Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.unter den griechischen Cynikern gab es wohlgesinnte Männer, aber die Grie¬ Es wird einem wohl, wenn man aus dieser Dürre der Abstraktion in unter den griechischen Cynikern gab es wohlgesinnte Männer, aber die Grie¬ Es wird einem wohl, wenn man aus dieser Dürre der Abstraktion in <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0318" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/105595"/> <p xml:id="ID_827" prev="#ID_826"> unter den griechischen Cynikern gab es wohlgesinnte Männer, aber die Grie¬<lb/> chen fanden sich nicht veranlaßt, die Bezeichnung ihrer Lehre, deshalb zu än¬<lb/> dern.— Der lauteste und geschäftigste Apostel dieses erneuten Cynismus, der<lb/> Verfasser von „Kraft und Stoff," öl-. Louis Büchner, hat in einer neuen<lb/> Schrift: Natur und Geist, Gespräche zweier Freunde über den Materialis¬<lb/> mus und über die rcalphilosophischcn Fragen der Gegenwart, in allgemein<lb/> verständlicher Form (1. Bd., Makrokosmos; Frankfurt a. M., Meidinger)<lb/> seine alten Ansichten breiter, aber nicht geistvoller ausgeführt. „Mit einem<lb/> Gefühl der Verzagtheit, aber gestärkt durch das Bewußtsein, daß er nur von<lb/> einem redlichen Streben nach Wahrheit geleitet wurde, übergibt der Verfasser<lb/> die nachfolgenden Blätter in die Hände des gebildeten Publicums." Gehören<lb/> sie denn in diese Hände? Ist denn das „gebildete Publicum" der souveräne<lb/> Richter über Fragen von tiefstem speculativem Gehalt? Dem „gebildeten<lb/> Publicum" lassen sich ohne viel Kunst Gründe beibringen, die Moral nach<lb/> dem Maßstab des (geistlosen) Naturgesetzes zu behandeln d. h. die Menschen<lb/> auch in ihrer moralischen Function mit den Thieren auf eine Stufe zu stellen,<lb/> aber hier sind auch materielle Gegengründe um Ort, d. h. die Hinweisung<lb/> auf die Folgen solcher Lehren, was auf dem Boden der Wissenschaft nicht<lb/> statthaft wäre. Es ist genug darüber gesagt, zum Ueberfluß weisen wir auf<lb/> einige Gegenschichten hin: Kritik des Materialismus von Robert<lb/> Schellw im (Berlin, Müller), der, ohne die angeblichen Thatsachen zu bestrei-<lb/> ten, die logischen Folgerungen in ihrer Nullität darstellt; Tttgesfragen ans<lb/> der Naturgeschichte, vorurteilsfrei beleuchtet von C. G. Geibel (Ber¬<lb/> lin, Bosselmann), der die Thatsachen kritisirt und die unvollständige Begrün¬<lb/> dung derselben auf dem Geöiet der Naturbeobachtung nachzuweisen sucht;<lb/> endlich die Prätension der exacten Naturwissenschaft beleuchtet und<lb/> mit polemischen Glossen wider Hrn. Prof. Schleiden begleitet vom Super¬<lb/> intendenten Dr. Frantz zu Sangerhausen (Nordhausen, Büchting), der den<lb/> theologischen Gesichtspunkt geltend macht.</p><lb/> <p xml:id="ID_828" next="#ID_829"> Es wird einem wohl, wenn man aus dieser Dürre der Abstraktion in<lb/> das concrete Leben der Natur eintritt. Der Verfasser des Werks: Das Wasser;<lb/> eine Darstellung für gebildete Leser und Leserinnen von Roßmäßler, (mit<lb/> 8 Lithographien in Tondruck und 47 Illustrationen in Holzschnitt (Leipzig,<lb/> Brandstetter) gehört nach seiner eignen Erklärung in Bezug auf seine wissen¬<lb/> schaftliche Stellung zu der materialistischen Schule; sein Buch ist aber in sei¬<lb/> ner sittlich ästhetischen Haltung durchweg das Gegentheil des Cynismus, den<lb/> wir bei jener Schule so oft zu bekämpfen haben. Es genügt, unter den neun<lb/> Abschnitten (das Wasser in seinen chemischen und physikalischen Eigenschaften;<lb/> als Bestandtheil des Luftmeers; als Regulator des Klimas; als neugestaltende<lb/> Macht; das Meer und die Gewässer des Festlandes; das Wasser als Ernährer;</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0318]
unter den griechischen Cynikern gab es wohlgesinnte Männer, aber die Grie¬
chen fanden sich nicht veranlaßt, die Bezeichnung ihrer Lehre, deshalb zu än¬
dern.— Der lauteste und geschäftigste Apostel dieses erneuten Cynismus, der
Verfasser von „Kraft und Stoff," öl-. Louis Büchner, hat in einer neuen
Schrift: Natur und Geist, Gespräche zweier Freunde über den Materialis¬
mus und über die rcalphilosophischcn Fragen der Gegenwart, in allgemein
verständlicher Form (1. Bd., Makrokosmos; Frankfurt a. M., Meidinger)
seine alten Ansichten breiter, aber nicht geistvoller ausgeführt. „Mit einem
Gefühl der Verzagtheit, aber gestärkt durch das Bewußtsein, daß er nur von
einem redlichen Streben nach Wahrheit geleitet wurde, übergibt der Verfasser
die nachfolgenden Blätter in die Hände des gebildeten Publicums." Gehören
sie denn in diese Hände? Ist denn das „gebildete Publicum" der souveräne
Richter über Fragen von tiefstem speculativem Gehalt? Dem „gebildeten
Publicum" lassen sich ohne viel Kunst Gründe beibringen, die Moral nach
dem Maßstab des (geistlosen) Naturgesetzes zu behandeln d. h. die Menschen
auch in ihrer moralischen Function mit den Thieren auf eine Stufe zu stellen,
aber hier sind auch materielle Gegengründe um Ort, d. h. die Hinweisung
auf die Folgen solcher Lehren, was auf dem Boden der Wissenschaft nicht
statthaft wäre. Es ist genug darüber gesagt, zum Ueberfluß weisen wir auf
einige Gegenschichten hin: Kritik des Materialismus von Robert
Schellw im (Berlin, Müller), der, ohne die angeblichen Thatsachen zu bestrei-
ten, die logischen Folgerungen in ihrer Nullität darstellt; Tttgesfragen ans
der Naturgeschichte, vorurteilsfrei beleuchtet von C. G. Geibel (Ber¬
lin, Bosselmann), der die Thatsachen kritisirt und die unvollständige Begrün¬
dung derselben auf dem Geöiet der Naturbeobachtung nachzuweisen sucht;
endlich die Prätension der exacten Naturwissenschaft beleuchtet und
mit polemischen Glossen wider Hrn. Prof. Schleiden begleitet vom Super¬
intendenten Dr. Frantz zu Sangerhausen (Nordhausen, Büchting), der den
theologischen Gesichtspunkt geltend macht.
Es wird einem wohl, wenn man aus dieser Dürre der Abstraktion in
das concrete Leben der Natur eintritt. Der Verfasser des Werks: Das Wasser;
eine Darstellung für gebildete Leser und Leserinnen von Roßmäßler, (mit
8 Lithographien in Tondruck und 47 Illustrationen in Holzschnitt (Leipzig,
Brandstetter) gehört nach seiner eignen Erklärung in Bezug auf seine wissen¬
schaftliche Stellung zu der materialistischen Schule; sein Buch ist aber in sei¬
ner sittlich ästhetischen Haltung durchweg das Gegentheil des Cynismus, den
wir bei jener Schule so oft zu bekämpfen haben. Es genügt, unter den neun
Abschnitten (das Wasser in seinen chemischen und physikalischen Eigenschaften;
als Bestandtheil des Luftmeers; als Regulator des Klimas; als neugestaltende
Macht; das Meer und die Gewässer des Festlandes; das Wasser als Ernährer;
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