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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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wucherischer Zinsen davon 'zu sparen, endlich den Gewinn des Vorschu߬
geschäfts, bisher das thatsächliche Monopol der Capitalien, in ihre eignen
Taschen fließen zu lassen und ihnen so den Anfang einer eignen Capital¬
bildung zu erleichtern schon jetzt vollständig erfüllen, wird kein Einsichtiger
bestreiten."

Was sodann d. die Association specieller Gewerke zum gemein¬
schaftlichen Bezug der Rohstoffe anlangt, so kann darüber nicht in so
detaillirter Weise, wie bei den Vorschußvereincn berichtet werden, weil die
jährlichen Rechnungsabschlusse hier nur von verhältnißmäßig wenigen ver¬
öffentlicht vorliegen, doch möge daS Folgende, als durch authentische Nach¬
richten verbürgt, mindestens eine allgemeine Uebersicht gewähren.

Von allen Gewerken hatte sich bisher das der Schuhmacher am
meisten bei der Associationsbcwegung betheiligt, einerseits wol weil es das
zahlreichste ist und sehr viele unbemittelte Mitglieder zählt, andrerseits weil
die Preise des von ihnen hauptsächlich verarbeiteten Materials, des Leders,
seit einigen Jahren die enorme Steigerung von 200 Procent erfahren
haben, so daß der Unbemittelte, der das Material in kleinen Partien vom
Zwischenhändler entnehmen muß, ol)ne die Association kaum noch mehr bestehen
kann. So mögen ohngefähr 40 solcher Schuhmacherassociationen in verschiedenen
Gegenden Deutschlands mit circa 1600--2000 Meistern als Mitgliedern vor¬
handen sein. Von andern Gewerken kommen dagegen bisher wol nicht
über 20 solcher Verbände vor, worunter wir namentlich Tischler, Weber,
Nagelschmiede, Buchbinder und Schneider bemerken. Die Vortheile
der Verbindung sind evident. Erstlich erlangen die Mitglieder das zu den
Einkäufen im Großen erforderliche Capital, wie bei den Vorschußvereinen,
sofort gegen ihre solidarische Hast, ebenso wie den Credit bei den Fabrikanten.
Sodann aber wird ihnen bei Entnahme kleinerer Partien aus dem Asfociativns-
lager der enorme Aufschlag der Zwischenhändler erspart, der nicht selten
40--L0 Procent über den Engrospreis beträgt. So machte bei den Schuh¬
machern zu Delitzsch das Mehr, welches sie dem Händler für ein einziges
Paar Stiefelsohlen gegen die Associationspreisc zahlen mußten, -- 2V2 Sgr.
-- aus, wofür sie noch weit schlechtere Qualität erhielten. Und so sehr griff
dies Verhältniß in den ganzen Geschäftsbetrieb der Leute ein, daß nach
wenigen Jahren die Schuhmacher der umliegenden Städte gegen Schulze
erklärten: sie seien nicht im Stande mit den Delitzschern auf den Märkten zu con¬
curriren, worauf in den umliegenden Städten Eilenburg, Bitterfeld und Brehna
unter seiner Leitung ebenfalls Associationen der Schuhmacher zusammentraten.
Ueber den Gang der Geschäfte wird es genügen bei einigen die speciellen
Resultate zu berichten, da sich dieselben, abgesehen von dem Umfange, überall
gleichen.


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wucherischer Zinsen davon 'zu sparen, endlich den Gewinn des Vorschu߬
geschäfts, bisher das thatsächliche Monopol der Capitalien, in ihre eignen
Taschen fließen zu lassen und ihnen so den Anfang einer eignen Capital¬
bildung zu erleichtern schon jetzt vollständig erfüllen, wird kein Einsichtiger
bestreiten."

Was sodann d. die Association specieller Gewerke zum gemein¬
schaftlichen Bezug der Rohstoffe anlangt, so kann darüber nicht in so
detaillirter Weise, wie bei den Vorschußvereincn berichtet werden, weil die
jährlichen Rechnungsabschlusse hier nur von verhältnißmäßig wenigen ver¬
öffentlicht vorliegen, doch möge daS Folgende, als durch authentische Nach¬
richten verbürgt, mindestens eine allgemeine Uebersicht gewähren.

Von allen Gewerken hatte sich bisher das der Schuhmacher am
meisten bei der Associationsbcwegung betheiligt, einerseits wol weil es das
zahlreichste ist und sehr viele unbemittelte Mitglieder zählt, andrerseits weil
die Preise des von ihnen hauptsächlich verarbeiteten Materials, des Leders,
seit einigen Jahren die enorme Steigerung von 200 Procent erfahren
haben, so daß der Unbemittelte, der das Material in kleinen Partien vom
Zwischenhändler entnehmen muß, ol)ne die Association kaum noch mehr bestehen
kann. So mögen ohngefähr 40 solcher Schuhmacherassociationen in verschiedenen
Gegenden Deutschlands mit circa 1600—2000 Meistern als Mitgliedern vor¬
handen sein. Von andern Gewerken kommen dagegen bisher wol nicht
über 20 solcher Verbände vor, worunter wir namentlich Tischler, Weber,
Nagelschmiede, Buchbinder und Schneider bemerken. Die Vortheile
der Verbindung sind evident. Erstlich erlangen die Mitglieder das zu den
Einkäufen im Großen erforderliche Capital, wie bei den Vorschußvereinen,
sofort gegen ihre solidarische Hast, ebenso wie den Credit bei den Fabrikanten.
Sodann aber wird ihnen bei Entnahme kleinerer Partien aus dem Asfociativns-
lager der enorme Aufschlag der Zwischenhändler erspart, der nicht selten
40—L0 Procent über den Engrospreis beträgt. So machte bei den Schuh¬
machern zu Delitzsch das Mehr, welches sie dem Händler für ein einziges
Paar Stiefelsohlen gegen die Associationspreisc zahlen mußten, — 2V2 Sgr.
— aus, wofür sie noch weit schlechtere Qualität erhielten. Und so sehr griff
dies Verhältniß in den ganzen Geschäftsbetrieb der Leute ein, daß nach
wenigen Jahren die Schuhmacher der umliegenden Städte gegen Schulze
erklärten: sie seien nicht im Stande mit den Delitzschern auf den Märkten zu con¬
curriren, worauf in den umliegenden Städten Eilenburg, Bitterfeld und Brehna
unter seiner Leitung ebenfalls Associationen der Schuhmacher zusammentraten.
Ueber den Gang der Geschäfte wird es genügen bei einigen die speciellen
Resultate zu berichten, da sich dieselben, abgesehen von dem Umfange, überall
gleichen.


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[0139] wucherischer Zinsen davon 'zu sparen, endlich den Gewinn des Vorschu߬ geschäfts, bisher das thatsächliche Monopol der Capitalien, in ihre eignen Taschen fließen zu lassen und ihnen so den Anfang einer eignen Capital¬ bildung zu erleichtern schon jetzt vollständig erfüllen, wird kein Einsichtiger bestreiten." Was sodann d. die Association specieller Gewerke zum gemein¬ schaftlichen Bezug der Rohstoffe anlangt, so kann darüber nicht in so detaillirter Weise, wie bei den Vorschußvereincn berichtet werden, weil die jährlichen Rechnungsabschlusse hier nur von verhältnißmäßig wenigen ver¬ öffentlicht vorliegen, doch möge daS Folgende, als durch authentische Nach¬ richten verbürgt, mindestens eine allgemeine Uebersicht gewähren. Von allen Gewerken hatte sich bisher das der Schuhmacher am meisten bei der Associationsbcwegung betheiligt, einerseits wol weil es das zahlreichste ist und sehr viele unbemittelte Mitglieder zählt, andrerseits weil die Preise des von ihnen hauptsächlich verarbeiteten Materials, des Leders, seit einigen Jahren die enorme Steigerung von 200 Procent erfahren haben, so daß der Unbemittelte, der das Material in kleinen Partien vom Zwischenhändler entnehmen muß, ol)ne die Association kaum noch mehr bestehen kann. So mögen ohngefähr 40 solcher Schuhmacherassociationen in verschiedenen Gegenden Deutschlands mit circa 1600—2000 Meistern als Mitgliedern vor¬ handen sein. Von andern Gewerken kommen dagegen bisher wol nicht über 20 solcher Verbände vor, worunter wir namentlich Tischler, Weber, Nagelschmiede, Buchbinder und Schneider bemerken. Die Vortheile der Verbindung sind evident. Erstlich erlangen die Mitglieder das zu den Einkäufen im Großen erforderliche Capital, wie bei den Vorschußvereinen, sofort gegen ihre solidarische Hast, ebenso wie den Credit bei den Fabrikanten. Sodann aber wird ihnen bei Entnahme kleinerer Partien aus dem Asfociativns- lager der enorme Aufschlag der Zwischenhändler erspart, der nicht selten 40—L0 Procent über den Engrospreis beträgt. So machte bei den Schuh¬ machern zu Delitzsch das Mehr, welches sie dem Händler für ein einziges Paar Stiefelsohlen gegen die Associationspreisc zahlen mußten, — 2V2 Sgr. — aus, wofür sie noch weit schlechtere Qualität erhielten. Und so sehr griff dies Verhältniß in den ganzen Geschäftsbetrieb der Leute ein, daß nach wenigen Jahren die Schuhmacher der umliegenden Städte gegen Schulze erklärten: sie seien nicht im Stande mit den Delitzschern auf den Märkten zu con¬ curriren, worauf in den umliegenden Städten Eilenburg, Bitterfeld und Brehna unter seiner Leitung ebenfalls Associationen der Schuhmacher zusammentraten. Ueber den Gang der Geschäfte wird es genügen bei einigen die speciellen Resultate zu berichten, da sich dieselben, abgesehen von dem Umfange, überall gleichen. 17*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/139>, abgerufen am 23.07.2024.