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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band.

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der andere mit einer schwarzen Pfanne in den Händen, die jedem ein Merk¬
mal aufdrückt, der sich dem verbotnen Durchgange zudrängt.

Sobald die Stange mit den Preisen in der Mitte des Kampfplatzes auf¬
gerichtet ist, geben die Alten das Zeichen zum Anfang.

Sogleich tritt einer der Hauptkämpfer vor, bemächtigt sich des Preises,
um den er kämpfen will -- nur den Hut darf er jetzt noch nicht einsetzen --
und schreitet, indem er ihn in die Höhe hält, rings um den Platz; treten
mehre vor, um ihm das Erwählte streitig zu machen, so entscheidet das Loos.

Die Kampfrichter geben ein zweites Zeichen; die Kämpfenden treten sich
gegenüber und schütteln sich die Hand, dann bekreuzen sie sich, und kaum
haben die Alten zum dritten Mal in die Hände geklatscht, so beginnt das
Ringen. Die nervigen Arme umschlingen den Gegner und suchen ihn vom
Boden aufzuheben, während sich die Füße feststemmen, als ob sie in der Erde
eingewurzelt wären.

Alles lauscht in athemloser Spannung; deutlich hört man das Keuchen
der Ringenden. Jetzt wird der Eine etwas emporgehoben -- aber es ist nur
ein Moment, dann steht er wieder sicher auf den Füßen, während er den An¬
dern mit gewaltigem Ruck zum Wanken bringt. Bald versuchen sie, sich gegen¬
seitig ein Bein zu unterschlagen, bald beugen sie sich nach dieser, bald nach
jener Seite; dann stehen sie wieder unbeweglich. Brust an Brust gedrückt, mit
flammendem Gesicht und glühendem Auge, um sich gleich darauf mit ver¬
doppelter Wuth herüber- und hinüberzuzerren. Der Schweiß rinnt ihnen
von der Stirn; Schaum tritt auf die Lippen, das Keuchen ist ein lautes
Schnauben geworden, während der Zuschauerkreis in Erwartung gleichsam
versteinert ist. Aber plötzlich erhebt sich ein hundertstimmiges Geschrei. Von
einer blitzschnellen Wendung des Gegners überrascht, liegt endlich einer der
Kämpfer am Boden; die Kampfrichter eilen herbei, und indeß der Aelteste unter
ihnen die Hand des Siegers erfaßt und seinen Namen ausruft, der von allen
Anwesenden jubelnd wiederholt wird, heben andere den Besiegten vom Boden
auf. Der Sieger gibt ihm die Hand und beide treten in den Kreis der Zu¬
schauer zurück, bis ein neuer Preis den Einen oder Andern zu neuen Ver¬
suchen lockt. Ist die Stange endlich ihrer besten Gaben beraubt, so kämpfen
zuletzt noch die beiden Ringer, die im Laufe des Spieles die meisten Gegner
überwunden haben, um den Hut, die Krone des Tages. Der Glückliche, der
diesen Hauptgewinn davonträgt, wird mit Musik nach dem Büffet geführt,
wo er aus den Händen des Festgebers einen Ehrentrunk erhält. Dann kehren
die Tanzlustigen in die Tenne zurück, um bis zum Einbruch der Dunkelheit,
die dem Fest ein Ende macht, noch ein paar Rundtänze oder Jabadaos
auszuführen. Die Alten setzen sich wieder an die Tische und erzählen sich
beim Ciderkruge von den Gegnern, die sie einst besiegt und von den Preisen,


der andere mit einer schwarzen Pfanne in den Händen, die jedem ein Merk¬
mal aufdrückt, der sich dem verbotnen Durchgange zudrängt.

Sobald die Stange mit den Preisen in der Mitte des Kampfplatzes auf¬
gerichtet ist, geben die Alten das Zeichen zum Anfang.

Sogleich tritt einer der Hauptkämpfer vor, bemächtigt sich des Preises,
um den er kämpfen will — nur den Hut darf er jetzt noch nicht einsetzen —
und schreitet, indem er ihn in die Höhe hält, rings um den Platz; treten
mehre vor, um ihm das Erwählte streitig zu machen, so entscheidet das Loos.

Die Kampfrichter geben ein zweites Zeichen; die Kämpfenden treten sich
gegenüber und schütteln sich die Hand, dann bekreuzen sie sich, und kaum
haben die Alten zum dritten Mal in die Hände geklatscht, so beginnt das
Ringen. Die nervigen Arme umschlingen den Gegner und suchen ihn vom
Boden aufzuheben, während sich die Füße feststemmen, als ob sie in der Erde
eingewurzelt wären.

Alles lauscht in athemloser Spannung; deutlich hört man das Keuchen
der Ringenden. Jetzt wird der Eine etwas emporgehoben — aber es ist nur
ein Moment, dann steht er wieder sicher auf den Füßen, während er den An¬
dern mit gewaltigem Ruck zum Wanken bringt. Bald versuchen sie, sich gegen¬
seitig ein Bein zu unterschlagen, bald beugen sie sich nach dieser, bald nach
jener Seite; dann stehen sie wieder unbeweglich. Brust an Brust gedrückt, mit
flammendem Gesicht und glühendem Auge, um sich gleich darauf mit ver¬
doppelter Wuth herüber- und hinüberzuzerren. Der Schweiß rinnt ihnen
von der Stirn; Schaum tritt auf die Lippen, das Keuchen ist ein lautes
Schnauben geworden, während der Zuschauerkreis in Erwartung gleichsam
versteinert ist. Aber plötzlich erhebt sich ein hundertstimmiges Geschrei. Von
einer blitzschnellen Wendung des Gegners überrascht, liegt endlich einer der
Kämpfer am Boden; die Kampfrichter eilen herbei, und indeß der Aelteste unter
ihnen die Hand des Siegers erfaßt und seinen Namen ausruft, der von allen
Anwesenden jubelnd wiederholt wird, heben andere den Besiegten vom Boden
auf. Der Sieger gibt ihm die Hand und beide treten in den Kreis der Zu¬
schauer zurück, bis ein neuer Preis den Einen oder Andern zu neuen Ver¬
suchen lockt. Ist die Stange endlich ihrer besten Gaben beraubt, so kämpfen
zuletzt noch die beiden Ringer, die im Laufe des Spieles die meisten Gegner
überwunden haben, um den Hut, die Krone des Tages. Der Glückliche, der
diesen Hauptgewinn davonträgt, wird mit Musik nach dem Büffet geführt,
wo er aus den Händen des Festgebers einen Ehrentrunk erhält. Dann kehren
die Tanzlustigen in die Tenne zurück, um bis zum Einbruch der Dunkelheit,
die dem Fest ein Ende macht, noch ein paar Rundtänze oder Jabadaos
auszuführen. Die Alten setzen sich wieder an die Tische und erzählen sich
beim Ciderkruge von den Gegnern, die sie einst besiegt und von den Preisen,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105810/461>, abgerufen am 23.07.2024.