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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

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cooverative-Ieaxue in Birmingham, legte indessen damit, ohne es zu wollen,
den Keim zu einer Propaganda, welche, getragen durch eine Anzahl Männer
aus den gebildeten und besitzenden Classen, mittels Versammlungen und der
Presse sehr bald Einfluß gewann, und sich allmälig, nach wiederholtem Schei¬
tern der Projecte ihres Meisters, von den Anschauungen desselben, so wie über¬
haupt von der doctrinär-socialistischen Beimischung losmachte. Auf diese Weise
wurde der Boden für das der Bewegung innewohnende praktische Element
vorbereitet, welches sich sehr bald, mit verdoppelter Macht seit 1848, in einer
Zahl wirthschaftlicher oder Distributivassociationen, den sogenannten coopei-alive-
stores, geltend machte. Vereine, meist aus Arbeitern, zum Theil auch Klcin-
Mtistern und Inhabern kleiner Capitalien bestehend, brachten durch geringe fort¬
laufende Beisteuern und Anlehen ein Capital zusammen, mit welchem sie Vor¬
räthe von Waaren, meist nothwendige Lebensbedürfnisse, im Großen kauften
und den Mitgliedern, bald auch dem ganzen Publicum, abließen, so daß in
kurzer Zeit aus den Vereinsmagazinen förmliche Kaufläden wurden, welche, für
Rechnung der Association betrieben, den Mitgliedern namhafte Gewinnst-
dividenden abwarfen. Einen solchen Aufschwung nahmen diese Assvciationsgeschafte,
daß man daran denken konnte, bei den Hauptartikeln, wie z. B. Mehl, bald
auch die Production selbst in die Hände zu nehmen und große Mühlwerke zu
kaufen oder anzulegen. Auch wurden hier und da weitere Anstalten daran
geknüpft, wie Lesehallen, Bildungsanstalten, Krankenkassen, die Ueberlchssung
kleiner Gartenparcellen u. a., welche eine nähere Gemeinschaft und sittliche
Einwirkung auf die Mitglieder der sonst ganz lockeren, rein materiellen Ver¬
bände vermittelten. Mehr gepflegt wurde die letztere Seite erst seit dem Zu¬
sammentritt der Association lor promotinx inelustnal auel proviclsnt sooieties
im Jahre 18i9, eines Vereins Gelehrter unter Leitung des bekannten Professor
Maurice, dem selbst einige Parlamentsglieder beitraten, und der sich die För¬
derung der Cooperaiivbewegung nach allen Richtungen hin durch Rath und
That zum Ziele setzte. Ohne der Idee der Selbsthilfe der Arbeiter zu nahe zu
treten', regte man die Leute zum Zusammentritt in Wort und Schrift an, berieth
sie bei den ersten Einrichtungen und half wol mit den ersten Fond herbei¬
schaffen. AIS selbstständige Frucht der Thätigkeit deS Vereins steht aber bereits
das im November 18Si in London mit bestem Erfolg eröffnete Oollöxs lor
uni'Kmgmeu unter MauriceS Leitung da, eine höhere Bildungsanstalt sür
Arbeiter, in der man sich namentlich die Führer der Bewegung unter den Leuten
selbst heranzuziehen denkt. Ebenso ist hauptsächlich auf Anregung und infolge
der Vorarbeiten deS Vereins die inäustriat sunt proviclent socisties /^et vom
30. Juni 1832 zum Gesetz erhoben worden, welches mehre in der englischen
Rechtsverfassung begründete Schwierigkeiten für den Aufschwung der Associatio¬
nen beseitigte, indem es den Vereinen, welche sich einer Prüfung ihrer Statuten


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cooverative-Ieaxue in Birmingham, legte indessen damit, ohne es zu wollen,
den Keim zu einer Propaganda, welche, getragen durch eine Anzahl Männer
aus den gebildeten und besitzenden Classen, mittels Versammlungen und der
Presse sehr bald Einfluß gewann, und sich allmälig, nach wiederholtem Schei¬
tern der Projecte ihres Meisters, von den Anschauungen desselben, so wie über¬
haupt von der doctrinär-socialistischen Beimischung losmachte. Auf diese Weise
wurde der Boden für das der Bewegung innewohnende praktische Element
vorbereitet, welches sich sehr bald, mit verdoppelter Macht seit 1848, in einer
Zahl wirthschaftlicher oder Distributivassociationen, den sogenannten coopei-alive-
stores, geltend machte. Vereine, meist aus Arbeitern, zum Theil auch Klcin-
Mtistern und Inhabern kleiner Capitalien bestehend, brachten durch geringe fort¬
laufende Beisteuern und Anlehen ein Capital zusammen, mit welchem sie Vor¬
räthe von Waaren, meist nothwendige Lebensbedürfnisse, im Großen kauften
und den Mitgliedern, bald auch dem ganzen Publicum, abließen, so daß in
kurzer Zeit aus den Vereinsmagazinen förmliche Kaufläden wurden, welche, für
Rechnung der Association betrieben, den Mitgliedern namhafte Gewinnst-
dividenden abwarfen. Einen solchen Aufschwung nahmen diese Assvciationsgeschafte,
daß man daran denken konnte, bei den Hauptartikeln, wie z. B. Mehl, bald
auch die Production selbst in die Hände zu nehmen und große Mühlwerke zu
kaufen oder anzulegen. Auch wurden hier und da weitere Anstalten daran
geknüpft, wie Lesehallen, Bildungsanstalten, Krankenkassen, die Ueberlchssung
kleiner Gartenparcellen u. a., welche eine nähere Gemeinschaft und sittliche
Einwirkung auf die Mitglieder der sonst ganz lockeren, rein materiellen Ver¬
bände vermittelten. Mehr gepflegt wurde die letztere Seite erst seit dem Zu¬
sammentritt der Association lor promotinx inelustnal auel proviclsnt sooieties
im Jahre 18i9, eines Vereins Gelehrter unter Leitung des bekannten Professor
Maurice, dem selbst einige Parlamentsglieder beitraten, und der sich die För¬
derung der Cooperaiivbewegung nach allen Richtungen hin durch Rath und
That zum Ziele setzte. Ohne der Idee der Selbsthilfe der Arbeiter zu nahe zu
treten', regte man die Leute zum Zusammentritt in Wort und Schrift an, berieth
sie bei den ersten Einrichtungen und half wol mit den ersten Fond herbei¬
schaffen. AIS selbstständige Frucht der Thätigkeit deS Vereins steht aber bereits
das im November 18Si in London mit bestem Erfolg eröffnete Oollöxs lor
uni'Kmgmeu unter MauriceS Leitung da, eine höhere Bildungsanstalt sür
Arbeiter, in der man sich namentlich die Führer der Bewegung unter den Leuten
selbst heranzuziehen denkt. Ebenso ist hauptsächlich auf Anregung und infolge
der Vorarbeiten deS Vereins die inäustriat sunt proviclent socisties /^et vom
30. Juni 1832 zum Gesetz erhoben worden, welches mehre in der englischen
Rechtsverfassung begründete Schwierigkeiten für den Aufschwung der Associatio¬
nen beseitigte, indem es den Vereinen, welche sich einer Prüfung ihrer Statuten


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/499>, abgerufen am 23.07.2024.