Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Am 3. October ist Igel fünfzehnhundert Mann stark zu Fuß und Roß,
darunter etliche Landsknechte sammt fünf Stück grobem Geschütz gegen meinen
Vetter Ludwig zu Oberringingen gezogen, hat ihm etliche vom Adel hinein¬
geschickt und hat ihn auffordern lassen, sein Haus zu übergeben. Ludwig
Schürtlin aber hatte, wie ihm zwei Tage vorher von mir befohlen worden,
drei Landsknechte und von meinem Sohn zu BUingen etliche Doppelhaken,
Handgeschütze, Pulver und Blei zu sich herein genommen. So wollte er den
Sturm abwarten, da er von mir väterlichen Entsatz bei ritterlicher Treue
und Glauben hoffte. Er ist selbst zu denen vom Adel hinausgegangen und
hat ihnen mit drohenden Worten geantwortet, wenn Graf Igel freundlich
und nachbarlich zu ihm käme, wie seine Brüder wohl gethan, so wolle er
seinen sauern Wein mit ihnen theilen, aber dergestalt könne er sein Haus
nicht öffnen. Er habe ein Haus für sich selbst und nicht für den Grafen von
Lettingen und der Graf werde einen Kriegsmann darin finden. Jeder Theil
zog sich hinter seine Deckung, der Graf aber schanzte sich in den Borhof ein,
schoß ihm die Zinnen von den Thürmen, alle Fenster, Dächer und Essen und
zwei Personen. Ludwig Schärtlin dagegen mehrte sich tapfer, erschoß dem
Grafen einen Büchsenmeister und noch eine Person, schädigte auch sonst
viele vom .Kriegsvolk, von denen etliche später starben. So haben sie es
vom Morgen 7 Uhr bis zu 6 Uhr in die Nacht feindlich gegeneinander ge¬
trieben. In der Nacht hat Ludwig dein Grafen Lärmen und große Unruhe
gemacht, sich auch unterdeß befestigt und am Morgen wieder nach seiner Zu¬
sage tapfer gewehrt. Aber als ich, Sebastian Schärtlin, Ritter, solches er-
fuhr, habe ich eilends 400 Knechte, darunter gute Schützen aus Augsburg
nach dem Rath Herzog Albrechts von Baiern vorlaufen lassen, habe sie mit
Pulver, Blei. Fußeisen und gutem Kriegsgeräth auf Bissingen geschickt. Ich
habe 26,000 Fi. zusammengerafft, Sturmhüte. Pulver und Blei besorgt, aus
der Stadt Memmingen etliche Wägen und Geschütz, einen großen Hausen
Landsknechte, auch Reiter, so viel ich von den Nachbarn erhielt, alles zum
4ten nach Burtenbach beschieden. und ich selbst kam Abends dahin, nach¬
dem ich alles in Bewegung gesetzt hatte. In derselben Nacht sind Graf Wolf
und Graf Lothar von Oettingen in Person freundlich zu nur nach Burtenbach
gekommen, haben mir geklagt, daß auch ihnen ihr Bruder Graf Ludwig von
ihrem väterlichen Erbtheil nichts geben wolle, und haben mich gebeten, mich
mit ihnen zu verbinden. So wurde zwischen uns ein geschriebener, besiegelter
Bertrag gemacht, daß die beiden Grafen ihren Bruder Friedrich mit seinem
Geschütz auch auf unsere Seite bringen und ihre Macht zu Fuß und Roß ver¬
einigen sollten, ich aber wollte 5000 Knechte, oder andere Reiter aufbringen,
und die Kosten des Krieges auslegen. Doch wenn ich die jungen Grafen
zu ihrem väterlichen Erbtheil brächte, sollten sie zwei" Drittel und ich


Am 3. October ist Igel fünfzehnhundert Mann stark zu Fuß und Roß,
darunter etliche Landsknechte sammt fünf Stück grobem Geschütz gegen meinen
Vetter Ludwig zu Oberringingen gezogen, hat ihm etliche vom Adel hinein¬
geschickt und hat ihn auffordern lassen, sein Haus zu übergeben. Ludwig
Schürtlin aber hatte, wie ihm zwei Tage vorher von mir befohlen worden,
drei Landsknechte und von meinem Sohn zu BUingen etliche Doppelhaken,
Handgeschütze, Pulver und Blei zu sich herein genommen. So wollte er den
Sturm abwarten, da er von mir väterlichen Entsatz bei ritterlicher Treue
und Glauben hoffte. Er ist selbst zu denen vom Adel hinausgegangen und
hat ihnen mit drohenden Worten geantwortet, wenn Graf Igel freundlich
und nachbarlich zu ihm käme, wie seine Brüder wohl gethan, so wolle er
seinen sauern Wein mit ihnen theilen, aber dergestalt könne er sein Haus
nicht öffnen. Er habe ein Haus für sich selbst und nicht für den Grafen von
Lettingen und der Graf werde einen Kriegsmann darin finden. Jeder Theil
zog sich hinter seine Deckung, der Graf aber schanzte sich in den Borhof ein,
schoß ihm die Zinnen von den Thürmen, alle Fenster, Dächer und Essen und
zwei Personen. Ludwig Schärtlin dagegen mehrte sich tapfer, erschoß dem
Grafen einen Büchsenmeister und noch eine Person, schädigte auch sonst
viele vom .Kriegsvolk, von denen etliche später starben. So haben sie es
vom Morgen 7 Uhr bis zu 6 Uhr in die Nacht feindlich gegeneinander ge¬
trieben. In der Nacht hat Ludwig dein Grafen Lärmen und große Unruhe
gemacht, sich auch unterdeß befestigt und am Morgen wieder nach seiner Zu¬
sage tapfer gewehrt. Aber als ich, Sebastian Schärtlin, Ritter, solches er-
fuhr, habe ich eilends 400 Knechte, darunter gute Schützen aus Augsburg
nach dem Rath Herzog Albrechts von Baiern vorlaufen lassen, habe sie mit
Pulver, Blei. Fußeisen und gutem Kriegsgeräth auf Bissingen geschickt. Ich
habe 26,000 Fi. zusammengerafft, Sturmhüte. Pulver und Blei besorgt, aus
der Stadt Memmingen etliche Wägen und Geschütz, einen großen Hausen
Landsknechte, auch Reiter, so viel ich von den Nachbarn erhielt, alles zum
4ten nach Burtenbach beschieden. und ich selbst kam Abends dahin, nach¬
dem ich alles in Bewegung gesetzt hatte. In derselben Nacht sind Graf Wolf
und Graf Lothar von Oettingen in Person freundlich zu nur nach Burtenbach
gekommen, haben mir geklagt, daß auch ihnen ihr Bruder Graf Ludwig von
ihrem väterlichen Erbtheil nichts geben wolle, und haben mich gebeten, mich
mit ihnen zu verbinden. So wurde zwischen uns ein geschriebener, besiegelter
Bertrag gemacht, daß die beiden Grafen ihren Bruder Friedrich mit seinem
Geschütz auch auf unsere Seite bringen und ihre Macht zu Fuß und Roß ver¬
einigen sollten, ich aber wollte 5000 Knechte, oder andere Reiter aufbringen,
und die Kosten des Krieges auslegen. Doch wenn ich die jungen Grafen
zu ihrem väterlichen Erbtheil brächte, sollten sie zwei" Drittel und ich


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0405" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/105682"/>
              <p xml:id="ID_1051" next="#ID_1052"> Am 3. October ist Igel fünfzehnhundert Mann stark zu Fuß und Roß,<lb/>
darunter etliche Landsknechte sammt fünf Stück grobem Geschütz gegen meinen<lb/>
Vetter Ludwig zu Oberringingen gezogen, hat ihm etliche vom Adel hinein¬<lb/>
geschickt und hat ihn auffordern lassen, sein Haus zu übergeben. Ludwig<lb/>
Schürtlin aber hatte, wie ihm zwei Tage vorher von mir befohlen worden,<lb/>
drei Landsknechte und von meinem Sohn zu BUingen etliche Doppelhaken,<lb/>
Handgeschütze, Pulver und Blei zu sich herein genommen. So wollte er den<lb/>
Sturm abwarten, da er von mir väterlichen Entsatz bei ritterlicher Treue<lb/>
und Glauben hoffte. Er ist selbst zu denen vom Adel hinausgegangen und<lb/>
hat ihnen mit drohenden Worten geantwortet, wenn Graf Igel freundlich<lb/>
und nachbarlich zu ihm käme, wie seine Brüder wohl gethan, so wolle er<lb/>
seinen sauern Wein mit ihnen theilen, aber dergestalt könne er sein Haus<lb/>
nicht öffnen. Er habe ein Haus für sich selbst und nicht für den Grafen von<lb/>
Lettingen und der Graf werde einen Kriegsmann darin finden. Jeder Theil<lb/>
zog sich hinter seine Deckung, der Graf aber schanzte sich in den Borhof ein,<lb/>
schoß ihm die Zinnen von den Thürmen, alle Fenster, Dächer und Essen und<lb/>
zwei Personen. Ludwig Schärtlin dagegen mehrte sich tapfer, erschoß dem<lb/>
Grafen einen Büchsenmeister und noch eine Person, schädigte auch sonst<lb/>
viele vom .Kriegsvolk, von denen etliche später starben. So haben sie es<lb/>
vom Morgen 7 Uhr bis zu 6 Uhr in die Nacht feindlich gegeneinander ge¬<lb/>
trieben. In der Nacht hat Ludwig dein Grafen Lärmen und große Unruhe<lb/>
gemacht, sich auch unterdeß befestigt und am Morgen wieder nach seiner Zu¬<lb/>
sage tapfer gewehrt. Aber als ich, Sebastian Schärtlin, Ritter, solches er-<lb/>
fuhr, habe ich eilends 400 Knechte, darunter gute Schützen aus Augsburg<lb/>
nach dem Rath Herzog Albrechts von Baiern vorlaufen lassen, habe sie mit<lb/>
Pulver, Blei. Fußeisen und gutem Kriegsgeräth auf Bissingen geschickt. Ich<lb/>
habe 26,000 Fi. zusammengerafft, Sturmhüte. Pulver und Blei besorgt, aus<lb/>
der Stadt Memmingen etliche Wägen und Geschütz, einen großen Hausen<lb/>
Landsknechte, auch Reiter, so viel ich von den Nachbarn erhielt, alles zum<lb/>
4ten nach Burtenbach beschieden. und ich selbst kam Abends dahin, nach¬<lb/>
dem ich alles in Bewegung gesetzt hatte. In derselben Nacht sind Graf Wolf<lb/>
und Graf Lothar von Oettingen in Person freundlich zu nur nach Burtenbach<lb/>
gekommen, haben mir geklagt, daß auch ihnen ihr Bruder Graf Ludwig von<lb/>
ihrem väterlichen Erbtheil nichts geben wolle, und haben mich gebeten, mich<lb/>
mit ihnen zu verbinden. So wurde zwischen uns ein geschriebener, besiegelter<lb/>
Bertrag gemacht, daß die beiden Grafen ihren Bruder Friedrich mit seinem<lb/>
Geschütz auch auf unsere Seite bringen und ihre Macht zu Fuß und Roß ver¬<lb/>
einigen sollten, ich aber wollte 5000 Knechte, oder andere Reiter aufbringen,<lb/>
und die Kosten des Krieges auslegen. Doch wenn ich die jungen Grafen<lb/>
zu ihrem väterlichen Erbtheil brächte, sollten sie zwei" Drittel und ich</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0405] Am 3. October ist Igel fünfzehnhundert Mann stark zu Fuß und Roß, darunter etliche Landsknechte sammt fünf Stück grobem Geschütz gegen meinen Vetter Ludwig zu Oberringingen gezogen, hat ihm etliche vom Adel hinein¬ geschickt und hat ihn auffordern lassen, sein Haus zu übergeben. Ludwig Schürtlin aber hatte, wie ihm zwei Tage vorher von mir befohlen worden, drei Landsknechte und von meinem Sohn zu BUingen etliche Doppelhaken, Handgeschütze, Pulver und Blei zu sich herein genommen. So wollte er den Sturm abwarten, da er von mir väterlichen Entsatz bei ritterlicher Treue und Glauben hoffte. Er ist selbst zu denen vom Adel hinausgegangen und hat ihnen mit drohenden Worten geantwortet, wenn Graf Igel freundlich und nachbarlich zu ihm käme, wie seine Brüder wohl gethan, so wolle er seinen sauern Wein mit ihnen theilen, aber dergestalt könne er sein Haus nicht öffnen. Er habe ein Haus für sich selbst und nicht für den Grafen von Lettingen und der Graf werde einen Kriegsmann darin finden. Jeder Theil zog sich hinter seine Deckung, der Graf aber schanzte sich in den Borhof ein, schoß ihm die Zinnen von den Thürmen, alle Fenster, Dächer und Essen und zwei Personen. Ludwig Schärtlin dagegen mehrte sich tapfer, erschoß dem Grafen einen Büchsenmeister und noch eine Person, schädigte auch sonst viele vom .Kriegsvolk, von denen etliche später starben. So haben sie es vom Morgen 7 Uhr bis zu 6 Uhr in die Nacht feindlich gegeneinander ge¬ trieben. In der Nacht hat Ludwig dein Grafen Lärmen und große Unruhe gemacht, sich auch unterdeß befestigt und am Morgen wieder nach seiner Zu¬ sage tapfer gewehrt. Aber als ich, Sebastian Schärtlin, Ritter, solches er- fuhr, habe ich eilends 400 Knechte, darunter gute Schützen aus Augsburg nach dem Rath Herzog Albrechts von Baiern vorlaufen lassen, habe sie mit Pulver, Blei. Fußeisen und gutem Kriegsgeräth auf Bissingen geschickt. Ich habe 26,000 Fi. zusammengerafft, Sturmhüte. Pulver und Blei besorgt, aus der Stadt Memmingen etliche Wägen und Geschütz, einen großen Hausen Landsknechte, auch Reiter, so viel ich von den Nachbarn erhielt, alles zum 4ten nach Burtenbach beschieden. und ich selbst kam Abends dahin, nach¬ dem ich alles in Bewegung gesetzt hatte. In derselben Nacht sind Graf Wolf und Graf Lothar von Oettingen in Person freundlich zu nur nach Burtenbach gekommen, haben mir geklagt, daß auch ihnen ihr Bruder Graf Ludwig von ihrem väterlichen Erbtheil nichts geben wolle, und haben mich gebeten, mich mit ihnen zu verbinden. So wurde zwischen uns ein geschriebener, besiegelter Bertrag gemacht, daß die beiden Grafen ihren Bruder Friedrich mit seinem Geschütz auch auf unsere Seite bringen und ihre Macht zu Fuß und Roß ver¬ einigen sollten, ich aber wollte 5000 Knechte, oder andere Reiter aufbringen, und die Kosten des Krieges auslegen. Doch wenn ich die jungen Grafen zu ihrem väterlichen Erbtheil brächte, sollten sie zwei" Drittel und ich

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276/405
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276/405>, abgerufen am 22.12.2024.