Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.finden wird. Ein jedes Bild hinkt, so natürlich auch dieses; allein es heißt Die Kriegsmusik, mit welcher uns das vorige Jahr eingeläutet wurde, In unserm Verhältniß zu Deutschland konnte der neuenburger Handel finden wird. Ein jedes Bild hinkt, so natürlich auch dieses; allein es heißt Die Kriegsmusik, mit welcher uns das vorige Jahr eingeläutet wurde, In unserm Verhältniß zu Deutschland konnte der neuenburger Handel <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0410" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/105687"/> <p xml:id="ID_1061" prev="#ID_1060"> finden wird. Ein jedes Bild hinkt, so natürlich auch dieses; allein es heißt<lb/> Personen und Sachen nicht übermäßige Gewalt anthun, wenn wir den<lb/> Spaniern jener Zeit hier die Armeen und Diplomaten Roms substituiren,<lb/> und jenen Großen und Frondisten d'le aristokratisch-ultramontane Partei. Selbst<lb/> zum Portrait des berüchtigten Cardinals von Netz könnte mehr als ein<lb/> Exemplar aus den Curien von Freiburg, Se. Gallen und Chur sitzen. Nur<lb/> sür jene welthistorischen Gestalten, welche die neufranzösische Monarchie be-<lb/> gründet haben, liefern unsre demokratischen Verhältnisse kein ausdrucksvolles<lb/> Ancilogon, wol aber ein alle Parteien mächtig beherrschendes Collectivwcsen:<lb/> den schweizerischen Nationalgeist, immer wach in den Gemüthern des Volkes<lb/> und documentirt in der frei vom Volk gesetzten und darum im höchsten Ansehen<lb/> stehenden Bundesverfassung von 1848.</p><lb/> <p xml:id="ID_1062"> Die Kriegsmusik, mit welcher uns das vorige Jahr eingeläutet wurde,<lb/> hat so-laut über die Grenze» der Schweiz hinausgetönt, die Angelegenheit ist<lb/> durch die europäische Bedeutung, die sie gewann, so bekannt geworden, daß<lb/> Sie mir ein Eingehen in die neuenburger Frage gern erlassen. Nur das<lb/> Moment erlauben Sie als sür die Geschichte der Schweiz epochemachend festzu-<lb/> stellen, daß die Einigkeit, mit welcher alle Cantone und Parteien sich zusammen¬<lb/> scharten, als man ihnen mit Krieg drohte, und ganz besonders als der fran¬<lb/> zösische Moniteur durch grundlose Verdächtigung der obersten Lnndcsbehörde das<lb/> nationale Ehrgefühl verletzte, daß — sage ich — diese Einigkeit unserm Volk eine<lb/> Schnellkraft und ein Gefühl der Stärke verlieh, wie es seit dem Eintritt der Refor¬<lb/> mation nie mehr dagewesen. Als dann die feste und einige Haltung der Schweiz<lb/> (diese wol nicht allein! d. Red.) ohne Zerwürfnis; zum Ziel geführt hatte, erreicht)?<lb/> das nationale Selbstgefühl, wie natürlich, den Höhepunkt. Das Ereigniß war so<lb/> recht geeignet zu zeigen, daß die Existenz der Schweiz nicht etwa ganz allein, wie<lb/> die in gewissen Kreisen landläufige Redensart lautet, von der gegenseitigen<lb/> Eifersucht ihrer Nachbarn abhängt, sondern daß sie dieselbe zum guten Theil<lb/> auch ihrer eignen Macht verdankt und ihrer geheimen geistigen Allianz mit<lb/> den Ideen des liberalen Europa, deren für uns Schweizer consequentester und<lb/> treuester Ausdruck in neuerer Zeit immer die öffentliche Meinung Englands<lb/> und die Politik Lord Palmerstons war, weswegen man hier den „alten Pan"<lb/> nur mit großem Bedauern hat fallen sehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1063" next="#ID_1064"> In unserm Verhältniß zu Deutschland konnte der neuenburger Handel<lb/> natürlich keine sonderlichen Freundschaften fördern. Indessen hat man hier immer<lb/> das preußische Volk und die manteusselschc Politik scharf auseinandergehalten,<lb/> ja selbst die letztere kam im Urtheil unserer Presse noch ziemlich glimpflich<lb/> weg, der Zorn der öffentlichen Meinung entlud sich mehr über den Häuptern<lb/> des „schwarzen Cabinets" in Neuenburg und seines Chefs, den die Unter¬<lb/> suchungsacten der Jnsurrection als die Seele des ganzen Unternehmens und als</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0410]
finden wird. Ein jedes Bild hinkt, so natürlich auch dieses; allein es heißt
Personen und Sachen nicht übermäßige Gewalt anthun, wenn wir den
Spaniern jener Zeit hier die Armeen und Diplomaten Roms substituiren,
und jenen Großen und Frondisten d'le aristokratisch-ultramontane Partei. Selbst
zum Portrait des berüchtigten Cardinals von Netz könnte mehr als ein
Exemplar aus den Curien von Freiburg, Se. Gallen und Chur sitzen. Nur
sür jene welthistorischen Gestalten, welche die neufranzösische Monarchie be-
gründet haben, liefern unsre demokratischen Verhältnisse kein ausdrucksvolles
Ancilogon, wol aber ein alle Parteien mächtig beherrschendes Collectivwcsen:
den schweizerischen Nationalgeist, immer wach in den Gemüthern des Volkes
und documentirt in der frei vom Volk gesetzten und darum im höchsten Ansehen
stehenden Bundesverfassung von 1848.
Die Kriegsmusik, mit welcher uns das vorige Jahr eingeläutet wurde,
hat so-laut über die Grenze» der Schweiz hinausgetönt, die Angelegenheit ist
durch die europäische Bedeutung, die sie gewann, so bekannt geworden, daß
Sie mir ein Eingehen in die neuenburger Frage gern erlassen. Nur das
Moment erlauben Sie als sür die Geschichte der Schweiz epochemachend festzu-
stellen, daß die Einigkeit, mit welcher alle Cantone und Parteien sich zusammen¬
scharten, als man ihnen mit Krieg drohte, und ganz besonders als der fran¬
zösische Moniteur durch grundlose Verdächtigung der obersten Lnndcsbehörde das
nationale Ehrgefühl verletzte, daß — sage ich — diese Einigkeit unserm Volk eine
Schnellkraft und ein Gefühl der Stärke verlieh, wie es seit dem Eintritt der Refor¬
mation nie mehr dagewesen. Als dann die feste und einige Haltung der Schweiz
(diese wol nicht allein! d. Red.) ohne Zerwürfnis; zum Ziel geführt hatte, erreicht)?
das nationale Selbstgefühl, wie natürlich, den Höhepunkt. Das Ereigniß war so
recht geeignet zu zeigen, daß die Existenz der Schweiz nicht etwa ganz allein, wie
die in gewissen Kreisen landläufige Redensart lautet, von der gegenseitigen
Eifersucht ihrer Nachbarn abhängt, sondern daß sie dieselbe zum guten Theil
auch ihrer eignen Macht verdankt und ihrer geheimen geistigen Allianz mit
den Ideen des liberalen Europa, deren für uns Schweizer consequentester und
treuester Ausdruck in neuerer Zeit immer die öffentliche Meinung Englands
und die Politik Lord Palmerstons war, weswegen man hier den „alten Pan"
nur mit großem Bedauern hat fallen sehen.
In unserm Verhältniß zu Deutschland konnte der neuenburger Handel
natürlich keine sonderlichen Freundschaften fördern. Indessen hat man hier immer
das preußische Volk und die manteusselschc Politik scharf auseinandergehalten,
ja selbst die letztere kam im Urtheil unserer Presse noch ziemlich glimpflich
weg, der Zorn der öffentlichen Meinung entlud sich mehr über den Häuptern
des „schwarzen Cabinets" in Neuenburg und seines Chefs, den die Unter¬
suchungsacten der Jnsurrection als die Seele des ganzen Unternehmens und als
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