gräfin
Dora d'Jstria. Verbesserte und vermehrte deutsche Originalausgabe. 3. Bd.
Zürich, Meyer und Zelter. -- Die Gräfin Dora d'Jstria oder Prinzessin Ghika, eine
Tochter Rvmäniens, nach dem beigelegten Porträt eine schöne Frau; von einem helden-
müthigen Unternehmungsgeist, wie ihre Besteigung eines der gefährlichsten schweizer
Hochgebirge bezeugt, und voll Geist, wie man aus jeder Seite dieses Buchs wahr¬
nehmen kann, erzählt nicht blos ihre Reiseeindrücke, mit den daran sich knüpfenden
politisch-socialen Reflexionen, sondern sie gibt uns eine Art Kulturgeschichte der
Schweiz, der zwar die rechte Folge fehlt, in der sich aber doch sehr interessante Be¬
trachtungen finden; ja sie gibt noch vieles Andere, und in der That wäre schwer zu
sagen, worüber sie nicht ihre Ansicht gibt. Wäre diese wuchernde Fülle der Gedanken
und Bilder einigermaßen beschnitten, so würde das Buch einen einheitlichen Eindruck
machen, das indessen schon in seiner gegenwärtigen Form sich viel Freunde erworben
hat und noch mehr finden wird, Die Begeisterung für die Sache ihres Vaterlandes
wird auch derjenige ehren, der ihre Hoffnungen nicht theilt. Die Belesenheit der
Prinzessin ist bedeutend, und sie hat mit Verstand gelesen; ihre Darstellungsgabe
zeigt sich hauptsächlich in der Geschichte ihres dreisten Unternehmens auf den Monat,
das überhaupt auf die meisten Leser wol die größte Anziehungskraft ausüben wird.




Mit Jer. beginnt diese Zeitschrift ein neues Quartal,
welches durch alle Buchhandlungen und Postämter zu be¬
ziehen ist.
Leipzig, im Juni 1858.Die Verlagshandlung.




Verantwortlicher Redacteur: II. Moritz Busch -- Verlag von F. L. Herbig
in Leipzig.
Druck von C. E. Elbert in Leipzig.

unzart, einer Deine zuzumuthen, daß sie sich vor der öffentlichen Meinung recht¬
fertige; aber der Biograph Goethes hat doch wol nickt blos das Recht, sondern die,
Pflicht, die Glaubwürdigkeit seiner Quellen zu untersuchen, gleich viel ob die.se. Quelle
von einem Herrn oder einer Dame ausgeht. Wir begreifen, daß Goethes Briefe
der Freundin zu heilig sind, um sie profanen Augen zu zeigen, aber — wie soll
denn die Sache entschieden werden? In seiner eignen Sache kaun niemand Richter
sein; warum ist nicht z, B, den Gebrüdern Grimm, ehemals den innigsten Freun¬
den Bcttinens und Arnims, Gelegenheit gegeben, öffentlich zu erklären^ „Wir haben
die Briefe gelesen, und sie sind so abgedruckt, wie sie 1807—1811 geschrieben
waren;" es zu erklären, gleich als der Streit sich erhob! Damit wäre er mit ein¬
mal beendigt. — Und warum kann es nicht noch heute geschehn? —

Die deutsche Schweiz und die Besteigung des Mönchs, von der Gräfin
Dora d'Jstria. Verbesserte und vermehrte deutsche Originalausgabe. 3. Bd.
Zürich, Meyer und Zelter. — Die Gräfin Dora d'Jstria oder Prinzessin Ghika, eine
Tochter Rvmäniens, nach dem beigelegten Porträt eine schöne Frau; von einem helden-
müthigen Unternehmungsgeist, wie ihre Besteigung eines der gefährlichsten schweizer
Hochgebirge bezeugt, und voll Geist, wie man aus jeder Seite dieses Buchs wahr¬
nehmen kann, erzählt nicht blos ihre Reiseeindrücke, mit den daran sich knüpfenden
politisch-socialen Reflexionen, sondern sie gibt uns eine Art Kulturgeschichte der
Schweiz, der zwar die rechte Folge fehlt, in der sich aber doch sehr interessante Be¬
trachtungen finden; ja sie gibt noch vieles Andere, und in der That wäre schwer zu
sagen, worüber sie nicht ihre Ansicht gibt. Wäre diese wuchernde Fülle der Gedanken
und Bilder einigermaßen beschnitten, so würde das Buch einen einheitlichen Eindruck
machen, das indessen schon in seiner gegenwärtigen Form sich viel Freunde erworben
hat und noch mehr finden wird, Die Begeisterung für die Sache ihres Vaterlandes
wird auch derjenige ehren, der ihre Hoffnungen nicht theilt. Die Belesenheit der
Prinzessin ist bedeutend, und sie hat mit Verstand gelesen; ihre Darstellungsgabe
zeigt sich hauptsächlich in der Geschichte ihres dreisten Unternehmens auf den Monat,
das überhaupt auf die meisten Leser wol die größte Anziehungskraft ausüben wird.




Mit Jer. beginnt diese Zeitschrift ein neues Quartal,
welches durch alle Buchhandlungen und Postämter zu be¬
ziehen ist.
Leipzig, im Juni 1858.Die Verlagshandlung.




Verantwortlicher Redacteur: II. Moritz Busch — Verlag von F. L. Herbig
in Leipzig.
Druck von C. E. Elbert in Leipzig.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/528>, abgerufen am 30.12.2024.