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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.

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Heer vor Halle) auch ein deutscher Edelmann, ließ sich durch einen Knaben
einen spanischen Hengst stehlen, und als er ihn einige Wochen in seiner Hei¬
mat!) gehalten hatte, und meinte das Gerücht sei nunmehr kalt geworden,
wurde der Gaul wieder ins Lager gebracht. Nun lagen die deutschen Reiter,
wol acht oder mehr Schwadronen, auf einer schönen Wiese, einem lusti¬
gen Ort an der Saale; die Spanier aber lagen auf der Höhe um das Schloß.
Der gestohlene Hengst wurde gegen Abend zum Tränken in die Saale gerit¬
ten; ein spanischer Junge erkennt den Gaul, spricht, er gehöre seinem Herrn
und will mit ihm davon. Der deutsche Junge will sich ihn nicht nehmen
lassen, er bekommt 3--4 deutsche Reiter zum Beistande, der Spanier 10--12;
der deutsche 20--30. die beiden Haufen wachsen je länger je mehr und be¬
ginnen in einander zu schießen. Die Spanier hatten der Höhe wegen großen
Vortheil vor den Deutschen, die fast unter ihnen lagen, sie schössen durch die
Zelte der Deutschen etliche vom Adel um Tische zu Tode, die Deutschen schon¬
ten die Spanier ihrerseits auch nicht. Der Kaiser schickte einen spanischen
Herrn heraus, der hatte einen wohlgestalteten spanischen Gaul unter sich, den
Hals voll prangender goldener Ketten, er sollte die deutschen Reiter zufrie¬
den sprechen und den Alarm stillen. Da schrien die Deutschen einander zu:
schieß in den spanischen.Bösewicht! Als er nun auf die Brücke kommt, um
über die Saale zu reiten, erschießt einer den Gaul unter ihm, daß der Be-
kettete von der Brücke in die Saale stürzt und darin ersaufen muß. Da
schickt der Kaiser den Sohn König Ferdinands, den Erzherzog Maximilian,
der nachmals römischer Kaiser wurde, hinaus, für gewiß haltend, daß sie
diesem Gehör geben und sich beschwichtigen lassen würden. Aber sie schrieen
gleichfalls: man schlage auf den spanischen Bösewicht. Da schlägt ihn einer
auf den rechten Arm und ich habe gesehn, daß er den Arm einige Wochen
in einer schwarzen Binde trug. Zuletzt kam der Kaiser selbst hinaus und
sagte: "Liebe Deutsche, ich weiß ihr habt keine Schuld, gebt euch zufrieden,
ich will euch euern erlittenen Schaden erstatten und bei meiner kaiserlichen
Ehre morgen am Tage vor euern Augen die Spanier henken lassen." Damit
wurde der Alarm gestillt. Am andern Tage ließ der Kaiser den Schaden
in beiden Lagern, dem deutschen und spanischen, besichtigen und schätzen, und
da sich befand, daß den Deutschen 18 Junker und Knechte und 17 Pferde er¬
schossen waren, den Spaniern aber 70 Personen, so ließ der Kaiser den
deutschen Reitern ansagen, Seine Majestät wollte die Summe erstatten, zu
welcher die Pferde geschätzt worden seien, /wäre auch nicht abgeneigt gewesen,
wie er den Tag zuvor versprochen, die Spanier henken zu lassen, da die
Deutschem aber selbst gesehn, daß die Spanier den vierfachen Schaden erlitten
Hütten und sie also genug gerochen wären, wollte der Kaiser hoffen und aller-
gnädigst befinden, die Deutschen würden daran ersättigt und zufrieden sein,


Heer vor Halle) auch ein deutscher Edelmann, ließ sich durch einen Knaben
einen spanischen Hengst stehlen, und als er ihn einige Wochen in seiner Hei¬
mat!) gehalten hatte, und meinte das Gerücht sei nunmehr kalt geworden,
wurde der Gaul wieder ins Lager gebracht. Nun lagen die deutschen Reiter,
wol acht oder mehr Schwadronen, auf einer schönen Wiese, einem lusti¬
gen Ort an der Saale; die Spanier aber lagen auf der Höhe um das Schloß.
Der gestohlene Hengst wurde gegen Abend zum Tränken in die Saale gerit¬
ten; ein spanischer Junge erkennt den Gaul, spricht, er gehöre seinem Herrn
und will mit ihm davon. Der deutsche Junge will sich ihn nicht nehmen
lassen, er bekommt 3—4 deutsche Reiter zum Beistande, der Spanier 10—12;
der deutsche 20—30. die beiden Haufen wachsen je länger je mehr und be¬
ginnen in einander zu schießen. Die Spanier hatten der Höhe wegen großen
Vortheil vor den Deutschen, die fast unter ihnen lagen, sie schössen durch die
Zelte der Deutschen etliche vom Adel um Tische zu Tode, die Deutschen schon¬
ten die Spanier ihrerseits auch nicht. Der Kaiser schickte einen spanischen
Herrn heraus, der hatte einen wohlgestalteten spanischen Gaul unter sich, den
Hals voll prangender goldener Ketten, er sollte die deutschen Reiter zufrie¬
den sprechen und den Alarm stillen. Da schrien die Deutschen einander zu:
schieß in den spanischen.Bösewicht! Als er nun auf die Brücke kommt, um
über die Saale zu reiten, erschießt einer den Gaul unter ihm, daß der Be-
kettete von der Brücke in die Saale stürzt und darin ersaufen muß. Da
schickt der Kaiser den Sohn König Ferdinands, den Erzherzog Maximilian,
der nachmals römischer Kaiser wurde, hinaus, für gewiß haltend, daß sie
diesem Gehör geben und sich beschwichtigen lassen würden. Aber sie schrieen
gleichfalls: man schlage auf den spanischen Bösewicht. Da schlägt ihn einer
auf den rechten Arm und ich habe gesehn, daß er den Arm einige Wochen
in einer schwarzen Binde trug. Zuletzt kam der Kaiser selbst hinaus und
sagte: „Liebe Deutsche, ich weiß ihr habt keine Schuld, gebt euch zufrieden,
ich will euch euern erlittenen Schaden erstatten und bei meiner kaiserlichen
Ehre morgen am Tage vor euern Augen die Spanier henken lassen." Damit
wurde der Alarm gestillt. Am andern Tage ließ der Kaiser den Schaden
in beiden Lagern, dem deutschen und spanischen, besichtigen und schätzen, und
da sich befand, daß den Deutschen 18 Junker und Knechte und 17 Pferde er¬
schossen waren, den Spaniern aber 70 Personen, so ließ der Kaiser den
deutschen Reitern ansagen, Seine Majestät wollte die Summe erstatten, zu
welcher die Pferde geschätzt worden seien, /wäre auch nicht abgeneigt gewesen,
wie er den Tag zuvor versprochen, die Spanier henken zu lassen, da die
Deutschem aber selbst gesehn, daß die Spanier den vierfachen Schaden erlitten
Hütten und sie also genug gerochen wären, wollte der Kaiser hoffen und aller-
gnädigst befinden, die Deutschen würden daran ersättigt und zufrieden sein,


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[0293] Heer vor Halle) auch ein deutscher Edelmann, ließ sich durch einen Knaben einen spanischen Hengst stehlen, und als er ihn einige Wochen in seiner Hei¬ mat!) gehalten hatte, und meinte das Gerücht sei nunmehr kalt geworden, wurde der Gaul wieder ins Lager gebracht. Nun lagen die deutschen Reiter, wol acht oder mehr Schwadronen, auf einer schönen Wiese, einem lusti¬ gen Ort an der Saale; die Spanier aber lagen auf der Höhe um das Schloß. Der gestohlene Hengst wurde gegen Abend zum Tränken in die Saale gerit¬ ten; ein spanischer Junge erkennt den Gaul, spricht, er gehöre seinem Herrn und will mit ihm davon. Der deutsche Junge will sich ihn nicht nehmen lassen, er bekommt 3—4 deutsche Reiter zum Beistande, der Spanier 10—12; der deutsche 20—30. die beiden Haufen wachsen je länger je mehr und be¬ ginnen in einander zu schießen. Die Spanier hatten der Höhe wegen großen Vortheil vor den Deutschen, die fast unter ihnen lagen, sie schössen durch die Zelte der Deutschen etliche vom Adel um Tische zu Tode, die Deutschen schon¬ ten die Spanier ihrerseits auch nicht. Der Kaiser schickte einen spanischen Herrn heraus, der hatte einen wohlgestalteten spanischen Gaul unter sich, den Hals voll prangender goldener Ketten, er sollte die deutschen Reiter zufrie¬ den sprechen und den Alarm stillen. Da schrien die Deutschen einander zu: schieß in den spanischen.Bösewicht! Als er nun auf die Brücke kommt, um über die Saale zu reiten, erschießt einer den Gaul unter ihm, daß der Be- kettete von der Brücke in die Saale stürzt und darin ersaufen muß. Da schickt der Kaiser den Sohn König Ferdinands, den Erzherzog Maximilian, der nachmals römischer Kaiser wurde, hinaus, für gewiß haltend, daß sie diesem Gehör geben und sich beschwichtigen lassen würden. Aber sie schrieen gleichfalls: man schlage auf den spanischen Bösewicht. Da schlägt ihn einer auf den rechten Arm und ich habe gesehn, daß er den Arm einige Wochen in einer schwarzen Binde trug. Zuletzt kam der Kaiser selbst hinaus und sagte: „Liebe Deutsche, ich weiß ihr habt keine Schuld, gebt euch zufrieden, ich will euch euern erlittenen Schaden erstatten und bei meiner kaiserlichen Ehre morgen am Tage vor euern Augen die Spanier henken lassen." Damit wurde der Alarm gestillt. Am andern Tage ließ der Kaiser den Schaden in beiden Lagern, dem deutschen und spanischen, besichtigen und schätzen, und da sich befand, daß den Deutschen 18 Junker und Knechte und 17 Pferde er¬ schossen waren, den Spaniern aber 70 Personen, so ließ der Kaiser den deutschen Reitern ansagen, Seine Majestät wollte die Summe erstatten, zu welcher die Pferde geschätzt worden seien, /wäre auch nicht abgeneigt gewesen, wie er den Tag zuvor versprochen, die Spanier henken zu lassen, da die Deutschem aber selbst gesehn, daß die Spanier den vierfachen Schaden erlitten Hütten und sie also genug gerochen wären, wollte der Kaiser hoffen und aller- gnädigst befinden, die Deutschen würden daran ersättigt und zufrieden sein,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276/293>, abgerufen am 28.07.2024.