Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

begegneten. In der Gesammtheit wiederholten sie nur die Anerkennung
von der Nothwendigkeit solcher Reformen mit dem seit 1815 gewohnten Bei¬
satze, daß der geeignete Zeitpunkt dafür noch nicht gekommen sei. Etwas Po¬
sitives, wie geartet man sich in den leitenden Kreisen eine Bundesreform oder
Ausbildung der Bundesverfassung denke, nach welchen Principien sie in Aus¬
sicht genommen werden könne, welches endlich der dafür geeignete Zeitpunkt
sein werde -- etwas derartig Positives verlautete von keiner Ministerbank.
In wahrhafter Harmonie erklang dagegen im Süden, wie im Norden die
Versicherung, daß an eine Vertretung des deutschen Volkes bei Behandlung
der politischen und Bundesfragen nicht entfernt zu denken sei. Denn dies setze
eine legislative und vollziehende Gewalt an der Spitze des Bundestags vor¬
aus, welcher doch jeder gewissenhafte Minister jedes Einzelstaates entgegen¬
treten müsse, weil dadurch das monarchische Princip herabgewürdigt werde.
Mit den vollendeten, in Angriff genommenen, vorbereiteten Einigungen auf
materiellem Gebiete solle man sich genügen lassen. Ehre, Ruhe und Frieden
habe der deutsche Bund den deutschen Völkern geschaffen und erhalten. Nur
der deutsche Pessimismus verringere die Achtung des Auslandes vor dem deut¬
schen Bunde. -- Natürlich nehmen auch wir uns solche Ministerworte zu Her¬
zen und wollen im Vorhergehenden nur das Nach- und Nebeneinander der
Bundesreformfrage mit den von Baiern gestellten Anträgen, durch deren Ver¬
wirklichung "die lauter werdende Unzufriedenheit in der Nation auch oh,ne
Bundesreform zu beseitigen" ist, übersichtlich vorgeführt haben.




Die Militärverhnltnisse Großbritanniens.
3.
Die Offiziere. -- Das indische Heer.

Bekanntlich kaufen die Offiziere der königlichen Armee ihre Stellen bis
inclusive der eines Oberstlieutenants; die eines Obersten, Generalmajors und
weiter aufwärts werden von der Königin unentgeltlich verliehen. Man hat
zweierlei Gründe für Beibehaltung dieses Systemes angeführt: der erste und
wichtigste ist. nur vermögende Leute als Offiziere in, Heere zu haben, da
trotz des hohen Gehalts die niederen Grade nicht ohne Zuschuß existiren
können; der zweite ist, daß man annimmt, die Söhne vermögender Leute


begegneten. In der Gesammtheit wiederholten sie nur die Anerkennung
von der Nothwendigkeit solcher Reformen mit dem seit 1815 gewohnten Bei¬
satze, daß der geeignete Zeitpunkt dafür noch nicht gekommen sei. Etwas Po¬
sitives, wie geartet man sich in den leitenden Kreisen eine Bundesreform oder
Ausbildung der Bundesverfassung denke, nach welchen Principien sie in Aus¬
sicht genommen werden könne, welches endlich der dafür geeignete Zeitpunkt
sein werde — etwas derartig Positives verlautete von keiner Ministerbank.
In wahrhafter Harmonie erklang dagegen im Süden, wie im Norden die
Versicherung, daß an eine Vertretung des deutschen Volkes bei Behandlung
der politischen und Bundesfragen nicht entfernt zu denken sei. Denn dies setze
eine legislative und vollziehende Gewalt an der Spitze des Bundestags vor¬
aus, welcher doch jeder gewissenhafte Minister jedes Einzelstaates entgegen¬
treten müsse, weil dadurch das monarchische Princip herabgewürdigt werde.
Mit den vollendeten, in Angriff genommenen, vorbereiteten Einigungen auf
materiellem Gebiete solle man sich genügen lassen. Ehre, Ruhe und Frieden
habe der deutsche Bund den deutschen Völkern geschaffen und erhalten. Nur
der deutsche Pessimismus verringere die Achtung des Auslandes vor dem deut¬
schen Bunde. — Natürlich nehmen auch wir uns solche Ministerworte zu Her¬
zen und wollen im Vorhergehenden nur das Nach- und Nebeneinander der
Bundesreformfrage mit den von Baiern gestellten Anträgen, durch deren Ver¬
wirklichung „die lauter werdende Unzufriedenheit in der Nation auch oh,ne
Bundesreform zu beseitigen" ist, übersichtlich vorgeführt haben.




Die Militärverhnltnisse Großbritanniens.
3.
Die Offiziere. — Das indische Heer.

Bekanntlich kaufen die Offiziere der königlichen Armee ihre Stellen bis
inclusive der eines Oberstlieutenants; die eines Obersten, Generalmajors und
weiter aufwärts werden von der Königin unentgeltlich verliehen. Man hat
zweierlei Gründe für Beibehaltung dieses Systemes angeführt: der erste und
wichtigste ist. nur vermögende Leute als Offiziere in, Heere zu haben, da
trotz des hohen Gehalts die niederen Grade nicht ohne Zuschuß existiren
können; der zweite ist, daß man annimmt, die Söhne vermögender Leute


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0218" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/106029"/>
            <p xml:id="ID_616" prev="#ID_615"> begegneten. In der Gesammtheit wiederholten sie nur die Anerkennung<lb/>
von der Nothwendigkeit solcher Reformen mit dem seit 1815 gewohnten Bei¬<lb/>
satze, daß der geeignete Zeitpunkt dafür noch nicht gekommen sei. Etwas Po¬<lb/>
sitives, wie geartet man sich in den leitenden Kreisen eine Bundesreform oder<lb/>
Ausbildung der Bundesverfassung denke, nach welchen Principien sie in Aus¬<lb/>
sicht genommen werden könne, welches endlich der dafür geeignete Zeitpunkt<lb/>
sein werde &#x2014; etwas derartig Positives verlautete von keiner Ministerbank.<lb/>
In wahrhafter Harmonie erklang dagegen im Süden, wie im Norden die<lb/>
Versicherung, daß an eine Vertretung des deutschen Volkes bei Behandlung<lb/>
der politischen und Bundesfragen nicht entfernt zu denken sei. Denn dies setze<lb/>
eine legislative und vollziehende Gewalt an der Spitze des Bundestags vor¬<lb/>
aus, welcher doch jeder gewissenhafte Minister jedes Einzelstaates entgegen¬<lb/>
treten müsse, weil dadurch das monarchische Princip herabgewürdigt werde.<lb/>
Mit den vollendeten, in Angriff genommenen, vorbereiteten Einigungen auf<lb/>
materiellem Gebiete solle man sich genügen lassen. Ehre, Ruhe und Frieden<lb/>
habe der deutsche Bund den deutschen Völkern geschaffen und erhalten. Nur<lb/>
der deutsche Pessimismus verringere die Achtung des Auslandes vor dem deut¬<lb/>
schen Bunde. &#x2014; Natürlich nehmen auch wir uns solche Ministerworte zu Her¬<lb/>
zen und wollen im Vorhergehenden nur das Nach- und Nebeneinander der<lb/>
Bundesreformfrage mit den von Baiern gestellten Anträgen, durch deren Ver¬<lb/>
wirklichung &#x201E;die lauter werdende Unzufriedenheit in der Nation auch oh,ne<lb/>
Bundesreform zu beseitigen" ist, übersichtlich vorgeführt haben.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Die Militärverhnltnisse Großbritanniens.</head><lb/>
          <div n="2">
            <head> 3.<lb/>
Die Offiziere. &#x2014; Das indische Heer.</head><lb/>
            <p xml:id="ID_617" next="#ID_618"> Bekanntlich kaufen die Offiziere der königlichen Armee ihre Stellen bis<lb/>
inclusive der eines Oberstlieutenants; die eines Obersten, Generalmajors und<lb/>
weiter aufwärts werden von der Königin unentgeltlich verliehen. Man hat<lb/>
zweierlei Gründe für Beibehaltung dieses Systemes angeführt: der erste und<lb/>
wichtigste ist. nur vermögende Leute als Offiziere in, Heere zu haben, da<lb/>
trotz des hohen Gehalts die niederen Grade nicht ohne Zuschuß existiren<lb/>
können; der zweite ist, daß man annimmt, die Söhne vermögender Leute</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0218] begegneten. In der Gesammtheit wiederholten sie nur die Anerkennung von der Nothwendigkeit solcher Reformen mit dem seit 1815 gewohnten Bei¬ satze, daß der geeignete Zeitpunkt dafür noch nicht gekommen sei. Etwas Po¬ sitives, wie geartet man sich in den leitenden Kreisen eine Bundesreform oder Ausbildung der Bundesverfassung denke, nach welchen Principien sie in Aus¬ sicht genommen werden könne, welches endlich der dafür geeignete Zeitpunkt sein werde — etwas derartig Positives verlautete von keiner Ministerbank. In wahrhafter Harmonie erklang dagegen im Süden, wie im Norden die Versicherung, daß an eine Vertretung des deutschen Volkes bei Behandlung der politischen und Bundesfragen nicht entfernt zu denken sei. Denn dies setze eine legislative und vollziehende Gewalt an der Spitze des Bundestags vor¬ aus, welcher doch jeder gewissenhafte Minister jedes Einzelstaates entgegen¬ treten müsse, weil dadurch das monarchische Princip herabgewürdigt werde. Mit den vollendeten, in Angriff genommenen, vorbereiteten Einigungen auf materiellem Gebiete solle man sich genügen lassen. Ehre, Ruhe und Frieden habe der deutsche Bund den deutschen Völkern geschaffen und erhalten. Nur der deutsche Pessimismus verringere die Achtung des Auslandes vor dem deut¬ schen Bunde. — Natürlich nehmen auch wir uns solche Ministerworte zu Her¬ zen und wollen im Vorhergehenden nur das Nach- und Nebeneinander der Bundesreformfrage mit den von Baiern gestellten Anträgen, durch deren Ver¬ wirklichung „die lauter werdende Unzufriedenheit in der Nation auch oh,ne Bundesreform zu beseitigen" ist, übersichtlich vorgeführt haben. Die Militärverhnltnisse Großbritanniens. 3. Die Offiziere. — Das indische Heer. Bekanntlich kaufen die Offiziere der königlichen Armee ihre Stellen bis inclusive der eines Oberstlieutenants; die eines Obersten, Generalmajors und weiter aufwärts werden von der Königin unentgeltlich verliehen. Man hat zweierlei Gründe für Beibehaltung dieses Systemes angeführt: der erste und wichtigste ist. nur vermögende Leute als Offiziere in, Heere zu haben, da trotz des hohen Gehalts die niederen Grade nicht ohne Zuschuß existiren können; der zweite ist, daß man annimmt, die Söhne vermögender Leute

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105810/218
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105810/218>, abgerufen am 22.07.2024.