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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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und Schnitzereien, die im englischen Privatbesitze angehäuft sind, freien Lauf
lassen. Wir hätten, wenn wir die Glasarbeiten, die Thonwaaren, die Waf¬
fen und Rüstungen, die Meubel erwähnen, nur wieder zu wiederholen, waS
oben gesagt wurde, daß alle diese Kreise des Kunsthandwerkes mit staunens¬
werther Vollständigkeit uns entgegentraten. Man braucht um die Kenner von
der Nichtigkeit unserer Behauptung zu überzeugen, nur hervorzuheben, daß das
Beste, was der verstorbene Sir S. Meyrick an Waffen und Rüstungen ange¬
sammelt hatte, so wie die ganze Soulagesammlung, so reich an Majolica,
Bronzen, Holzschnitzereien u. s. w. in der Ausstellung Platz gefunden hatte.
Dazu kamen noch die reichen Beiträge der Krone, des britischen Museums,
der städtischen Korporationen, der ehrenwerthen Gilden und der hervorragend¬
sten Mitglieder der hohen Aristokratie, welche sich für das ornamentale Mu¬
seum ungleich freigebiger erwiesen, als für die Galerie veralten Meister. Vom
altbritischen Schilde, dem römischen Vorbilde unmittelbar nachgeahmt, bis
zum Zierschilde Karl V. und Franz I. herab, vom normannischen Helme aus
der Zeit König Johanns bis zum Bourguignote, vom Panzerhemd bis zur
eerevisss und zu den Staatsrüstungen deS 16. Jahrhunderts (eine Halbrü¬
stung des Herzogs Alphons II. von Ferrara dürfte wol als das schönste Waffen-
schmidwerk Europas gelten), ist hier alles vereinigt, was daS Auge deS Lieb¬
habers ergötzt. Endlos war auch die Zahl der Waffen, unter welchen nament¬
lich die Feuergewehre aus dem 17. Jahrhundert durch ihren Kunstwerth her¬
vorragten.

Zu weit würde es führen, den Reichthum der Thonwaaren, die zur Aus¬
stellung gelangten, und die allseitige Vertretung der verschiedenen Stile und
Formen zu schildern. Neben alten maurischen Gefäßen, ausgezeichnet durch
ihren Metallglanz waren Prachtexemplare italienischer Majolica aus Gubbio,
Pesaro, Urbino, was man im Allgemeinen unter dem Namen der raphaelischen
Schüsseln begreift, neben interessanten Proben der rugticiuos NAuliuss von der
Hand deö Vaters des Barocken, von B. Palissy gearbeitet, mächtige deutsche
Humpen und niederländische Krüge vorhanden, die letzteren, man kann es
nicht leugnen, sprechen mehr für die Unergründlichkeit des Durstes unserer
Vorfahren, als für die Feinheit ihres Geschmackes. Den Edelstein in der gan¬
zen Sammlung bildeten unbedingt ein Leuchter, eine Gießkanne und ein Salz-
s"ß französischen Ursprungs aus der Zeit Heinrichs II. und gegenwärtig im
Besitze des Baron A. Rothschild. Man kennt kaum ein halbes Hundert Ge-
fäße dieses Stiles und unter ihnen nehmen die angeführten Gegenstände
wohl die erste Stelle ein. Die Feinheit des Thones, die Feinheit deö weißen
Grundes, die Eleganz der zarten, wellenartig eingelegten schwarzen Ornament-
linien, die Schönheit und der Reichthum der Formen, alles stempelt diese Gesäße
SU Meisterwerken ersten Ranges, wie sie kaum noch ein anderes Zeitalter aus-


und Schnitzereien, die im englischen Privatbesitze angehäuft sind, freien Lauf
lassen. Wir hätten, wenn wir die Glasarbeiten, die Thonwaaren, die Waf¬
fen und Rüstungen, die Meubel erwähnen, nur wieder zu wiederholen, waS
oben gesagt wurde, daß alle diese Kreise des Kunsthandwerkes mit staunens¬
werther Vollständigkeit uns entgegentraten. Man braucht um die Kenner von
der Nichtigkeit unserer Behauptung zu überzeugen, nur hervorzuheben, daß das
Beste, was der verstorbene Sir S. Meyrick an Waffen und Rüstungen ange¬
sammelt hatte, so wie die ganze Soulagesammlung, so reich an Majolica,
Bronzen, Holzschnitzereien u. s. w. in der Ausstellung Platz gefunden hatte.
Dazu kamen noch die reichen Beiträge der Krone, des britischen Museums,
der städtischen Korporationen, der ehrenwerthen Gilden und der hervorragend¬
sten Mitglieder der hohen Aristokratie, welche sich für das ornamentale Mu¬
seum ungleich freigebiger erwiesen, als für die Galerie veralten Meister. Vom
altbritischen Schilde, dem römischen Vorbilde unmittelbar nachgeahmt, bis
zum Zierschilde Karl V. und Franz I. herab, vom normannischen Helme aus
der Zeit König Johanns bis zum Bourguignote, vom Panzerhemd bis zur
eerevisss und zu den Staatsrüstungen deS 16. Jahrhunderts (eine Halbrü¬
stung des Herzogs Alphons II. von Ferrara dürfte wol als das schönste Waffen-
schmidwerk Europas gelten), ist hier alles vereinigt, was daS Auge deS Lieb¬
habers ergötzt. Endlos war auch die Zahl der Waffen, unter welchen nament¬
lich die Feuergewehre aus dem 17. Jahrhundert durch ihren Kunstwerth her¬
vorragten.

Zu weit würde es führen, den Reichthum der Thonwaaren, die zur Aus¬
stellung gelangten, und die allseitige Vertretung der verschiedenen Stile und
Formen zu schildern. Neben alten maurischen Gefäßen, ausgezeichnet durch
ihren Metallglanz waren Prachtexemplare italienischer Majolica aus Gubbio,
Pesaro, Urbino, was man im Allgemeinen unter dem Namen der raphaelischen
Schüsseln begreift, neben interessanten Proben der rugticiuos NAuliuss von der
Hand deö Vaters des Barocken, von B. Palissy gearbeitet, mächtige deutsche
Humpen und niederländische Krüge vorhanden, die letzteren, man kann es
nicht leugnen, sprechen mehr für die Unergründlichkeit des Durstes unserer
Vorfahren, als für die Feinheit ihres Geschmackes. Den Edelstein in der gan¬
zen Sammlung bildeten unbedingt ein Leuchter, eine Gießkanne und ein Salz-
s"ß französischen Ursprungs aus der Zeit Heinrichs II. und gegenwärtig im
Besitze des Baron A. Rothschild. Man kennt kaum ein halbes Hundert Ge-
fäße dieses Stiles und unter ihnen nehmen die angeführten Gegenstände
wohl die erste Stelle ein. Die Feinheit des Thones, die Feinheit deö weißen
Grundes, die Eleganz der zarten, wellenartig eingelegten schwarzen Ornament-
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/303>, abgerufen am 23.07.2024.