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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.

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eine große Macht nach dem Main führen, um von da diese nach Umständen
auch nach der Elbe oder gegen den Zwischenraum zwischen Elbe und Rhein
zu dirigiren/)

Wenn nun schon gegen Oestreich allein die Nothwendigkeit hervorgeht,
vor allem das Centrum zu sichern, so noch weit mehr für die Fälle, wo
dasselbe mit einer oder beiden andern Mächten verbunden ist; denn alsdann
wird diese entweder den Angriff Oestreichs auf das Centrum verstärken, oder
die Kräfte Preußens in den Provinzen fest- und von der Verstärkung ihres
Centrums abhalten.

Diese Mitte nun zwischen Elbe und Oder wird durch die Straße, welche
beide Staatshnlften verbindet, von Frankfurt und Küstrin aus über Berlin.
Brandenburg nach Magdeburg durchzogen, und diese Straße von Fürstcn-
wnlde bis Berlin durch die sumpfige Spree gedeckt. Der dadurch entstehende
starke Abschnitt ist durch die Kanäle wor Mühlrose nach der Oder, und von
Brandenburg nach der Elbe verlängert, und durch die Proviantiruug dieses
wenig fruchtbaren Zwischenraums sehr erleichtert; dem Feind aber ist die Be¬
wegung in diesem anscheinend ganz flachen Land durch die sumpfigen Thäler
und Niederungen erschwert. Bei einer Breite von 30 Meilen kann es nicht
von der Elbe oder Oder her mit Hilfe der dortigen Festungen vertheidigt
werden; diese begünstigt im Gegentheil den schnell vordringenden Feind, um
die später von beiden Flüssen oder von rückwärts her eintreffenden selbst
überlegenen preußischen Kräfte zu bekämpfen. Es ist also nothwendig, die
Mittellinie dieses Landtheils als den Rückgrat des Staatskörpers auf das
äußerste und letzte zu vertheidigen.

Berlin liegt nun in der Mitte dieser Breite und dieses starken Abschnitts.
Von da kann man in möglichster Stärke den Feind in jeder Richtung be¬
kämpfen (was noch durch die Befestigung des Kreuzpunktes Luckau begünstigt
werden würde) und dahin sich nöthigenfalls zurückziehen um weiteres Bor¬
dringen zu verhindern.

Berlin ist also der klar gebotene Punkt; und je weiter dessen Befestigung
vorgreift, desto schwerer wird es dem Feinde, die von Fürsteuwalde abwärts
sumpfige Spree zu Passiren, und Berlin auf beiden Ufern einzuschließen; auch
erhalten alsdann die Flankenangriffe der Festungen an beiden Flüssen größere
Wichtigkeit; ein näherer Umkreis an etwa 40 Meilen von Magdeburg über
Wittenberg, Torgau, Lucknu uach Frankfurt und Küstrin entsteht, um mit dem
Centrum Berlin nach allen Selten das gleichzeitige Vordringen dahin zu ver-



') Aehnliches wurde im Winter von 1814 aus 1815 in Wien vorbereitet, Seitdem
Kassel nicht mehr epstirt. -- wie im siebenjährigen Krieg der Fall war -- wächst die Wichtig¬
keit von Erfurt. Es sollte ein verschanztes Lager haben, wodurch man den Festungen am
schnellsten einem größeren Wirkungskreis gebe" kau",
Grenzboten II. 18S8. 32

eine große Macht nach dem Main führen, um von da diese nach Umständen
auch nach der Elbe oder gegen den Zwischenraum zwischen Elbe und Rhein
zu dirigiren/)

Wenn nun schon gegen Oestreich allein die Nothwendigkeit hervorgeht,
vor allem das Centrum zu sichern, so noch weit mehr für die Fälle, wo
dasselbe mit einer oder beiden andern Mächten verbunden ist; denn alsdann
wird diese entweder den Angriff Oestreichs auf das Centrum verstärken, oder
die Kräfte Preußens in den Provinzen fest- und von der Verstärkung ihres
Centrums abhalten.

Diese Mitte nun zwischen Elbe und Oder wird durch die Straße, welche
beide Staatshnlften verbindet, von Frankfurt und Küstrin aus über Berlin.
Brandenburg nach Magdeburg durchzogen, und diese Straße von Fürstcn-
wnlde bis Berlin durch die sumpfige Spree gedeckt. Der dadurch entstehende
starke Abschnitt ist durch die Kanäle wor Mühlrose nach der Oder, und von
Brandenburg nach der Elbe verlängert, und durch die Proviantiruug dieses
wenig fruchtbaren Zwischenraums sehr erleichtert; dem Feind aber ist die Be¬
wegung in diesem anscheinend ganz flachen Land durch die sumpfigen Thäler
und Niederungen erschwert. Bei einer Breite von 30 Meilen kann es nicht
von der Elbe oder Oder her mit Hilfe der dortigen Festungen vertheidigt
werden; diese begünstigt im Gegentheil den schnell vordringenden Feind, um
die später von beiden Flüssen oder von rückwärts her eintreffenden selbst
überlegenen preußischen Kräfte zu bekämpfen. Es ist also nothwendig, die
Mittellinie dieses Landtheils als den Rückgrat des Staatskörpers auf das
äußerste und letzte zu vertheidigen.

Berlin liegt nun in der Mitte dieser Breite und dieses starken Abschnitts.
Von da kann man in möglichster Stärke den Feind in jeder Richtung be¬
kämpfen (was noch durch die Befestigung des Kreuzpunktes Luckau begünstigt
werden würde) und dahin sich nöthigenfalls zurückziehen um weiteres Bor¬
dringen zu verhindern.

Berlin ist also der klar gebotene Punkt; und je weiter dessen Befestigung
vorgreift, desto schwerer wird es dem Feinde, die von Fürsteuwalde abwärts
sumpfige Spree zu Passiren, und Berlin auf beiden Ufern einzuschließen; auch
erhalten alsdann die Flankenangriffe der Festungen an beiden Flüssen größere
Wichtigkeit; ein näherer Umkreis an etwa 40 Meilen von Magdeburg über
Wittenberg, Torgau, Lucknu uach Frankfurt und Küstrin entsteht, um mit dem
Centrum Berlin nach allen Selten das gleichzeitige Vordringen dahin zu ver-



') Aehnliches wurde im Winter von 1814 aus 1815 in Wien vorbereitet, Seitdem
Kassel nicht mehr epstirt. — wie im siebenjährigen Krieg der Fall war — wächst die Wichtig¬
keit von Erfurt. Es sollte ein verschanztes Lager haben, wodurch man den Festungen am
schnellsten einem größeren Wirkungskreis gebe» kau»,
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[0257] eine große Macht nach dem Main führen, um von da diese nach Umständen auch nach der Elbe oder gegen den Zwischenraum zwischen Elbe und Rhein zu dirigiren/) Wenn nun schon gegen Oestreich allein die Nothwendigkeit hervorgeht, vor allem das Centrum zu sichern, so noch weit mehr für die Fälle, wo dasselbe mit einer oder beiden andern Mächten verbunden ist; denn alsdann wird diese entweder den Angriff Oestreichs auf das Centrum verstärken, oder die Kräfte Preußens in den Provinzen fest- und von der Verstärkung ihres Centrums abhalten. Diese Mitte nun zwischen Elbe und Oder wird durch die Straße, welche beide Staatshnlften verbindet, von Frankfurt und Küstrin aus über Berlin. Brandenburg nach Magdeburg durchzogen, und diese Straße von Fürstcn- wnlde bis Berlin durch die sumpfige Spree gedeckt. Der dadurch entstehende starke Abschnitt ist durch die Kanäle wor Mühlrose nach der Oder, und von Brandenburg nach der Elbe verlängert, und durch die Proviantiruug dieses wenig fruchtbaren Zwischenraums sehr erleichtert; dem Feind aber ist die Be¬ wegung in diesem anscheinend ganz flachen Land durch die sumpfigen Thäler und Niederungen erschwert. Bei einer Breite von 30 Meilen kann es nicht von der Elbe oder Oder her mit Hilfe der dortigen Festungen vertheidigt werden; diese begünstigt im Gegentheil den schnell vordringenden Feind, um die später von beiden Flüssen oder von rückwärts her eintreffenden selbst überlegenen preußischen Kräfte zu bekämpfen. Es ist also nothwendig, die Mittellinie dieses Landtheils als den Rückgrat des Staatskörpers auf das äußerste und letzte zu vertheidigen. Berlin liegt nun in der Mitte dieser Breite und dieses starken Abschnitts. Von da kann man in möglichster Stärke den Feind in jeder Richtung be¬ kämpfen (was noch durch die Befestigung des Kreuzpunktes Luckau begünstigt werden würde) und dahin sich nöthigenfalls zurückziehen um weiteres Bor¬ dringen zu verhindern. Berlin ist also der klar gebotene Punkt; und je weiter dessen Befestigung vorgreift, desto schwerer wird es dem Feinde, die von Fürsteuwalde abwärts sumpfige Spree zu Passiren, und Berlin auf beiden Ufern einzuschließen; auch erhalten alsdann die Flankenangriffe der Festungen an beiden Flüssen größere Wichtigkeit; ein näherer Umkreis an etwa 40 Meilen von Magdeburg über Wittenberg, Torgau, Lucknu uach Frankfurt und Küstrin entsteht, um mit dem Centrum Berlin nach allen Selten das gleichzeitige Vordringen dahin zu ver- ') Aehnliches wurde im Winter von 1814 aus 1815 in Wien vorbereitet, Seitdem Kassel nicht mehr epstirt. — wie im siebenjährigen Krieg der Fall war — wächst die Wichtig¬ keit von Erfurt. Es sollte ein verschanztes Lager haben, wodurch man den Festungen am schnellsten einem größeren Wirkungskreis gebe» kau», Grenzboten II. 18S8. 32

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/257>, abgerufen am 30.12.2024.