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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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macht werden kann, wobei die dadurch veranlaßte Mühe und Ausgabe durch
den Vortheil eines wohlfeilen Ankaufes aufgewogen wird, theils könnte man,
wenn dies nicht wäre, mit Recht sagen, daß der Einwanderer durch nichts ge¬
zwungen sei, sich grade den schlechtesten Theil des Landes zur Heimath zu
wählen. Die Gegenden des sogenannten "großen Thales", so wie die am öst¬
lichen Fuße der blauen Bergkette, sind, wie ich sie geschildert habe, fruchtbar,
schön und gesund. Einzelne Punkte haben mich hier an den Taunus, an
Freiburg im Breisgau, an die dahier Landschaft mit den Ausläufern deS
Jura, und an andere der schönsten Stellen Deutschlands und der flachen
Schweiz erinnert, während ein viel größerer Reichthum natürlicher Producte
und Hilfsmittel und ein schöneres Klima den Vorzug auf Seite Virginiens
legen. Der eigentliche Westen Virginiens, die Abdachung gegen den Ohio,
ist mir nicht bekannt geworden, und ich will mich auf das beschränken, waS
ich selbst gesehen habe. Nur so viel kann ich sagen, daß es auch diesem letzten
Theile nicht an großen natürlichen Vorzügen fehlt.

Bei diesen Vorzügen ist demungeachtet Virginien in seinem Ackerbau, in
fast allen Zweigen der Industrie, im Zuwachs seiner Bevölkerung, und in
vielen andern Dingen hinter Staaten zurückgeblieben, die sich nicht dieser Be¬
günstigung durch die Natur, oder wenigstens keiner größeren rühmen können.
Vergleichen wir z. B., um dies für den Ackerbau klar zu machen, die beiden
benachbarten Staaten Virginien und Pennsylvanien, welche in natürlichen
Vortheilen ungefähr gleich stehen mögen. Virginien hatte 1790 eine Bevöl¬
kerung von 40,68 Menschen auf der Quadratmeile, Pennsylvanien nur von
9,28. Bis zum Jahre 1830 aber hat sich die pennsylvanische Bevölkerung auf
17,30, die virginische dagegen nur auf 13,72 auf der Quadratmeile erhöht,
während die des Staates Neuyork in dem nämlichen Zeitraume von 7,36
auf 21,31 in die Höhe gegangen ist. Mit dieser langsameren Zunahme der
virginischen Bevölkerung steht die relative Ausdehnung des cultivirten Landes
und der Werth der Landgüter im Verhältniß. In Pennsylvanien kamen 1830
aus 8,626,619 Acker angebautes Land, -- 6,294,728 unangebautes; -- in
Virginien aber auf 10,360,133 Acker angebautes, -- 15,792,176 unangebau¬
tes, und der Gesammtwerth der cultivirten Landgüter betrug in Pennsylvanien
407,876,099, in Virginien aber nur 216,401,343 Dollars. In Pennsyl¬
vanien ist der mittlere Werth der Landgüter 23, in Virginien aber nur 8
Dollars pr. Acker. Man hat behauptet die mittlere Qualität des pennsyl-
vanischen Landes sei etwas besser als die deS virginischen. Der Unterschied
kann nicht groß sein. Aber in Neujersey ist der mittlere Werth der Land¬
güter 44 Dollars pr. Acker, und die mittlere Qualität deS Bodens ist ent¬
schieden schlechter als in Virginien.


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macht werden kann, wobei die dadurch veranlaßte Mühe und Ausgabe durch
den Vortheil eines wohlfeilen Ankaufes aufgewogen wird, theils könnte man,
wenn dies nicht wäre, mit Recht sagen, daß der Einwanderer durch nichts ge¬
zwungen sei, sich grade den schlechtesten Theil des Landes zur Heimath zu
wählen. Die Gegenden des sogenannten „großen Thales", so wie die am öst¬
lichen Fuße der blauen Bergkette, sind, wie ich sie geschildert habe, fruchtbar,
schön und gesund. Einzelne Punkte haben mich hier an den Taunus, an
Freiburg im Breisgau, an die dahier Landschaft mit den Ausläufern deS
Jura, und an andere der schönsten Stellen Deutschlands und der flachen
Schweiz erinnert, während ein viel größerer Reichthum natürlicher Producte
und Hilfsmittel und ein schöneres Klima den Vorzug auf Seite Virginiens
legen. Der eigentliche Westen Virginiens, die Abdachung gegen den Ohio,
ist mir nicht bekannt geworden, und ich will mich auf das beschränken, waS
ich selbst gesehen habe. Nur so viel kann ich sagen, daß es auch diesem letzten
Theile nicht an großen natürlichen Vorzügen fehlt.

Bei diesen Vorzügen ist demungeachtet Virginien in seinem Ackerbau, in
fast allen Zweigen der Industrie, im Zuwachs seiner Bevölkerung, und in
vielen andern Dingen hinter Staaten zurückgeblieben, die sich nicht dieser Be¬
günstigung durch die Natur, oder wenigstens keiner größeren rühmen können.
Vergleichen wir z. B., um dies für den Ackerbau klar zu machen, die beiden
benachbarten Staaten Virginien und Pennsylvanien, welche in natürlichen
Vortheilen ungefähr gleich stehen mögen. Virginien hatte 1790 eine Bevöl¬
kerung von 40,68 Menschen auf der Quadratmeile, Pennsylvanien nur von
9,28. Bis zum Jahre 1830 aber hat sich die pennsylvanische Bevölkerung auf
17,30, die virginische dagegen nur auf 13,72 auf der Quadratmeile erhöht,
während die des Staates Neuyork in dem nämlichen Zeitraume von 7,36
auf 21,31 in die Höhe gegangen ist. Mit dieser langsameren Zunahme der
virginischen Bevölkerung steht die relative Ausdehnung des cultivirten Landes
und der Werth der Landgüter im Verhältniß. In Pennsylvanien kamen 1830
aus 8,626,619 Acker angebautes Land, — 6,294,728 unangebautes; — in
Virginien aber auf 10,360,133 Acker angebautes, — 15,792,176 unangebau¬
tes, und der Gesammtwerth der cultivirten Landgüter betrug in Pennsylvanien
407,876,099, in Virginien aber nur 216,401,343 Dollars. In Pennsyl¬
vanien ist der mittlere Werth der Landgüter 23, in Virginien aber nur 8
Dollars pr. Acker. Man hat behauptet die mittlere Qualität des pennsyl-
vanischen Landes sei etwas besser als die deS virginischen. Der Unterschied
kann nicht groß sein. Aber in Neujersey ist der mittlere Werth der Land¬
güter 44 Dollars pr. Acker, und die mittlere Qualität deS Bodens ist ent¬
schieden schlechter als in Virginien.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/115>, abgerufen am 23.07.2024.