Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Ihre Reden strömten über von Anerkennung des philosophischen und freisinni¬
gen Ruhmes von Jena. Die Lmitusonian Institution zu Washington lies;
ein Prachtwerk von Agasstz durch einen jenaischen Professor überreichen. Die
ehemals in Jena studirenden, jetzt in Amerika lebenden Deutschen hatten eine
Votivtafel gesendet, welche in ihren lebhaft idealisirenden Ausdrücken auf
rührende Weise deutsches Heimweh und den Zauber erkennen läßt, welchen
Jugenderinnerung und das Bild des akademischen Lebens auf den in fremder
Welt weilenden Deutschen ausüben. Zu dieser Votivtafel gesellte sich eine
gleiche des neuyorter Salamanderclubs, begleitet von einem photographischen
Bild, die Stiftergruppe des Clubs darstellend, eines Vereins von Deutschen
in Amerika, welche, wie sie sagen, die höchste Freiheit des Individuums auf
allen Lebcnsgebieten erstreben! ein charakteristischer Beweis deutscher Wunder¬
lichkeit, verbunden mit rührendem Heimathsgefühl. Große Begeisterung für
Jena athmete auch das Wort des Sprechers der ehemals in Jena studiren-
den Ungarn. -Die Deputirten der deutschen Universitäten hatten sehr verstän¬
dig einen Sprecher gewählt, in der Person des trefflichen Böckh aus Berlin, der
während des ganzen Festes am meisten unter allen Gästen der Gegenstand
achtungsvoller Aufmerksamkeit blieb. In seiner Rede bezeichnete er den doppel¬
ten Gesichtspunkt, daß er Namens der deutschen Universitäten vermöge des
ihm hier erst gewordenen Auftrages und vermöge des frühern Auftrages
Namens der Universität Berlin spreche. Er hob hervor, daß die Universitäten
bis jept das reinste Band der deutschen Einheit. Als Sprecher von Berlin
wies er auf das enge Band zwischen Preußen und Thüringen hin, auf die
Berschwägcrung der Fürstenhäuser, aus welcher die Hoffnung Preußens, der
Erbe seines Thrones, hervorgegangen.

Unter den Festgeschenkcn ist das bedeutungsvollste bereits durch die Zei¬
tungen bekannt. Ich meine die lebensgroßen Büsten von Fichte, Schelling, Hegel,
in Bronce auf schwarzen Marmorsäulen, Geschenk des Prinzen und der Prinzessin
von Preußen. Wer den Gedanken dieses Geschenkes auch angeregt, taktvoller,
sinniger, grade von Seiten dieser hohen Geber bezeichnender und erfreulicher
hätte es nicht sein können. Der Regent Preußens ehrt das Fest einer deut¬
schen Universität, die nicht zu seinen Staaten gehört, durch die Bilder von
drei Heroen der deutschen Wissenschaft, in welchen sich die eigenthümliche Kühn¬
heit und Freiheit dieser Wissenschaft am höchsten ausprägt, deren Andenken
daher den Männern der Umkehr am meisten verhaßt, deren fortlebender Ein¬
fluß denselben Männern am meisten gefährlich ist.

Die vielseitige Theilnahme an dem jenaischen Universitätsfest kann ich
nicht besser hervorheben, als indem ich von dem fürstlichen Ehrengeschenk zu
den Geschenken eines Bürgers übergehe, des Buchbindernleisters Vogel zu
Jena. Derselbe hat der Universität ein Gedenkbuch überreicht, ein Pracht-


Ihre Reden strömten über von Anerkennung des philosophischen und freisinni¬
gen Ruhmes von Jena. Die Lmitusonian Institution zu Washington lies;
ein Prachtwerk von Agasstz durch einen jenaischen Professor überreichen. Die
ehemals in Jena studirenden, jetzt in Amerika lebenden Deutschen hatten eine
Votivtafel gesendet, welche in ihren lebhaft idealisirenden Ausdrücken auf
rührende Weise deutsches Heimweh und den Zauber erkennen läßt, welchen
Jugenderinnerung und das Bild des akademischen Lebens auf den in fremder
Welt weilenden Deutschen ausüben. Zu dieser Votivtafel gesellte sich eine
gleiche des neuyorter Salamanderclubs, begleitet von einem photographischen
Bild, die Stiftergruppe des Clubs darstellend, eines Vereins von Deutschen
in Amerika, welche, wie sie sagen, die höchste Freiheit des Individuums auf
allen Lebcnsgebieten erstreben! ein charakteristischer Beweis deutscher Wunder¬
lichkeit, verbunden mit rührendem Heimathsgefühl. Große Begeisterung für
Jena athmete auch das Wort des Sprechers der ehemals in Jena studiren-
den Ungarn. -Die Deputirten der deutschen Universitäten hatten sehr verstän¬
dig einen Sprecher gewählt, in der Person des trefflichen Böckh aus Berlin, der
während des ganzen Festes am meisten unter allen Gästen der Gegenstand
achtungsvoller Aufmerksamkeit blieb. In seiner Rede bezeichnete er den doppel¬
ten Gesichtspunkt, daß er Namens der deutschen Universitäten vermöge des
ihm hier erst gewordenen Auftrages und vermöge des frühern Auftrages
Namens der Universität Berlin spreche. Er hob hervor, daß die Universitäten
bis jept das reinste Band der deutschen Einheit. Als Sprecher von Berlin
wies er auf das enge Band zwischen Preußen und Thüringen hin, auf die
Berschwägcrung der Fürstenhäuser, aus welcher die Hoffnung Preußens, der
Erbe seines Thrones, hervorgegangen.

Unter den Festgeschenkcn ist das bedeutungsvollste bereits durch die Zei¬
tungen bekannt. Ich meine die lebensgroßen Büsten von Fichte, Schelling, Hegel,
in Bronce auf schwarzen Marmorsäulen, Geschenk des Prinzen und der Prinzessin
von Preußen. Wer den Gedanken dieses Geschenkes auch angeregt, taktvoller,
sinniger, grade von Seiten dieser hohen Geber bezeichnender und erfreulicher
hätte es nicht sein können. Der Regent Preußens ehrt das Fest einer deut¬
schen Universität, die nicht zu seinen Staaten gehört, durch die Bilder von
drei Heroen der deutschen Wissenschaft, in welchen sich die eigenthümliche Kühn¬
heit und Freiheit dieser Wissenschaft am höchsten ausprägt, deren Andenken
daher den Männern der Umkehr am meisten verhaßt, deren fortlebender Ein¬
fluß denselben Männern am meisten gefährlich ist.

Die vielseitige Theilnahme an dem jenaischen Universitätsfest kann ich
nicht besser hervorheben, als indem ich von dem fürstlichen Ehrengeschenk zu
den Geschenken eines Bürgers übergehe, des Buchbindernleisters Vogel zu
Jena. Derselbe hat der Universität ein Gedenkbuch überreicht, ein Pracht-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0382" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/106193"/>
          <p xml:id="ID_1053" prev="#ID_1052"> Ihre Reden strömten über von Anerkennung des philosophischen und freisinni¬<lb/>
gen Ruhmes von Jena. Die Lmitusonian Institution zu Washington lies;<lb/>
ein Prachtwerk von Agasstz durch einen jenaischen Professor überreichen. Die<lb/>
ehemals in Jena studirenden, jetzt in Amerika lebenden Deutschen hatten eine<lb/>
Votivtafel gesendet, welche in ihren lebhaft idealisirenden Ausdrücken auf<lb/>
rührende Weise deutsches Heimweh und den Zauber erkennen läßt, welchen<lb/>
Jugenderinnerung und das Bild des akademischen Lebens auf den in fremder<lb/>
Welt weilenden Deutschen ausüben. Zu dieser Votivtafel gesellte sich eine<lb/>
gleiche des neuyorter Salamanderclubs, begleitet von einem photographischen<lb/>
Bild, die Stiftergruppe des Clubs darstellend, eines Vereins von Deutschen<lb/>
in Amerika, welche, wie sie sagen, die höchste Freiheit des Individuums auf<lb/>
allen Lebcnsgebieten erstreben! ein charakteristischer Beweis deutscher Wunder¬<lb/>
lichkeit, verbunden mit rührendem Heimathsgefühl. Große Begeisterung für<lb/>
Jena athmete auch das Wort des Sprechers der ehemals in Jena studiren-<lb/>
den Ungarn. -Die Deputirten der deutschen Universitäten hatten sehr verstän¬<lb/>
dig einen Sprecher gewählt, in der Person des trefflichen Böckh aus Berlin, der<lb/>
während des ganzen Festes am meisten unter allen Gästen der Gegenstand<lb/>
achtungsvoller Aufmerksamkeit blieb. In seiner Rede bezeichnete er den doppel¬<lb/>
ten Gesichtspunkt, daß er Namens der deutschen Universitäten vermöge des<lb/>
ihm hier erst gewordenen Auftrages und vermöge des frühern Auftrages<lb/>
Namens der Universität Berlin spreche. Er hob hervor, daß die Universitäten<lb/>
bis jept das reinste Band der deutschen Einheit. Als Sprecher von Berlin<lb/>
wies er auf das enge Band zwischen Preußen und Thüringen hin, auf die<lb/>
Berschwägcrung der Fürstenhäuser, aus welcher die Hoffnung Preußens, der<lb/>
Erbe seines Thrones, hervorgegangen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1054"> Unter den Festgeschenkcn ist das bedeutungsvollste bereits durch die Zei¬<lb/>
tungen bekannt. Ich meine die lebensgroßen Büsten von Fichte, Schelling, Hegel,<lb/>
in Bronce auf schwarzen Marmorsäulen, Geschenk des Prinzen und der Prinzessin<lb/>
von Preußen. Wer den Gedanken dieses Geschenkes auch angeregt, taktvoller,<lb/>
sinniger, grade von Seiten dieser hohen Geber bezeichnender und erfreulicher<lb/>
hätte es nicht sein können. Der Regent Preußens ehrt das Fest einer deut¬<lb/>
schen Universität, die nicht zu seinen Staaten gehört, durch die Bilder von<lb/>
drei Heroen der deutschen Wissenschaft, in welchen sich die eigenthümliche Kühn¬<lb/>
heit und Freiheit dieser Wissenschaft am höchsten ausprägt, deren Andenken<lb/>
daher den Männern der Umkehr am meisten verhaßt, deren fortlebender Ein¬<lb/>
fluß denselben Männern am meisten gefährlich ist.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1055" next="#ID_1056"> Die vielseitige Theilnahme an dem jenaischen Universitätsfest kann ich<lb/>
nicht besser hervorheben, als indem ich von dem fürstlichen Ehrengeschenk zu<lb/>
den Geschenken eines Bürgers übergehe, des Buchbindernleisters Vogel zu<lb/>
Jena.  Derselbe hat der Universität ein Gedenkbuch überreicht, ein Pracht-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0382] Ihre Reden strömten über von Anerkennung des philosophischen und freisinni¬ gen Ruhmes von Jena. Die Lmitusonian Institution zu Washington lies; ein Prachtwerk von Agasstz durch einen jenaischen Professor überreichen. Die ehemals in Jena studirenden, jetzt in Amerika lebenden Deutschen hatten eine Votivtafel gesendet, welche in ihren lebhaft idealisirenden Ausdrücken auf rührende Weise deutsches Heimweh und den Zauber erkennen läßt, welchen Jugenderinnerung und das Bild des akademischen Lebens auf den in fremder Welt weilenden Deutschen ausüben. Zu dieser Votivtafel gesellte sich eine gleiche des neuyorter Salamanderclubs, begleitet von einem photographischen Bild, die Stiftergruppe des Clubs darstellend, eines Vereins von Deutschen in Amerika, welche, wie sie sagen, die höchste Freiheit des Individuums auf allen Lebcnsgebieten erstreben! ein charakteristischer Beweis deutscher Wunder¬ lichkeit, verbunden mit rührendem Heimathsgefühl. Große Begeisterung für Jena athmete auch das Wort des Sprechers der ehemals in Jena studiren- den Ungarn. -Die Deputirten der deutschen Universitäten hatten sehr verstän¬ dig einen Sprecher gewählt, in der Person des trefflichen Böckh aus Berlin, der während des ganzen Festes am meisten unter allen Gästen der Gegenstand achtungsvoller Aufmerksamkeit blieb. In seiner Rede bezeichnete er den doppel¬ ten Gesichtspunkt, daß er Namens der deutschen Universitäten vermöge des ihm hier erst gewordenen Auftrages und vermöge des frühern Auftrages Namens der Universität Berlin spreche. Er hob hervor, daß die Universitäten bis jept das reinste Band der deutschen Einheit. Als Sprecher von Berlin wies er auf das enge Band zwischen Preußen und Thüringen hin, auf die Berschwägcrung der Fürstenhäuser, aus welcher die Hoffnung Preußens, der Erbe seines Thrones, hervorgegangen. Unter den Festgeschenkcn ist das bedeutungsvollste bereits durch die Zei¬ tungen bekannt. Ich meine die lebensgroßen Büsten von Fichte, Schelling, Hegel, in Bronce auf schwarzen Marmorsäulen, Geschenk des Prinzen und der Prinzessin von Preußen. Wer den Gedanken dieses Geschenkes auch angeregt, taktvoller, sinniger, grade von Seiten dieser hohen Geber bezeichnender und erfreulicher hätte es nicht sein können. Der Regent Preußens ehrt das Fest einer deut¬ schen Universität, die nicht zu seinen Staaten gehört, durch die Bilder von drei Heroen der deutschen Wissenschaft, in welchen sich die eigenthümliche Kühn¬ heit und Freiheit dieser Wissenschaft am höchsten ausprägt, deren Andenken daher den Männern der Umkehr am meisten verhaßt, deren fortlebender Ein¬ fluß denselben Männern am meisten gefährlich ist. Die vielseitige Theilnahme an dem jenaischen Universitätsfest kann ich nicht besser hervorheben, als indem ich von dem fürstlichen Ehrengeschenk zu den Geschenken eines Bürgers übergehe, des Buchbindernleisters Vogel zu Jena. Derselbe hat der Universität ein Gedenkbuch überreicht, ein Pracht-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105810/382
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105810/382>, abgerufen am 25.08.2024.