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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.

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einer kleinen Nachbildung des Brandenburger Thors das Bild einer allego-
rischen Figur, die ich nicht recht zu bezeichnen weih; sie sieht kriegerisch aus
und ist von allerlei Attributen des Kampfes umgeben, und allerdings ist man
in diesem Raume versucht, an eine "bewaffnete Macht des Friedens" zu den-
ken, hier wo so viele Trophäen des Sieges zu sehen sind, der in dem harten
.Kampfe gegen die widerspenstigen Elemente gewonnen wird. Sie einzeln auf¬
zuzählen würde hier zu weit führen, besonders dn selbst eine eingehende Be¬
schreibung kaum em Bild davon zu liefern vermöchte und nur für den Sach¬
verständigen von Interesse wäre, aber eines Siegesdenkmals in diesem Sinne,
das jedem verständlich ist, müssen wir doch noch erwähnen, da es alle andern
weit hinter sich läßt.

Es ist das Modell der großen Eisenbahnbrücke über die Weichsel bei
Dirschau, das auf Veranstaltung des Ministers von der Hendl hier noch nach¬
träglich aufgestellt wurde, obwol es weiter in keiner Beziehung zu der übrigen
Ausstellung steht. Der Maßstab dieses Modells, das an Feinheit und Ge¬
nauigkeit der Ausführung an sich schon ein Kunstwerk ist, ist ein Zoll sür den
Fuß. So tarw man denn mit Hilfe der Phantasie sich leicht in die Nähe
jenes imposanten Baues versetzen und muß dann erfüllt werden mit tiefer
Bewunderung sür die Kühnheit des Entwurfs, die Bortrefflichkeit der Technik
und die Kraft und Ausdauer der vereint wirkenden Kräfte, die dieses Riesen¬
werk, wol eins der größten, die in Europa vorhanden find, in verhältni߬
mäßig so kurzer Zeit ins Leben riefen! Eine ungefähre Vorstellung der Größen-
verhältnisse mag man gewinnen, wenn man vernimmt, daß das östliche
Brückcnportal mit seinem befestigten Vorhofe allein 111 Fuß lang, 72 Fuß
hoch und 120 Fuß breit ist und daß der ganze Brückenüberbau aus drei halb-
ständigen Abtheilungen besteht, deren jede 828 Fuß lang ist. Das ausgestellte
Modell gibt nur einen Theil einer solchen Abtheilung wieder und den ersten
Mittelpfeiler, der mit allem kön Fuß hoch ist; wäre die ganze Abtheilung
dargestellt, so würde das Modell, jetzt 21 Fuß lang, eine Länge von 69 Fuß
haben. Ferner sieht man hier das Modell der hölzernen Rüstung, welche die
einzelnen Theile des eisernen Ueberbaus getragen hat, während diese zusam¬
mengestellt und mit glühend eingetriebenen Nietbolzen so miteinander ver¬
bunden wurden, daß sie ein Ganzes bildeten, welches sich selbst trügt; außer¬
dem sind Proben des zum Bau der Thürme u. s. w. verwendeten Materials,
so wie Photographien desselben in seinen verschiedenen Stadien ausgestellt. --
Das Staunen, das uns gewaltigen Naturerscheinungen gegenüber ergreift, hat
sür den Geist etwas Bedrückendes und Entmutigendes, weil wir sie weder
verstehen noch beherrschen können; vor diesem ähnlichen Werken werden wir
zwar auch mit Staunen erfüllt, allein ein wohlthuendes und erhebendes Ge¬
fühl mischt sich darein; denn wir kennen die Gesetze, die das Wunderwerk her.


einer kleinen Nachbildung des Brandenburger Thors das Bild einer allego-
rischen Figur, die ich nicht recht zu bezeichnen weih; sie sieht kriegerisch aus
und ist von allerlei Attributen des Kampfes umgeben, und allerdings ist man
in diesem Raume versucht, an eine „bewaffnete Macht des Friedens" zu den-
ken, hier wo so viele Trophäen des Sieges zu sehen sind, der in dem harten
.Kampfe gegen die widerspenstigen Elemente gewonnen wird. Sie einzeln auf¬
zuzählen würde hier zu weit führen, besonders dn selbst eine eingehende Be¬
schreibung kaum em Bild davon zu liefern vermöchte und nur für den Sach¬
verständigen von Interesse wäre, aber eines Siegesdenkmals in diesem Sinne,
das jedem verständlich ist, müssen wir doch noch erwähnen, da es alle andern
weit hinter sich läßt.

Es ist das Modell der großen Eisenbahnbrücke über die Weichsel bei
Dirschau, das auf Veranstaltung des Ministers von der Hendl hier noch nach¬
träglich aufgestellt wurde, obwol es weiter in keiner Beziehung zu der übrigen
Ausstellung steht. Der Maßstab dieses Modells, das an Feinheit und Ge¬
nauigkeit der Ausführung an sich schon ein Kunstwerk ist, ist ein Zoll sür den
Fuß. So tarw man denn mit Hilfe der Phantasie sich leicht in die Nähe
jenes imposanten Baues versetzen und muß dann erfüllt werden mit tiefer
Bewunderung sür die Kühnheit des Entwurfs, die Bortrefflichkeit der Technik
und die Kraft und Ausdauer der vereint wirkenden Kräfte, die dieses Riesen¬
werk, wol eins der größten, die in Europa vorhanden find, in verhältni߬
mäßig so kurzer Zeit ins Leben riefen! Eine ungefähre Vorstellung der Größen-
verhältnisse mag man gewinnen, wenn man vernimmt, daß das östliche
Brückcnportal mit seinem befestigten Vorhofe allein 111 Fuß lang, 72 Fuß
hoch und 120 Fuß breit ist und daß der ganze Brückenüberbau aus drei halb-
ständigen Abtheilungen besteht, deren jede 828 Fuß lang ist. Das ausgestellte
Modell gibt nur einen Theil einer solchen Abtheilung wieder und den ersten
Mittelpfeiler, der mit allem kön Fuß hoch ist; wäre die ganze Abtheilung
dargestellt, so würde das Modell, jetzt 21 Fuß lang, eine Länge von 69 Fuß
haben. Ferner sieht man hier das Modell der hölzernen Rüstung, welche die
einzelnen Theile des eisernen Ueberbaus getragen hat, während diese zusam¬
mengestellt und mit glühend eingetriebenen Nietbolzen so miteinander ver¬
bunden wurden, daß sie ein Ganzes bildeten, welches sich selbst trügt; außer¬
dem sind Proben des zum Bau der Thürme u. s. w. verwendeten Materials,
so wie Photographien desselben in seinen verschiedenen Stadien ausgestellt. —
Das Staunen, das uns gewaltigen Naturerscheinungen gegenüber ergreift, hat
sür den Geist etwas Bedrückendes und Entmutigendes, weil wir sie weder
verstehen noch beherrschen können; vor diesem ähnlichen Werken werden wir
zwar auch mit Staunen erfüllt, allein ein wohlthuendes und erhebendes Ge¬
fühl mischt sich darein; denn wir kennen die Gesetze, die das Wunderwerk her.


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[0199] einer kleinen Nachbildung des Brandenburger Thors das Bild einer allego- rischen Figur, die ich nicht recht zu bezeichnen weih; sie sieht kriegerisch aus und ist von allerlei Attributen des Kampfes umgeben, und allerdings ist man in diesem Raume versucht, an eine „bewaffnete Macht des Friedens" zu den- ken, hier wo so viele Trophäen des Sieges zu sehen sind, der in dem harten .Kampfe gegen die widerspenstigen Elemente gewonnen wird. Sie einzeln auf¬ zuzählen würde hier zu weit führen, besonders dn selbst eine eingehende Be¬ schreibung kaum em Bild davon zu liefern vermöchte und nur für den Sach¬ verständigen von Interesse wäre, aber eines Siegesdenkmals in diesem Sinne, das jedem verständlich ist, müssen wir doch noch erwähnen, da es alle andern weit hinter sich läßt. Es ist das Modell der großen Eisenbahnbrücke über die Weichsel bei Dirschau, das auf Veranstaltung des Ministers von der Hendl hier noch nach¬ träglich aufgestellt wurde, obwol es weiter in keiner Beziehung zu der übrigen Ausstellung steht. Der Maßstab dieses Modells, das an Feinheit und Ge¬ nauigkeit der Ausführung an sich schon ein Kunstwerk ist, ist ein Zoll sür den Fuß. So tarw man denn mit Hilfe der Phantasie sich leicht in die Nähe jenes imposanten Baues versetzen und muß dann erfüllt werden mit tiefer Bewunderung sür die Kühnheit des Entwurfs, die Bortrefflichkeit der Technik und die Kraft und Ausdauer der vereint wirkenden Kräfte, die dieses Riesen¬ werk, wol eins der größten, die in Europa vorhanden find, in verhältni߬ mäßig so kurzer Zeit ins Leben riefen! Eine ungefähre Vorstellung der Größen- verhältnisse mag man gewinnen, wenn man vernimmt, daß das östliche Brückcnportal mit seinem befestigten Vorhofe allein 111 Fuß lang, 72 Fuß hoch und 120 Fuß breit ist und daß der ganze Brückenüberbau aus drei halb- ständigen Abtheilungen besteht, deren jede 828 Fuß lang ist. Das ausgestellte Modell gibt nur einen Theil einer solchen Abtheilung wieder und den ersten Mittelpfeiler, der mit allem kön Fuß hoch ist; wäre die ganze Abtheilung dargestellt, so würde das Modell, jetzt 21 Fuß lang, eine Länge von 69 Fuß haben. Ferner sieht man hier das Modell der hölzernen Rüstung, welche die einzelnen Theile des eisernen Ueberbaus getragen hat, während diese zusam¬ mengestellt und mit glühend eingetriebenen Nietbolzen so miteinander ver¬ bunden wurden, daß sie ein Ganzes bildeten, welches sich selbst trügt; außer¬ dem sind Proben des zum Bau der Thürme u. s. w. verwendeten Materials, so wie Photographien desselben in seinen verschiedenen Stadien ausgestellt. — Das Staunen, das uns gewaltigen Naturerscheinungen gegenüber ergreift, hat sür den Geist etwas Bedrückendes und Entmutigendes, weil wir sie weder verstehen noch beherrschen können; vor diesem ähnlichen Werken werden wir zwar auch mit Staunen erfüllt, allein ein wohlthuendes und erhebendes Ge¬ fühl mischt sich darein; denn wir kennen die Gesetze, die das Wunderwerk her.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/199>, abgerufen am 21.12.2024.