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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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didaten einer mecklenburger Patronatspfarre verwechseln konnte, trug die
prophetische Messiasverkündigung deS Zoroaster vor. Sie ist dem Abul-
faragio entnommen, enthält die, auch anderen Prophezeiungen ähnlichen Einzeln-
heiten und nimmt, wie die bekannte Stelle im Prometheus auf den Mutter¬
schoß Bezug, dem der Messias reiner als die Nose selbst entkeimen werde. Die
Bezeichnung Maria Händchen, welche die Perser der eMameo oäorllerans
geben, wurde bei dem Hervorheben der Heiligkeit Mariens, in persischer An¬
schauungsweise, nicht vergessen.

Ebenfalls aus dem Lande Mesopotamien war der folgende Propaganda¬
schüler, Eign. Raolo Emmanuelian aus Telermen, der erste energische und
leidlich frische unter allen bisher zu Worte gekommenen. Anknüpfend an die
Sage, welche der Kreuzfahrerzeit zu entstammen scheint, Maria sei noch in der Wüste
verborgen, forderte er in kurdischer Sprache die Sohne der Steppe auf, die
Heiligkeit des Wanderers zu achten, wie die Wüstenhorden schon Marien kein
Leids zugefügt hätten. Die Kopfbildung dieses Mesopotamiers hatte viele
Aehnlichkeit mit einer Amphore, wobei die Henkel die Ohren vertreten konn¬
ten. Die eigenthümlich herabhängende Nase und die kleinen nah zusammen¬
stehenden Augen forderten zu einem Vergleich mit dem malaiischen f. g. Wald¬
menschen heraus und Sinne hätte in ihm UebergangSspuren seines Joao
troFlvclxtö8 gefunden.

Als der Steppenprediger sich verneigte und sein Gewand zum Wandern
schürzte, erhob sich der unbewußte Komiker der Gesellschaft, Sign. Gaötano
Cäsary, von neuem, um in seiner hindostanischen Muttersprache einen Stroh¬
mann als Braminen anzureden.

"Bramine!" sagte er im jüdisch näselnder Dialekt, in welchem die Laute
i und e sich "in häufigsten ablöseten, "Was soll jene Pyramide?"

"ES ist Brama!" gab er für den scheinbar Angeredeten zurück, "Brama
(Jagrenat), der zum siebenten Male Mensch wird und Hände und Füße ver¬
liert, um die Well zu retten, indem er sie auf sich ladet."

"Deine Fabeln verstehe ich nicht", erwiedert wegwerfenden Tons Sign.
Gnslano. Ich singe an den Gangesufern Vas Wort der Christen:


Load" I>I"l,er munere
l^us supvrllus urtil'ox
Nunüum pugill" eontiriLNL
Ventils "ub groa elausus ost! '

Ein junger Jndier, Sign. Adolfs Medlycott aus Chittagong, mit einer
kaum durch Alexander Humboldt übertroffenen Stirne, betrat jetzt die Bühne.
Obschon sein Vortrag ohne Betonung und Abwechselung war, zeichnete sich
doch das Bengalische, was er sprach, durch A und O Laute und schöne Klang-


didaten einer mecklenburger Patronatspfarre verwechseln konnte, trug die
prophetische Messiasverkündigung deS Zoroaster vor. Sie ist dem Abul-
faragio entnommen, enthält die, auch anderen Prophezeiungen ähnlichen Einzeln-
heiten und nimmt, wie die bekannte Stelle im Prometheus auf den Mutter¬
schoß Bezug, dem der Messias reiner als die Nose selbst entkeimen werde. Die
Bezeichnung Maria Händchen, welche die Perser der eMameo oäorllerans
geben, wurde bei dem Hervorheben der Heiligkeit Mariens, in persischer An¬
schauungsweise, nicht vergessen.

Ebenfalls aus dem Lande Mesopotamien war der folgende Propaganda¬
schüler, Eign. Raolo Emmanuelian aus Telermen, der erste energische und
leidlich frische unter allen bisher zu Worte gekommenen. Anknüpfend an die
Sage, welche der Kreuzfahrerzeit zu entstammen scheint, Maria sei noch in der Wüste
verborgen, forderte er in kurdischer Sprache die Sohne der Steppe auf, die
Heiligkeit des Wanderers zu achten, wie die Wüstenhorden schon Marien kein
Leids zugefügt hätten. Die Kopfbildung dieses Mesopotamiers hatte viele
Aehnlichkeit mit einer Amphore, wobei die Henkel die Ohren vertreten konn¬
ten. Die eigenthümlich herabhängende Nase und die kleinen nah zusammen¬
stehenden Augen forderten zu einem Vergleich mit dem malaiischen f. g. Wald¬
menschen heraus und Sinne hätte in ihm UebergangSspuren seines Joao
troFlvclxtö8 gefunden.

Als der Steppenprediger sich verneigte und sein Gewand zum Wandern
schürzte, erhob sich der unbewußte Komiker der Gesellschaft, Sign. Gaötano
Cäsary, von neuem, um in seiner hindostanischen Muttersprache einen Stroh¬
mann als Braminen anzureden.

„Bramine!" sagte er im jüdisch näselnder Dialekt, in welchem die Laute
i und e sich «in häufigsten ablöseten, „Was soll jene Pyramide?"

„ES ist Brama!" gab er für den scheinbar Angeredeten zurück, „Brama
(Jagrenat), der zum siebenten Male Mensch wird und Hände und Füße ver¬
liert, um die Well zu retten, indem er sie auf sich ladet."

„Deine Fabeln verstehe ich nicht", erwiedert wegwerfenden Tons Sign.
Gnslano. Ich singe an den Gangesufern Vas Wort der Christen:


Load» I>I«l,er munere
l^us supvrllus urtil'ox
Nunüum pugill» eontiriLNL
Ventils «ub groa elausus ost! '

Ein junger Jndier, Sign. Adolfs Medlycott aus Chittagong, mit einer
kaum durch Alexander Humboldt übertroffenen Stirne, betrat jetzt die Bühne.
Obschon sein Vortrag ohne Betonung und Abwechselung war, zeichnete sich
doch das Bengalische, was er sprach, durch A und O Laute und schöne Klang-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/69>, abgerufen am 23.07.2024.