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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.

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kein während der Wendung convulsivisch beben, dann schreitet sie bedächtig,
unaufhörlich mit allen fleischigen Theilen des Leibes sibrirend. vorwärts und
rückwärts - ein wundersames Bild von Bewegung und Ruhe in Eins ver¬
bunden, eine unablässige Aufeinanderfolge von fieberischer Wonneschauern
der Leidenschaft, morgenländischer Leidenschaft, morgenländischen Liebc-
verlangens, glühendster Sinnlichkeit.


"Die ganze Nacht durch lasse ich nicht ab mit Seufzen
Ueber eine einsame Gazelle, die Entführerin meiner Seele.
Ich gelobe, wenn meine Geliebte kommt,
Will ich Thaten verrichten, wie sie Nntar nicht gethan."

So. begleitet von Tambourin und Nabab. Tarabuka und Händeklatsche...
erschallt der Gesang der Musikanten, in den die andern Tänzerinnen ein-
fallen. und der die Primadonna zu neuem spasmodischen Zusammenkauern
anregt.


> "Und die Geliebte kam zu mir bebenden Ganges,
Und ihre Augenlider machten mich trunken.
Ich streckte die Hand aus, den Becher zu ergreifen.
Da ward ich berauscht von ihren Augen.
O Du in dem rosenrothen Kleide, in dem rosenrothen Kleide.
Liebling meiner Seele, bleibe bei mir!"

Und die Tänzerin beugt sich plötzlich nieder. Me. ohne Unterlaß von
ihren wollüstigen Schauen überlaufen, auf die Knie, streckt sich der ganzrn
Länge nach immer taktmäßig zuckend aus den Boden hin, erhebt sich in der¬
selben Weise zitternd und tritt dann zurück, um sich wieder in ihr Ober¬
gewand und deu Schleier zu hüllen, während die Musik eine andere zu ähn¬
lichen Pantomimen herbeiruft. "Buono!" ruft der Chowadschi - Buono,
das einzige Wort Europas, welches die Mädchen verstehen. "Tejb! Tejb!"
schallt der Brävorus der Matrosen am Bugspriet. "Waikas!"") murmelt der
alte Eapitän in seinen Bart, wenn das Spiel geendet ist.

Die Gawassitänze sind einer der wesentlichsten unter den bunten Steinen,
aus denen sich das Mosaitbild des Traumlebens auf dem Nil zusammensetzt.
Ihre wilden Melodien aber werden übertönt von dem melancholischen Gesang
der Satiahs, welche immer aufs Neue ihre klagenden Stimmen hören lassen,
immer wieder daran erinnern, daß Aegypten ein großes Todtenfeld ist und
dem Chowadschi noch lange, nachdem er in die Heimath zurückgekehrt ist, die
vorwiegende, Stimmung des Nillebens nachempfinden lassen. Einzeln und
in der Nähe gehört, singen sie so wenig schön, wie ein Wagenrad, das sich
durch den klingenden Frost eines winterlichen Schneewcgs hindurcharbeitet.
Anders in der Ferne und in Gemeinschaft miteinander. Es sollen ihrer aus



') Teju heißt gut, Wcitwh bei Gott.

kein während der Wendung convulsivisch beben, dann schreitet sie bedächtig,
unaufhörlich mit allen fleischigen Theilen des Leibes sibrirend. vorwärts und
rückwärts - ein wundersames Bild von Bewegung und Ruhe in Eins ver¬
bunden, eine unablässige Aufeinanderfolge von fieberischer Wonneschauern
der Leidenschaft, morgenländischer Leidenschaft, morgenländischen Liebc-
verlangens, glühendster Sinnlichkeit.


„Die ganze Nacht durch lasse ich nicht ab mit Seufzen
Ueber eine einsame Gazelle, die Entführerin meiner Seele.
Ich gelobe, wenn meine Geliebte kommt,
Will ich Thaten verrichten, wie sie Nntar nicht gethan."

So. begleitet von Tambourin und Nabab. Tarabuka und Händeklatsche...
erschallt der Gesang der Musikanten, in den die andern Tänzerinnen ein-
fallen. und der die Primadonna zu neuem spasmodischen Zusammenkauern
anregt.


> „Und die Geliebte kam zu mir bebenden Ganges,
Und ihre Augenlider machten mich trunken.
Ich streckte die Hand aus, den Becher zu ergreifen.
Da ward ich berauscht von ihren Augen.
O Du in dem rosenrothen Kleide, in dem rosenrothen Kleide.
Liebling meiner Seele, bleibe bei mir!"

Und die Tänzerin beugt sich plötzlich nieder. Me. ohne Unterlaß von
ihren wollüstigen Schauen überlaufen, auf die Knie, streckt sich der ganzrn
Länge nach immer taktmäßig zuckend aus den Boden hin, erhebt sich in der¬
selben Weise zitternd und tritt dann zurück, um sich wieder in ihr Ober¬
gewand und deu Schleier zu hüllen, während die Musik eine andere zu ähn¬
lichen Pantomimen herbeiruft. „Buono!" ruft der Chowadschi - Buono,
das einzige Wort Europas, welches die Mädchen verstehen. „Tejb! Tejb!"
schallt der Brävorus der Matrosen am Bugspriet. „Waikas!"") murmelt der
alte Eapitän in seinen Bart, wenn das Spiel geendet ist.

Die Gawassitänze sind einer der wesentlichsten unter den bunten Steinen,
aus denen sich das Mosaitbild des Traumlebens auf dem Nil zusammensetzt.
Ihre wilden Melodien aber werden übertönt von dem melancholischen Gesang
der Satiahs, welche immer aufs Neue ihre klagenden Stimmen hören lassen,
immer wieder daran erinnern, daß Aegypten ein großes Todtenfeld ist und
dem Chowadschi noch lange, nachdem er in die Heimath zurückgekehrt ist, die
vorwiegende, Stimmung des Nillebens nachempfinden lassen. Einzeln und
in der Nähe gehört, singen sie so wenig schön, wie ein Wagenrad, das sich
durch den klingenden Frost eines winterlichen Schneewcgs hindurcharbeitet.
Anders in der Ferne und in Gemeinschaft miteinander. Es sollen ihrer aus



') Teju heißt gut, Wcitwh bei Gott.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276/47>, abgerufen am 22.12.2024.