ständig, der materielle Wohlstand hob sich durch die wiederhergestellte Gesetz. Mäßigkeit und Sicherheit, wozu zum Theil auch die Sorge der Regierungen beitrug; Handel und Verkehr blühten wieder auf, in den Hasen lagen Mast an Mast die Schiffe aus Spanien und Gallien, aus Afrika, Aegypten und dem Orient, und ein lebhafter Verkehr erfüllte prachtvolle Kunststraßen, deren Neste jetzt dem Reisenden hier und da in Wüsteneien und Einöden überraschen. Am auffallendsten ist der Contrast zwischen der Gegenwart und dem Alterthum in Mittel- und Unteritalien. Noch 1847 geschah es (nach dem "Ausland"), daß der Konig von Neapel sich auf einer militärischen Promenade mit vielen Tausenden seiner Getreuen in den Schluchten, Thalern und Wäldern des Basilicats verirrte, so daß man vierzehn Tage hindurch in der Hauptstadt gar nichts von Sr. Majestät erfuhr.
Von dem freundlichen, selbst glänzenden Anblick auch kleinerer Mittelstädte im alten Italien ist uns in Pompeji ein Bild erhalten, das etwa so groß gewesen sein mag, als z. B. Bonn. Seine Straßen sind zwar schmal; denn dies hielt man wegen des reichlichern Schattens für gesünder, aber vortrefflich mit genau gefugten Lavaplatten gepflastert und von erhöhte" Fußwegen eingefaßt. Seine Plätze, wenn auch klein, sind doch mit mehr Statuen ge¬ schmückt als die größten Hauptstädte des jetzigen Europa auszuweisen haben; seine zahlreichen Tempel, Hallen und öffentlichen Gebäude zwar nicht großartig, weitläufig und prächtig, aber im Ganzen geschmackvoll und zierlich, und hübsch decorirt. Die Privatwohnungen sind "zwar wahre Miniaturbilder dessen, was uns Bedürfniß oder Gewohnheit ist," aber sie sollten auch nichts bieten als ein kühles und schattiges Gelaß zum Essen und Schlafen. Ihre Haupträume sind (wie bei allen altrömischen Wohnhäusern) innere Höfe, in denen Marmor¬ bilder standen, Springbrunnen rauschten, Bäume schälkelen und Blumen duf¬ teten; auf diese Höfe münden die kleinen Zimmer der Erdgeschosse. Die Ein¬ richtungen der Privathäuser tragen durchweg den Charakter eines heitern Luxus. Auch in den geringern schimmern die Wände von Farbenschmuck, sind die Fußboden mit Mosaik ausgelegt; und der reich und geschmackvoll verzierte Hausrath legt nicht nur von dem gebildeten Formensinn, sondern auch von dem behaglichen Wohlstande der Bewohner Zeugniß ab. Vor zwanzig Jahren waren schon an hundert Silbergesäße, großentheils herrlich ciselirt, in Pom¬ peji gefunden worden; dies ist sehr viel, wenn man bedenkt, daß dergleichen Pretiosen großentheils gerettet und gleich nach der Verschüttung von den Be¬ sitzern leicht ausgegraben werden konnten.
Die Communen des alten Italiens sorgten, wie auch die des Mittelalters nicht allein für die nothwendigen Einrichtungen, sondern waren auf Ver¬ schönerung ihrer Städte fort und fort bedacht. Diesen Bestrebungen kam der Localpatnotismus in wahrhaft staunenswerther Weise zu Hilfe. Noch heute
ständig, der materielle Wohlstand hob sich durch die wiederhergestellte Gesetz. Mäßigkeit und Sicherheit, wozu zum Theil auch die Sorge der Regierungen beitrug; Handel und Verkehr blühten wieder auf, in den Hasen lagen Mast an Mast die Schiffe aus Spanien und Gallien, aus Afrika, Aegypten und dem Orient, und ein lebhafter Verkehr erfüllte prachtvolle Kunststraßen, deren Neste jetzt dem Reisenden hier und da in Wüsteneien und Einöden überraschen. Am auffallendsten ist der Contrast zwischen der Gegenwart und dem Alterthum in Mittel- und Unteritalien. Noch 1847 geschah es (nach dem „Ausland"), daß der Konig von Neapel sich auf einer militärischen Promenade mit vielen Tausenden seiner Getreuen in den Schluchten, Thalern und Wäldern des Basilicats verirrte, so daß man vierzehn Tage hindurch in der Hauptstadt gar nichts von Sr. Majestät erfuhr.
Von dem freundlichen, selbst glänzenden Anblick auch kleinerer Mittelstädte im alten Italien ist uns in Pompeji ein Bild erhalten, das etwa so groß gewesen sein mag, als z. B. Bonn. Seine Straßen sind zwar schmal; denn dies hielt man wegen des reichlichern Schattens für gesünder, aber vortrefflich mit genau gefugten Lavaplatten gepflastert und von erhöhte» Fußwegen eingefaßt. Seine Plätze, wenn auch klein, sind doch mit mehr Statuen ge¬ schmückt als die größten Hauptstädte des jetzigen Europa auszuweisen haben; seine zahlreichen Tempel, Hallen und öffentlichen Gebäude zwar nicht großartig, weitläufig und prächtig, aber im Ganzen geschmackvoll und zierlich, und hübsch decorirt. Die Privatwohnungen sind „zwar wahre Miniaturbilder dessen, was uns Bedürfniß oder Gewohnheit ist," aber sie sollten auch nichts bieten als ein kühles und schattiges Gelaß zum Essen und Schlafen. Ihre Haupträume sind (wie bei allen altrömischen Wohnhäusern) innere Höfe, in denen Marmor¬ bilder standen, Springbrunnen rauschten, Bäume schälkelen und Blumen duf¬ teten; auf diese Höfe münden die kleinen Zimmer der Erdgeschosse. Die Ein¬ richtungen der Privathäuser tragen durchweg den Charakter eines heitern Luxus. Auch in den geringern schimmern die Wände von Farbenschmuck, sind die Fußboden mit Mosaik ausgelegt; und der reich und geschmackvoll verzierte Hausrath legt nicht nur von dem gebildeten Formensinn, sondern auch von dem behaglichen Wohlstande der Bewohner Zeugniß ab. Vor zwanzig Jahren waren schon an hundert Silbergesäße, großentheils herrlich ciselirt, in Pom¬ peji gefunden worden; dies ist sehr viel, wenn man bedenkt, daß dergleichen Pretiosen großentheils gerettet und gleich nach der Verschüttung von den Be¬ sitzern leicht ausgegraben werden konnten.
Die Communen des alten Italiens sorgten, wie auch die des Mittelalters nicht allein für die nothwendigen Einrichtungen, sondern waren auf Ver¬ schönerung ihrer Städte fort und fort bedacht. Diesen Bestrebungen kam der Localpatnotismus in wahrhaft staunenswerther Weise zu Hilfe. Noch heute
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ständig, der materielle Wohlstand hob sich durch die wiederhergestellte Gesetz.
Mäßigkeit und Sicherheit, wozu zum Theil auch die Sorge der Regierungen
beitrug; Handel und Verkehr blühten wieder auf, in den Hasen lagen Mast
an Mast die Schiffe aus Spanien und Gallien, aus Afrika, Aegypten und
dem Orient, und ein lebhafter Verkehr erfüllte prachtvolle Kunststraßen, deren
Neste jetzt dem Reisenden hier und da in Wüsteneien und Einöden überraschen.
Am auffallendsten ist der Contrast zwischen der Gegenwart und dem Alterthum
in Mittel- und Unteritalien. Noch 1847 geschah es (nach dem „Ausland"),
daß der Konig von Neapel sich auf einer militärischen Promenade mit vielen
Tausenden seiner Getreuen in den Schluchten, Thalern und Wäldern des
Basilicats verirrte, so daß man vierzehn Tage hindurch in der Hauptstadt gar
nichts von Sr. Majestät erfuhr.
Von dem freundlichen, selbst glänzenden Anblick auch kleinerer Mittelstädte
im alten Italien ist uns in Pompeji ein Bild erhalten, das etwa so groß gewesen
sein mag, als z. B. Bonn. Seine Straßen sind zwar schmal; denn dies
hielt man wegen des reichlichern Schattens für gesünder, aber vortrefflich
mit genau gefugten Lavaplatten gepflastert und von erhöhte» Fußwegen
eingefaßt. Seine Plätze, wenn auch klein, sind doch mit mehr Statuen ge¬
schmückt als die größten Hauptstädte des jetzigen Europa auszuweisen haben;
seine zahlreichen Tempel, Hallen und öffentlichen Gebäude zwar nicht großartig,
weitläufig und prächtig, aber im Ganzen geschmackvoll und zierlich, und hübsch
decorirt. Die Privatwohnungen sind „zwar wahre Miniaturbilder dessen, was
uns Bedürfniß oder Gewohnheit ist," aber sie sollten auch nichts bieten als
ein kühles und schattiges Gelaß zum Essen und Schlafen. Ihre Haupträume
sind (wie bei allen altrömischen Wohnhäusern) innere Höfe, in denen Marmor¬
bilder standen, Springbrunnen rauschten, Bäume schälkelen und Blumen duf¬
teten; auf diese Höfe münden die kleinen Zimmer der Erdgeschosse. Die Ein¬
richtungen der Privathäuser tragen durchweg den Charakter eines heitern Luxus.
Auch in den geringern schimmern die Wände von Farbenschmuck, sind die
Fußboden mit Mosaik ausgelegt; und der reich und geschmackvoll verzierte
Hausrath legt nicht nur von dem gebildeten Formensinn, sondern auch von
dem behaglichen Wohlstande der Bewohner Zeugniß ab. Vor zwanzig Jahren
waren schon an hundert Silbergesäße, großentheils herrlich ciselirt, in Pom¬
peji gefunden worden; dies ist sehr viel, wenn man bedenkt, daß dergleichen
Pretiosen großentheils gerettet und gleich nach der Verschüttung von den Be¬
sitzern leicht ausgegraben werden konnten.
Die Communen des alten Italiens sorgten, wie auch die des Mittelalters
nicht allein für die nothwendigen Einrichtungen, sondern waren auf Ver¬
schönerung ihrer Städte fort und fort bedacht. Diesen Bestrebungen kam der
Localpatnotismus in wahrhaft staunenswerther Weise zu Hilfe. Noch heute
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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/330>, abgerufen am 07.01.2025.
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