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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.

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traten zwanzig (z. B. in Tivoli), dreißig, ja fünfzig (Capua) Paare auf. In
Pompeji gab der zum zweiten Mal zum höchsten Communalamt erwählte
Bürger zur Feier des Apollofestes einmal am ersten Tage auf dem Markt¬
platz einen feierlichen Aufzug. ein Stiergefecht und eine in"Mo von Faust¬
kämpfern; im zweiten auf eigne Kosten 30 Paar Athleten, 35 (oder 40) Paar
Gladiatoren und in Gemeinschaft mit seinem College" eine Hatze von Stieren,
Wildschweinen und Bären. Leider scheinen die Feste für um so glänzender
gegolten zu haben, je mehr Menschen dabei geschlachtet wurden. Auf dem
Postament einer Statue, die 249 n. Chr. zu Minturnä einem Bürger errichtet
ist, der alle Aemter bekleidet und prächtige Schauspiele gegeben hatte, wird dem¬
selben nachgerühmt: er hat zu Minturuä an vier Tagen elf Paare auftreten
und so lange fechten lassen, bis elf von den ersten Gladiatoren Campaniens auf
dem Platze geblieben sind; auch hat er zehn grausame Bären todthetzen lassen
"wie Euch sehr ehrenwerthe Bürger wohlbewußt ist," und zahme Thiere je
vier an einem Tage. In einer Grabschrift aus derselben Stadt heißt es, der
Verstorbene habe ein dreitägiges Gladiatorenspiel "und vier Verbrecher" gegeben,
die Execution dieser, die entweder von wilden Thieren zerrissen wurden oder
sich gegenseitig umbrachten, betrachtete man als einen Theil des Schauspiels.

Man darf jedoch nicht glauben, daß die Reichen in den italienischen
Städten ihr Geld ausschließlich auf Volksbelustigungen und Schauspiele ver-
wandten. Vielmehr gab es außer den bereits erwähnten Bauten noch gar
manche gemeinnützige Unternehmungen, welche die vermögenden Bürger aus
ihren Privatmitteln ins Leben zu rusen oder zu fördern ni echt republikani¬
schen Sinne wetteiferten. Namentlich machten sie große Stiftungen zum
Unterhalt armer Kinder. Unter August findet sich in einer unteritalischen
Stadt ein Legat von beinahe 30,000 Thalern, "von dessen Zinsen Kinder aus
der Bürgerschaft, bis sie erwachsen sind, Getreide und dann noch jeder eine
Summe Geldes (ungefähr 7 0 Thaler) erhalten sollen." Diese Stiftungen
wurden von den Kaisern seit Neroa (97 v. Chr.) in großartigem Maßstabe
aufgenommen, von Trajan bereits auf alle italischen Municipien ausgedehnt,
die ihrer bedurften. Hadrian und die folgenden Antonine erweiterten sie,
die letzte neue Stiftung ist von Alexander Severus bekannt, in Diocletians
Zeit existirte das Institut noch. Die Capitalien wurden auf Grundstücke der
unterstützten Communen von bedeutend höherem Werth hypothecirt und niedrig
verzinst. Von den Zinsen erhielten Knaben und Mädchen (aber in der Regel
nur Freigeborne, da die Stiftungen hauptsächlich die Hebung der Ehen be¬
zweckten" die ersten bis zum achtzehnten, die zweiten bis zum vierzehnten,
das Hauptnahrungsmittel, Getreide, frei, oder statt dessen eine bestimmte
nach dem Getreidepreis normirte Summe. Trotz der Großartigkeit dieser
Unterstützungen war begreiflicherweise der Prwatwohlthätigkeit noch immer


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traten zwanzig (z. B. in Tivoli), dreißig, ja fünfzig (Capua) Paare auf. In
Pompeji gab der zum zweiten Mal zum höchsten Communalamt erwählte
Bürger zur Feier des Apollofestes einmal am ersten Tage auf dem Markt¬
platz einen feierlichen Aufzug. ein Stiergefecht und eine in«Mo von Faust¬
kämpfern; im zweiten auf eigne Kosten 30 Paar Athleten, 35 (oder 40) Paar
Gladiatoren und in Gemeinschaft mit seinem College» eine Hatze von Stieren,
Wildschweinen und Bären. Leider scheinen die Feste für um so glänzender
gegolten zu haben, je mehr Menschen dabei geschlachtet wurden. Auf dem
Postament einer Statue, die 249 n. Chr. zu Minturnä einem Bürger errichtet
ist, der alle Aemter bekleidet und prächtige Schauspiele gegeben hatte, wird dem¬
selben nachgerühmt: er hat zu Minturuä an vier Tagen elf Paare auftreten
und so lange fechten lassen, bis elf von den ersten Gladiatoren Campaniens auf
dem Platze geblieben sind; auch hat er zehn grausame Bären todthetzen lassen
„wie Euch sehr ehrenwerthe Bürger wohlbewußt ist," und zahme Thiere je
vier an einem Tage. In einer Grabschrift aus derselben Stadt heißt es, der
Verstorbene habe ein dreitägiges Gladiatorenspiel „und vier Verbrecher" gegeben,
die Execution dieser, die entweder von wilden Thieren zerrissen wurden oder
sich gegenseitig umbrachten, betrachtete man als einen Theil des Schauspiels.

Man darf jedoch nicht glauben, daß die Reichen in den italienischen
Städten ihr Geld ausschließlich auf Volksbelustigungen und Schauspiele ver-
wandten. Vielmehr gab es außer den bereits erwähnten Bauten noch gar
manche gemeinnützige Unternehmungen, welche die vermögenden Bürger aus
ihren Privatmitteln ins Leben zu rusen oder zu fördern ni echt republikani¬
schen Sinne wetteiferten. Namentlich machten sie große Stiftungen zum
Unterhalt armer Kinder. Unter August findet sich in einer unteritalischen
Stadt ein Legat von beinahe 30,000 Thalern, „von dessen Zinsen Kinder aus
der Bürgerschaft, bis sie erwachsen sind, Getreide und dann noch jeder eine
Summe Geldes (ungefähr 7 0 Thaler) erhalten sollen." Diese Stiftungen
wurden von den Kaisern seit Neroa (97 v. Chr.) in großartigem Maßstabe
aufgenommen, von Trajan bereits auf alle italischen Municipien ausgedehnt,
die ihrer bedurften. Hadrian und die folgenden Antonine erweiterten sie,
die letzte neue Stiftung ist von Alexander Severus bekannt, in Diocletians
Zeit existirte das Institut noch. Die Capitalien wurden auf Grundstücke der
unterstützten Communen von bedeutend höherem Werth hypothecirt und niedrig
verzinst. Von den Zinsen erhielten Knaben und Mädchen (aber in der Regel
nur Freigeborne, da die Stiftungen hauptsächlich die Hebung der Ehen be¬
zweckten» die ersten bis zum achtzehnten, die zweiten bis zum vierzehnten,
das Hauptnahrungsmittel, Getreide, frei, oder statt dessen eine bestimmte
nach dem Getreidepreis normirte Summe. Trotz der Großartigkeit dieser
Unterstützungen war begreiflicherweise der Prwatwohlthätigkeit noch immer


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[0339] traten zwanzig (z. B. in Tivoli), dreißig, ja fünfzig (Capua) Paare auf. In Pompeji gab der zum zweiten Mal zum höchsten Communalamt erwählte Bürger zur Feier des Apollofestes einmal am ersten Tage auf dem Markt¬ platz einen feierlichen Aufzug. ein Stiergefecht und eine in«Mo von Faust¬ kämpfern; im zweiten auf eigne Kosten 30 Paar Athleten, 35 (oder 40) Paar Gladiatoren und in Gemeinschaft mit seinem College» eine Hatze von Stieren, Wildschweinen und Bären. Leider scheinen die Feste für um so glänzender gegolten zu haben, je mehr Menschen dabei geschlachtet wurden. Auf dem Postament einer Statue, die 249 n. Chr. zu Minturnä einem Bürger errichtet ist, der alle Aemter bekleidet und prächtige Schauspiele gegeben hatte, wird dem¬ selben nachgerühmt: er hat zu Minturuä an vier Tagen elf Paare auftreten und so lange fechten lassen, bis elf von den ersten Gladiatoren Campaniens auf dem Platze geblieben sind; auch hat er zehn grausame Bären todthetzen lassen „wie Euch sehr ehrenwerthe Bürger wohlbewußt ist," und zahme Thiere je vier an einem Tage. In einer Grabschrift aus derselben Stadt heißt es, der Verstorbene habe ein dreitägiges Gladiatorenspiel „und vier Verbrecher" gegeben, die Execution dieser, die entweder von wilden Thieren zerrissen wurden oder sich gegenseitig umbrachten, betrachtete man als einen Theil des Schauspiels. Man darf jedoch nicht glauben, daß die Reichen in den italienischen Städten ihr Geld ausschließlich auf Volksbelustigungen und Schauspiele ver- wandten. Vielmehr gab es außer den bereits erwähnten Bauten noch gar manche gemeinnützige Unternehmungen, welche die vermögenden Bürger aus ihren Privatmitteln ins Leben zu rusen oder zu fördern ni echt republikani¬ schen Sinne wetteiferten. Namentlich machten sie große Stiftungen zum Unterhalt armer Kinder. Unter August findet sich in einer unteritalischen Stadt ein Legat von beinahe 30,000 Thalern, „von dessen Zinsen Kinder aus der Bürgerschaft, bis sie erwachsen sind, Getreide und dann noch jeder eine Summe Geldes (ungefähr 7 0 Thaler) erhalten sollen." Diese Stiftungen wurden von den Kaisern seit Neroa (97 v. Chr.) in großartigem Maßstabe aufgenommen, von Trajan bereits auf alle italischen Municipien ausgedehnt, die ihrer bedurften. Hadrian und die folgenden Antonine erweiterten sie, die letzte neue Stiftung ist von Alexander Severus bekannt, in Diocletians Zeit existirte das Institut noch. Die Capitalien wurden auf Grundstücke der unterstützten Communen von bedeutend höherem Werth hypothecirt und niedrig verzinst. Von den Zinsen erhielten Knaben und Mädchen (aber in der Regel nur Freigeborne, da die Stiftungen hauptsächlich die Hebung der Ehen be¬ zweckten» die ersten bis zum achtzehnten, die zweiten bis zum vierzehnten, das Hauptnahrungsmittel, Getreide, frei, oder statt dessen eine bestimmte nach dem Getreidepreis normirte Summe. Trotz der Großartigkeit dieser Unterstützungen war begreiflicherweise der Prwatwohlthätigkeit noch immer 42"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/339>, abgerufen am 21.12.2024.