Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.der Ouvertüre von Beethoven that, bei einem schnellen Tempo (wie beim Hat es nun Liszt bei Aufstellung des Programmes an dem nöthigen Ur¬ der Ouvertüre von Beethoven that, bei einem schnellen Tempo (wie beim Hat es nun Liszt bei Aufstellung des Programmes an dem nöthigen Ur¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0064" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/104265"/> <p xml:id="ID_188" prev="#ID_187"> der Ouvertüre von Beethoven that, bei einem schnellen Tempo (wie beim<lb/> Finale der Symphonie von Schubert) den zweiten Takt als Ausschlag zu be¬<lb/> handeln und vielerlei dergleichen, sind nicht allein keine Verbesserungen, sondern<lb/> es sind schädliche Jncorrectheiten, die zur unmittelbarsten Folge haben, daß das<lb/> Orchester sich aus den Dirigenten nicht mehr verlassen zu dürfen glaubt. „Wir<lb/> müssen so wenig wie möglich Hinsehen und uns gegenseitig helfen" äußerten<lb/> den» auch gar manche der Musiker, welche wir zu sprechen Gelegenheit hatten.<lb/> Ein Anderes ist es aber noch mit dem Einstudiren eines Tonwerkeö und in<lb/> dieser Hinsicht sind die Musikfeste gradezu eine öffentliche Producnon für die<lb/> dazu berufenen Dirigenten, denn die Proben stehen nicht allein dem Publicum<lb/> offen, sondern von jeher wohnten denselben eine Anzahl höherstehender Künstler<lb/> und Kritiker mit der größten Aufmerksamkeit, ja mit den Partituren in der Hand<lb/> bei, sei es zu eigner Belehrung, sei eS zur Beurtheilung der Leistungen des<lb/> Dirigenten. Hier nun kommt es darauf an, in der kürzesten Zeit das Mög¬<lb/> lichste zu leiste», die Feinheit der Schattirungen so weit zu bringen, als die<lb/> Mittel und Umstände e6 irgend erlauben und nicht allein die Zeit nicht dadurch<lb/> zu verlieren, daß man durch eigne Unsicherheit zu Wiederholungen gezwungen<lb/> wird, sondern sogar während des ununterbrochenen Verfolges eines Stückes<lb/> von seinen Intentionen so vieles als irgend zuträglich mitzutheilen. Das Her¬<lb/> vortreten eines Instrumentes, das sich Unterordnen eines begleitenden, ein<lb/> stärkeres oder geringeres t'ordo, piano, orssLsnclo und tgi. sind oft mit einem<lb/> Worte, einer Geberde zu Wege zu bringen, vollends wenn die Ausübende»<lb/> einmal durch genaues Studium einiger Hauptstellen dazu gekommen sind, die<lb/> Anforderungen deS Dirigenten zu verstehen. Eine gute musikalische Ausführung<lb/> ist doch vor allen Dingen durch die eigeutlichen musikalischen Mittel zu errei¬<lb/> chen — die poetischsten, geistreichsten Bemerkungen, wenn sie auch nicht zu ver¬<lb/> schmähen sind, nützen weniger als, beispielsweise, das beharrliche Versuchen<lb/> eines Pianisfimo, bis es erreicht ist. Und alles Feuer, alle Begeisterung des<lb/> Dirigenten und der Ausführenden helfen nichts oder blutwenig, wenn<lb/> Correctheit, Feinheit, genauestes Zusammenspiel mangeln — an die Spitze<lb/> aller Dirigentenpflichten müssen wir aber die genaueste Kenntniß, die<lb/> vollkommenste Hingabe in Bezug auf alle zu leitenden Werke setzen. Nicht<lb/> als Kritiker, nicht als Schwärmender steht der Dirigent da, sondern als eine<lb/> Art von Heerführer, dem man vertraut, er werde, weder nach Ursache noch nach<lb/> Zweck fragend, alle seine Kräfte anwettde», um die Seinen zum Siege zu<lb/> führen.</p><lb/> <p xml:id="ID_189" next="#ID_190"> Hat es nun Liszt bei Aufstellung des Programmes an dem nöthigen Ur¬<lb/> theil fehlen lassen, wie die Stelle der beethovenschen Ouerlüre, die Wahl der<lb/> Werke von Bach, Schumann und Berlioz beweisen, so hat er sich hinsichtlich<lb/> deS Interesses, welches er den einzelnen Werken zuwandte, viel schwerer ver-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0064]
der Ouvertüre von Beethoven that, bei einem schnellen Tempo (wie beim
Finale der Symphonie von Schubert) den zweiten Takt als Ausschlag zu be¬
handeln und vielerlei dergleichen, sind nicht allein keine Verbesserungen, sondern
es sind schädliche Jncorrectheiten, die zur unmittelbarsten Folge haben, daß das
Orchester sich aus den Dirigenten nicht mehr verlassen zu dürfen glaubt. „Wir
müssen so wenig wie möglich Hinsehen und uns gegenseitig helfen" äußerten
den» auch gar manche der Musiker, welche wir zu sprechen Gelegenheit hatten.
Ein Anderes ist es aber noch mit dem Einstudiren eines Tonwerkeö und in
dieser Hinsicht sind die Musikfeste gradezu eine öffentliche Producnon für die
dazu berufenen Dirigenten, denn die Proben stehen nicht allein dem Publicum
offen, sondern von jeher wohnten denselben eine Anzahl höherstehender Künstler
und Kritiker mit der größten Aufmerksamkeit, ja mit den Partituren in der Hand
bei, sei es zu eigner Belehrung, sei eS zur Beurtheilung der Leistungen des
Dirigenten. Hier nun kommt es darauf an, in der kürzesten Zeit das Mög¬
lichste zu leiste», die Feinheit der Schattirungen so weit zu bringen, als die
Mittel und Umstände e6 irgend erlauben und nicht allein die Zeit nicht dadurch
zu verlieren, daß man durch eigne Unsicherheit zu Wiederholungen gezwungen
wird, sondern sogar während des ununterbrochenen Verfolges eines Stückes
von seinen Intentionen so vieles als irgend zuträglich mitzutheilen. Das Her¬
vortreten eines Instrumentes, das sich Unterordnen eines begleitenden, ein
stärkeres oder geringeres t'ordo, piano, orssLsnclo und tgi. sind oft mit einem
Worte, einer Geberde zu Wege zu bringen, vollends wenn die Ausübende»
einmal durch genaues Studium einiger Hauptstellen dazu gekommen sind, die
Anforderungen deS Dirigenten zu verstehen. Eine gute musikalische Ausführung
ist doch vor allen Dingen durch die eigeutlichen musikalischen Mittel zu errei¬
chen — die poetischsten, geistreichsten Bemerkungen, wenn sie auch nicht zu ver¬
schmähen sind, nützen weniger als, beispielsweise, das beharrliche Versuchen
eines Pianisfimo, bis es erreicht ist. Und alles Feuer, alle Begeisterung des
Dirigenten und der Ausführenden helfen nichts oder blutwenig, wenn
Correctheit, Feinheit, genauestes Zusammenspiel mangeln — an die Spitze
aller Dirigentenpflichten müssen wir aber die genaueste Kenntniß, die
vollkommenste Hingabe in Bezug auf alle zu leitenden Werke setzen. Nicht
als Kritiker, nicht als Schwärmender steht der Dirigent da, sondern als eine
Art von Heerführer, dem man vertraut, er werde, weder nach Ursache noch nach
Zweck fragend, alle seine Kräfte anwettde», um die Seinen zum Siege zu
führen.
Hat es nun Liszt bei Aufstellung des Programmes an dem nöthigen Ur¬
theil fehlen lassen, wie die Stelle der beethovenschen Ouerlüre, die Wahl der
Werke von Bach, Schumann und Berlioz beweisen, so hat er sich hinsichtlich
deS Interesses, welches er den einzelnen Werken zuwandte, viel schwerer ver-
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