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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.

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In den gemeinsten Ausdrücken, die jeden Anstand verletzen, in den ekelhaftesten
Lästerungen wälzte sich wie im Kothe seine boshafte Feder, und wenig oder
nichts gab ihm ein andres Blatt nach, welches ihn bekämpfte: die Presse
war ein Pfuhl von Haß, Verleumdung. Lästerung und allerlei Gist, Sei es
aus Schwäche, oder aus Scheu die Verfassung zu verletzen. Sonblette ergriff
keine Nepressivmaßregeln. Das unerfahrene Landvolk hörte auf die perfiden
Schmeicheleien des Aufwieglers und der böse Same ging wuchernd aus. als
Angust 1846 die Zeit der neuen Wahlen herangekommen. Guzman reiste
umher, hielt Volksversammlungen, predigte Negern und Farbigen Haß gegen
die Oligarchen, und ganze Banden derselben zogen in verschieden Landestheilen
bewaffnet, drohend, ja plündernd und mordend einher.

Paez. wieder von seinem Landgute weg an die Spitze der Truppen ge¬
rufen, war betroffen über die Schwere des Unheils. Gleichwol überzeugt,
daß bei den Meisten eher Verirrung als Bosheit der Grund war, nahm er
sich vor. den Sieg lieber durch Gnade als durch die Waffen zu erkaufen.
Sein Erlaß absoluter Amnestie vom 4. Octbr. führte viele der Verirrten zu
ihrem Heerde zurück. Zu menschlich gesinnt, um durch drohende Proclamattonen
die Rebellen zu erbittern, lockte er sie durch die Macht entgegenkommenden
Vertrauens, und Hunderte stellten sich persönlich vor ihm. sich bekennend als
Opfer der Verführung. Allerdings ging es an einigen Punkten nicht ohne
Gemalt ab: mehr Blut indeß floß unter den Aufrührern selbst, und schon im
Novbr., nachdem er die gefüllten Kerker der Thäler von Aragua geöffnet,
konnte er der Regierung die Herstellung vollständiger Ruhe melden.

Obwol es wieder nicht an solchen fehlte, die den General wegen zu großer
Milde heimlich oder laut anklagten, so wollten ihn doch viele der.angesehensten
Bürger wieder auf den Präsidentensitz erhoben sehen. Aber im Angesichte der
Erfahrung, daß die Feinde der Ordnung bei ihrem ruchlosen Gebühren die
Gefahr, weiche der Einfluß dieses einen Mannes dem Staate bringe, vorgewcndet
hatten, wollte er Diesen allen Schein des Rechtes nehmen. Auch wünschte er
nicht, das- man ihn für nothwendig zur Aufrechterhaltung der Ruhe erachtete,
und so verweigerte er, allen Bitten zum Trotz, entschieden die Wiederannahme.
Dagegen wendete er das Augenmerk seiner Mitbürger auf einen Mann, den
er für ausgesöhnt mit der Verfassung hielt, weil er eben noch durch seine
Energie beigetragen hatte, die Rebellion in der Provinz Barcelona zu tilgen,
aus -- Jose Tadeo Monagas.

In schlechtem Andenken stand noch allerwärts dieser General, mißgestimmt
nahm'man den Vorschlag des Patrioten Paez auf. Nichts desto weniger siegte
seine Popularität über die Bedenklichkeiten, und Monagas erschien wenigstens
mit auf der Terre der Candidaten, ans welchen der Kongreß der Verfassung
gemäß zu wählen hat. wenn ein Kandidat durch die Wahlcoilegicn die nöthige


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In den gemeinsten Ausdrücken, die jeden Anstand verletzen, in den ekelhaftesten
Lästerungen wälzte sich wie im Kothe seine boshafte Feder, und wenig oder
nichts gab ihm ein andres Blatt nach, welches ihn bekämpfte: die Presse
war ein Pfuhl von Haß, Verleumdung. Lästerung und allerlei Gist, Sei es
aus Schwäche, oder aus Scheu die Verfassung zu verletzen. Sonblette ergriff
keine Nepressivmaßregeln. Das unerfahrene Landvolk hörte auf die perfiden
Schmeicheleien des Aufwieglers und der böse Same ging wuchernd aus. als
Angust 1846 die Zeit der neuen Wahlen herangekommen. Guzman reiste
umher, hielt Volksversammlungen, predigte Negern und Farbigen Haß gegen
die Oligarchen, und ganze Banden derselben zogen in verschieden Landestheilen
bewaffnet, drohend, ja plündernd und mordend einher.

Paez. wieder von seinem Landgute weg an die Spitze der Truppen ge¬
rufen, war betroffen über die Schwere des Unheils. Gleichwol überzeugt,
daß bei den Meisten eher Verirrung als Bosheit der Grund war, nahm er
sich vor. den Sieg lieber durch Gnade als durch die Waffen zu erkaufen.
Sein Erlaß absoluter Amnestie vom 4. Octbr. führte viele der Verirrten zu
ihrem Heerde zurück. Zu menschlich gesinnt, um durch drohende Proclamattonen
die Rebellen zu erbittern, lockte er sie durch die Macht entgegenkommenden
Vertrauens, und Hunderte stellten sich persönlich vor ihm. sich bekennend als
Opfer der Verführung. Allerdings ging es an einigen Punkten nicht ohne
Gemalt ab: mehr Blut indeß floß unter den Aufrührern selbst, und schon im
Novbr., nachdem er die gefüllten Kerker der Thäler von Aragua geöffnet,
konnte er der Regierung die Herstellung vollständiger Ruhe melden.

Obwol es wieder nicht an solchen fehlte, die den General wegen zu großer
Milde heimlich oder laut anklagten, so wollten ihn doch viele der.angesehensten
Bürger wieder auf den Präsidentensitz erhoben sehen. Aber im Angesichte der
Erfahrung, daß die Feinde der Ordnung bei ihrem ruchlosen Gebühren die
Gefahr, weiche der Einfluß dieses einen Mannes dem Staate bringe, vorgewcndet
hatten, wollte er Diesen allen Schein des Rechtes nehmen. Auch wünschte er
nicht, das- man ihn für nothwendig zur Aufrechterhaltung der Ruhe erachtete,
und so verweigerte er, allen Bitten zum Trotz, entschieden die Wiederannahme.
Dagegen wendete er das Augenmerk seiner Mitbürger auf einen Mann, den
er für ausgesöhnt mit der Verfassung hielt, weil er eben noch durch seine
Energie beigetragen hatte, die Rebellion in der Provinz Barcelona zu tilgen,
aus — Jose Tadeo Monagas.

In schlechtem Andenken stand noch allerwärts dieser General, mißgestimmt
nahm'man den Vorschlag des Patrioten Paez auf. Nichts desto weniger siegte
seine Popularität über die Bedenklichkeiten, und Monagas erschien wenigstens
mit auf der Terre der Candidaten, ans welchen der Kongreß der Verfassung
gemäß zu wählen hat. wenn ein Kandidat durch die Wahlcoilegicn die nöthige


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/475>, abgerufen am 22.12.2024.