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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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mit der Aufgabe, die Einzelnen mit der nöthigen Baarschaft zum lebhaftem
Geschäftsbetriebe zu versehn und sie so viel als möglich der Vortheile eines
größern Capitals theilhaft zu machen. Diese Porschußvereine kommen ganz
besonders solchen Arbeitern zu Statten, in deren Gewerk am Orte keine spe¬
cielle gewerkschaftliche Genossenschaft besteht, doch werden sie auch von den
Mitgliedern der letztern ebenso häufig benutzt, um ihr Conto in dem Associa¬
tionslager zur rechten Zeit durch Barzahlung zu bereinigen, wenn sie einmal
mit dem Absatz ihrer Producte ein wenig ins Stocken gekommen sind.

Was die rechtliche Perfassung der fraglichen Associationen betrifft, so ent¬
spricht dieselbe, mit wenigen Ausnahmen, der 8ooivlL er" nom Lotte:ol.it deS
französischen Opah alö eowmlwe,s> der SoeiLtag des römischen, in Deutschland
noch vielfach geltenden gemeinen Rechts, deren wir im vorigen Abschnitte ge¬
dachten. Als erlaubte Privatgesellschaften stehen die Associationen, wie das
preußische Landrecht insbesondere das Verhältniß auffaßt, ihren Gläubigern
und Schuldnern mit den Rechten und Pflichten einer Societät gegenüber
d. h. ihre Mitglieder haften Dritten solidarisch und haben unter sich gleiche
Rechte und Pflichten. Die innern Angelegenheiten werden daher dnrch Mehr¬
heitsbeschlüsse geordnet und die Verwaltung ist gewissen Beamten und Aus¬
schüssen nach Inhalt deS Statuts oder Gesellschaftsvertrages übertragen,' in
welchem die nöthigen Vollmachten enthalten sein müssen, für die Fälle, wo Beamte
Namens der Gesellschaft zu handeln befugt sein sollen. Mit dieser Ver¬
fassung ist man bei den bisherigen Associationen im Allgemeinen durchgekommen,
doch dürfte, sobald man zur Production für gemeinschaftliche Rechnung über¬
geht, eine mehr einheitliche Leitung erfahrungsmäßig Bedürfniß werden, in
welchem Falle man in der auch dem deutschen Handelsrechte bekannten Com-
manditgesellschaft die geeignetere Form finden wird. Wegen der Einrichtungen
im Detail beziehen wir uus auf die schulzeschen Bücher, welche Statuten,
Geschäfts- und Nechnuugöformulare und alles hierher Gehörige nebst den erreich¬
ten Resultaten auf das vollständigste enthalten.

Was die Wirksamkeit und Verbreitung der berührten Verbände betrifft,
so sind die Vorschußvereine nebst den Associationen specieller Gewerke weitaus
die bedeutendsten und erblicken wir in ihnen zugleich die eigenthümlich deutsche
Form der Association, wie sie in unsern vaterländischen Zuständen am besten
Wurzel fassen konnte.

Insbesondere haben a) die Vorschußvereine seil den wenigen Jahren ihres
Bestehens (seit 1830) eine Ausbreitung und einen Aufschwung genommen, wie
dies bei unserm etwas bedächtigen Volke fast ohne Beispiel ist. Nur verwechsle
man dieselben nicht mit jenen wol schon früher vorkommenden, auf Geschenke
und unzinsbar vorgestreckte Capitalien einzelner Wohlthäter gegründeten, küm¬
merlichen Almoseninstituten, die hier und da unbemittelten Gewerbtreibenden


mit der Aufgabe, die Einzelnen mit der nöthigen Baarschaft zum lebhaftem
Geschäftsbetriebe zu versehn und sie so viel als möglich der Vortheile eines
größern Capitals theilhaft zu machen. Diese Porschußvereine kommen ganz
besonders solchen Arbeitern zu Statten, in deren Gewerk am Orte keine spe¬
cielle gewerkschaftliche Genossenschaft besteht, doch werden sie auch von den
Mitgliedern der letztern ebenso häufig benutzt, um ihr Conto in dem Associa¬
tionslager zur rechten Zeit durch Barzahlung zu bereinigen, wenn sie einmal
mit dem Absatz ihrer Producte ein wenig ins Stocken gekommen sind.

Was die rechtliche Perfassung der fraglichen Associationen betrifft, so ent¬
spricht dieselbe, mit wenigen Ausnahmen, der 8ooivlL er» nom Lotte:ol.it deS
französischen Opah alö eowmlwe,s> der SoeiLtag des römischen, in Deutschland
noch vielfach geltenden gemeinen Rechts, deren wir im vorigen Abschnitte ge¬
dachten. Als erlaubte Privatgesellschaften stehen die Associationen, wie das
preußische Landrecht insbesondere das Verhältniß auffaßt, ihren Gläubigern
und Schuldnern mit den Rechten und Pflichten einer Societät gegenüber
d. h. ihre Mitglieder haften Dritten solidarisch und haben unter sich gleiche
Rechte und Pflichten. Die innern Angelegenheiten werden daher dnrch Mehr¬
heitsbeschlüsse geordnet und die Verwaltung ist gewissen Beamten und Aus¬
schüssen nach Inhalt deS Statuts oder Gesellschaftsvertrages übertragen,' in
welchem die nöthigen Vollmachten enthalten sein müssen, für die Fälle, wo Beamte
Namens der Gesellschaft zu handeln befugt sein sollen. Mit dieser Ver¬
fassung ist man bei den bisherigen Associationen im Allgemeinen durchgekommen,
doch dürfte, sobald man zur Production für gemeinschaftliche Rechnung über¬
geht, eine mehr einheitliche Leitung erfahrungsmäßig Bedürfniß werden, in
welchem Falle man in der auch dem deutschen Handelsrechte bekannten Com-
manditgesellschaft die geeignetere Form finden wird. Wegen der Einrichtungen
im Detail beziehen wir uus auf die schulzeschen Bücher, welche Statuten,
Geschäfts- und Nechnuugöformulare und alles hierher Gehörige nebst den erreich¬
ten Resultaten auf das vollständigste enthalten.

Was die Wirksamkeit und Verbreitung der berührten Verbände betrifft,
so sind die Vorschußvereine nebst den Associationen specieller Gewerke weitaus
die bedeutendsten und erblicken wir in ihnen zugleich die eigenthümlich deutsche
Form der Association, wie sie in unsern vaterländischen Zuständen am besten
Wurzel fassen konnte.

Insbesondere haben a) die Vorschußvereine seil den wenigen Jahren ihres
Bestehens (seit 1830) eine Ausbreitung und einen Aufschwung genommen, wie
dies bei unserm etwas bedächtigen Volke fast ohne Beispiel ist. Nur verwechsle
man dieselben nicht mit jenen wol schon früher vorkommenden, auf Geschenke
und unzinsbar vorgestreckte Capitalien einzelner Wohlthäter gegründeten, küm¬
merlichen Almoseninstituten, die hier und da unbemittelten Gewerbtreibenden


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[0133] mit der Aufgabe, die Einzelnen mit der nöthigen Baarschaft zum lebhaftem Geschäftsbetriebe zu versehn und sie so viel als möglich der Vortheile eines größern Capitals theilhaft zu machen. Diese Porschußvereine kommen ganz besonders solchen Arbeitern zu Statten, in deren Gewerk am Orte keine spe¬ cielle gewerkschaftliche Genossenschaft besteht, doch werden sie auch von den Mitgliedern der letztern ebenso häufig benutzt, um ihr Conto in dem Associa¬ tionslager zur rechten Zeit durch Barzahlung zu bereinigen, wenn sie einmal mit dem Absatz ihrer Producte ein wenig ins Stocken gekommen sind. Was die rechtliche Perfassung der fraglichen Associationen betrifft, so ent¬ spricht dieselbe, mit wenigen Ausnahmen, der 8ooivlL er» nom Lotte:ol.it deS französischen Opah alö eowmlwe,s> der SoeiLtag des römischen, in Deutschland noch vielfach geltenden gemeinen Rechts, deren wir im vorigen Abschnitte ge¬ dachten. Als erlaubte Privatgesellschaften stehen die Associationen, wie das preußische Landrecht insbesondere das Verhältniß auffaßt, ihren Gläubigern und Schuldnern mit den Rechten und Pflichten einer Societät gegenüber d. h. ihre Mitglieder haften Dritten solidarisch und haben unter sich gleiche Rechte und Pflichten. Die innern Angelegenheiten werden daher dnrch Mehr¬ heitsbeschlüsse geordnet und die Verwaltung ist gewissen Beamten und Aus¬ schüssen nach Inhalt deS Statuts oder Gesellschaftsvertrages übertragen,' in welchem die nöthigen Vollmachten enthalten sein müssen, für die Fälle, wo Beamte Namens der Gesellschaft zu handeln befugt sein sollen. Mit dieser Ver¬ fassung ist man bei den bisherigen Associationen im Allgemeinen durchgekommen, doch dürfte, sobald man zur Production für gemeinschaftliche Rechnung über¬ geht, eine mehr einheitliche Leitung erfahrungsmäßig Bedürfniß werden, in welchem Falle man in der auch dem deutschen Handelsrechte bekannten Com- manditgesellschaft die geeignetere Form finden wird. Wegen der Einrichtungen im Detail beziehen wir uus auf die schulzeschen Bücher, welche Statuten, Geschäfts- und Nechnuugöformulare und alles hierher Gehörige nebst den erreich¬ ten Resultaten auf das vollständigste enthalten. Was die Wirksamkeit und Verbreitung der berührten Verbände betrifft, so sind die Vorschußvereine nebst den Associationen specieller Gewerke weitaus die bedeutendsten und erblicken wir in ihnen zugleich die eigenthümlich deutsche Form der Association, wie sie in unsern vaterländischen Zuständen am besten Wurzel fassen konnte. Insbesondere haben a) die Vorschußvereine seil den wenigen Jahren ihres Bestehens (seit 1830) eine Ausbreitung und einen Aufschwung genommen, wie dies bei unserm etwas bedächtigen Volke fast ohne Beispiel ist. Nur verwechsle man dieselben nicht mit jenen wol schon früher vorkommenden, auf Geschenke und unzinsbar vorgestreckte Capitalien einzelner Wohlthäter gegründeten, küm¬ merlichen Almoseninstituten, die hier und da unbemittelten Gewerbtreibenden

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/133>, abgerufen am 23.07.2024.