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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band.

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beiters dieser Blätter. Es folgte kameradschaftliches Händeschütteln. Vor¬
stellung bei Madame und natürlich der Beschluß, in demselben Waggon weiter¬
zufahren, den meine neuen Bekannten gewählt hatten.

Es war wirklich ein eignes Zusammentreffen. Demungeachtet lag mir
der Gedanke^ daß der geschätzte Mitarbeiter ersehen, mein Reisegefährte um
das Cap Matapan zu werden, mindestens noch ebenso fern, als fünf Minuten
vorher die Vermuthung, daß der blonde Unbekannte mir gegenüber eigentlich
eine Art Bekannter sei. Die Leute fuhren nach Steiermark, um dort den
Sommer zuzubringen. Sie wollten überdies die Nacht in Prag bleiben, und
ich hatte ein Billet nach Wien. Ich konnte, nachdem wir vertrauter gewor¬
den, wünschen, einen ähnlichen Reisebegleiter zu finden, und ich wünschte es
wirklich. Die Hoffnung, grade diesen zu gewinnen, hätte, wenn sie mir
überhaupt aufgestiegen wäre, als unberechtigt zurückgedrängt werden müssen.
Aber siehe da. was mir unmöglich schien, war schon auf dem Wege der Ver¬
wirklichung. Wir hatten noch nicht lange von den Schönheiten Griechenlands
gesprochen, als ich zu bemerken glaubte, daß in den Beiden ein Entschluß
reifte, der zu meiner Tour in Beziehung stand. Sie fragte, ob ich gern allein
reise, was ich verneinte. Er erkundigte sich nach den Reisekosten, worauf ich
einen Ueberschlag gab, der zu befriedigen schien. Die Dame sann eine Weile
nach, dann sagte sie: "Wie wärs, wenn Du mitgingst?" und ein dankbares
Lächeln des Gemahls antwortete: "Vortrefflich wärs!" Es gab noch das eine
und das andere Aber. Man zweifelte, ob mir grade mit diesem Begleiter
gedient sein könnte, ein Zweifel, der von mir rasch beseitigt wurde. Man
rechnete noch einmal, überlegte noch einmal den Weg zur Beschaffung der
noch fehlenden Mittel, dann wars mit Topp und Handschlag vollbracht, und
als der Schaffner "Station Prag" in das Wagenfenster rief, war nicht nur
das Ob, sondern auch das Wie der Sache entschieden. Wir wollten uns
den nächsten Abend in Wien treffen, den darauf folgenden Morgen Madame
nach der stcierschen Sommerresidenz bringen und dann in Gottes Namen nach
Triest und so weiter fahren. Und wie gewollt, so geschehen, und ich meine,
keiner von uns beiden beklagt jetzt den Zufall, der uns zusammengab.

Auch weiterhin war der Jupiter der Reisenden mir günstig. Der Lloyd-
dampfer "Germania", der uns nach Syra führen sollte, ist ein schönes, be¬
quem eingerichtetes Schiff, welches dadurch, daß es bis Korfu nur wenige,
von dort bis Syra aber außer uns beiden gar keine Passagiere erster Classe
hatte, eben nicht unbequemer wurde. Der Capitän war ein Seemann besten
Schlags und sprach überdies -- was freilich der Name des Schiffes zu ver¬
langen schien -- ziemlich gut und, was bei diesen Kroaten und Dalmatinern
nicht häufig der Fall ist, auch gern deutsch. Sturm und andere Meeres-
uubill blieb uns fern, und infolge dessen auch die Seekrankheit. Langeweile


beiters dieser Blätter. Es folgte kameradschaftliches Händeschütteln. Vor¬
stellung bei Madame und natürlich der Beschluß, in demselben Waggon weiter¬
zufahren, den meine neuen Bekannten gewählt hatten.

Es war wirklich ein eignes Zusammentreffen. Demungeachtet lag mir
der Gedanke^ daß der geschätzte Mitarbeiter ersehen, mein Reisegefährte um
das Cap Matapan zu werden, mindestens noch ebenso fern, als fünf Minuten
vorher die Vermuthung, daß der blonde Unbekannte mir gegenüber eigentlich
eine Art Bekannter sei. Die Leute fuhren nach Steiermark, um dort den
Sommer zuzubringen. Sie wollten überdies die Nacht in Prag bleiben, und
ich hatte ein Billet nach Wien. Ich konnte, nachdem wir vertrauter gewor¬
den, wünschen, einen ähnlichen Reisebegleiter zu finden, und ich wünschte es
wirklich. Die Hoffnung, grade diesen zu gewinnen, hätte, wenn sie mir
überhaupt aufgestiegen wäre, als unberechtigt zurückgedrängt werden müssen.
Aber siehe da. was mir unmöglich schien, war schon auf dem Wege der Ver¬
wirklichung. Wir hatten noch nicht lange von den Schönheiten Griechenlands
gesprochen, als ich zu bemerken glaubte, daß in den Beiden ein Entschluß
reifte, der zu meiner Tour in Beziehung stand. Sie fragte, ob ich gern allein
reise, was ich verneinte. Er erkundigte sich nach den Reisekosten, worauf ich
einen Ueberschlag gab, der zu befriedigen schien. Die Dame sann eine Weile
nach, dann sagte sie: „Wie wärs, wenn Du mitgingst?" und ein dankbares
Lächeln des Gemahls antwortete: „Vortrefflich wärs!" Es gab noch das eine
und das andere Aber. Man zweifelte, ob mir grade mit diesem Begleiter
gedient sein könnte, ein Zweifel, der von mir rasch beseitigt wurde. Man
rechnete noch einmal, überlegte noch einmal den Weg zur Beschaffung der
noch fehlenden Mittel, dann wars mit Topp und Handschlag vollbracht, und
als der Schaffner „Station Prag" in das Wagenfenster rief, war nicht nur
das Ob, sondern auch das Wie der Sache entschieden. Wir wollten uns
den nächsten Abend in Wien treffen, den darauf folgenden Morgen Madame
nach der stcierschen Sommerresidenz bringen und dann in Gottes Namen nach
Triest und so weiter fahren. Und wie gewollt, so geschehen, und ich meine,
keiner von uns beiden beklagt jetzt den Zufall, der uns zusammengab.

Auch weiterhin war der Jupiter der Reisenden mir günstig. Der Lloyd-
dampfer „Germania", der uns nach Syra führen sollte, ist ein schönes, be¬
quem eingerichtetes Schiff, welches dadurch, daß es bis Korfu nur wenige,
von dort bis Syra aber außer uns beiden gar keine Passagiere erster Classe
hatte, eben nicht unbequemer wurde. Der Capitän war ein Seemann besten
Schlags und sprach überdies — was freilich der Name des Schiffes zu ver¬
langen schien — ziemlich gut und, was bei diesen Kroaten und Dalmatinern
nicht häufig der Fall ist, auch gern deutsch. Sturm und andere Meeres-
uubill blieb uns fern, und infolge dessen auch die Seekrankheit. Langeweile


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[0234] beiters dieser Blätter. Es folgte kameradschaftliches Händeschütteln. Vor¬ stellung bei Madame und natürlich der Beschluß, in demselben Waggon weiter¬ zufahren, den meine neuen Bekannten gewählt hatten. Es war wirklich ein eignes Zusammentreffen. Demungeachtet lag mir der Gedanke^ daß der geschätzte Mitarbeiter ersehen, mein Reisegefährte um das Cap Matapan zu werden, mindestens noch ebenso fern, als fünf Minuten vorher die Vermuthung, daß der blonde Unbekannte mir gegenüber eigentlich eine Art Bekannter sei. Die Leute fuhren nach Steiermark, um dort den Sommer zuzubringen. Sie wollten überdies die Nacht in Prag bleiben, und ich hatte ein Billet nach Wien. Ich konnte, nachdem wir vertrauter gewor¬ den, wünschen, einen ähnlichen Reisebegleiter zu finden, und ich wünschte es wirklich. Die Hoffnung, grade diesen zu gewinnen, hätte, wenn sie mir überhaupt aufgestiegen wäre, als unberechtigt zurückgedrängt werden müssen. Aber siehe da. was mir unmöglich schien, war schon auf dem Wege der Ver¬ wirklichung. Wir hatten noch nicht lange von den Schönheiten Griechenlands gesprochen, als ich zu bemerken glaubte, daß in den Beiden ein Entschluß reifte, der zu meiner Tour in Beziehung stand. Sie fragte, ob ich gern allein reise, was ich verneinte. Er erkundigte sich nach den Reisekosten, worauf ich einen Ueberschlag gab, der zu befriedigen schien. Die Dame sann eine Weile nach, dann sagte sie: „Wie wärs, wenn Du mitgingst?" und ein dankbares Lächeln des Gemahls antwortete: „Vortrefflich wärs!" Es gab noch das eine und das andere Aber. Man zweifelte, ob mir grade mit diesem Begleiter gedient sein könnte, ein Zweifel, der von mir rasch beseitigt wurde. Man rechnete noch einmal, überlegte noch einmal den Weg zur Beschaffung der noch fehlenden Mittel, dann wars mit Topp und Handschlag vollbracht, und als der Schaffner „Station Prag" in das Wagenfenster rief, war nicht nur das Ob, sondern auch das Wie der Sache entschieden. Wir wollten uns den nächsten Abend in Wien treffen, den darauf folgenden Morgen Madame nach der stcierschen Sommerresidenz bringen und dann in Gottes Namen nach Triest und so weiter fahren. Und wie gewollt, so geschehen, und ich meine, keiner von uns beiden beklagt jetzt den Zufall, der uns zusammengab. Auch weiterhin war der Jupiter der Reisenden mir günstig. Der Lloyd- dampfer „Germania", der uns nach Syra führen sollte, ist ein schönes, be¬ quem eingerichtetes Schiff, welches dadurch, daß es bis Korfu nur wenige, von dort bis Syra aber außer uns beiden gar keine Passagiere erster Classe hatte, eben nicht unbequemer wurde. Der Capitän war ein Seemann besten Schlags und sprach überdies — was freilich der Name des Schiffes zu ver¬ langen schien — ziemlich gut und, was bei diesen Kroaten und Dalmatinern nicht häufig der Fall ist, auch gern deutsch. Sturm und andere Meeres- uubill blieb uns fern, und infolge dessen auch die Seekrankheit. Langeweile

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105810/234>, abgerufen am 03.07.2024.