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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

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Löhne üben, bei sonst gleichen Bedingungen also das Sinken der letztern eher
als ihr Steigen befördern muß. Dieser Einfluß wird aber noch durch die
Rückwirkung verstärkt, welche der beschriebene Gang der Dinge auf die bisher
selbstständigen Kie in gewerbtrei b en den, insbesondere die Handwerker, noth¬
wendig ausübt. Wir haben gesehn, wie sehr dieselben durch jene großen
Etablissements in ihrer Existenz bedroht wurden. Wie nun der Maugel der
Bedingungen des Großbetriebes die Lohnarbeiter abhält, selbst ein dergleichen
Geschäft für eigne Rechnung zu gründen, so hindert er die Kleinmeister, bei
denen er sich in demselben Grade zeigt, wie bei jenen, ihr bisher betriebenes
kleines Geschäft in ein fabrikmäßiges von dem Umfange, wie es der neuere
Zuschnitt verlangt, umzugestalten. Daher sehen wir dieselben je länger je mehr
in die Lage versetzt, ihre Geschäfte und somit ihre Selbstständigkeit aufgeben
und sich den Fabriken ebenfalls zur Verfügung stellen zu müssen. Dadurch
erhält die Masse der Lohnarbeiter, deren Vermehrung schon bei dem gewöhn¬
lichen Bevölkerungsfortschritt eine außerordentlich starke ist, noch einen Zuwachs
von cmßenher, der um so ungünstiger ans ihre Lage wirkt, als derselbe aus
den Reihen der bisherigen Arbeitsgeber selbst zu ihnen übertritt, und so ein
doppeltes Gewicht zu ihren Ungunsten in die Wagschale wirft. Wenn bei¬
spielsweise bisher 800 Arbeiter von 10 Fabrikanten, deren jeder circa 30 im
Durchschnitt lohnte, und 200 Kleinmeistern, deren jeder für seine Person
1--2 Gehilfen hielt, beschäftigt wurden, so hatten sie offenbar hinsichtlich ihres
Arbeitsmarktes einen bessern Stand, als es dann der Fall ist, wenn die
200 Kleinmeister ihre Werkstätten schließen und zu ihnen übertreten. Dies
trifft sogar in dem besonders günstigen Falle zu, wo die ganze aus 1000 ver¬
stärkte Arbeiterzahl bei den < 0 Fabrikanten, oder einigen mehr, die seitdem sich
etablirt haben, ein Unterkommen findet, weil jeder derselben jetzt mehr Leute
beschäftigt als früher. Zwar ist alsdann für Beschäftigung gesorgt, aber die
Wahl unter den Arbeitsgebern, und somit deren Anfrage, ist beschränkter als
vorher. Während die frühern Kleinmeister ihren einzigen, oder ihre wenigen
Gehilfen nicht füglich entbehren konnten und sich bemühen mußten, sie zu hal¬
ten oder schleunigst wieder zu ersetzen, können die großen Fabrikherrn von ihren
Hunderten von Leuten bei weitem eher einige missen, und außerdem macht es
ihnen ihre geringere Zahl leichter, sich wegen der Annahme der Arbeiter und
der zu stellenden Lohnbedingungen untereinander im gemeinschaftlichen Interesse
zu verständigen.

Ziehen wir nach alledem die Summe unserer Betrachtungen, so haben
wir besonders den wichtigen Satz als Anhalt für unsere weitern Erörterungen
gewonnen: daß die bedrängte Lage der arbeitenden Classen, als die unleug¬
bare Folge der großartigen Fortschritte der neuern Industrie, keine zufällige,
blos vereinzelte Erscheinung ist, daß sie keiner blos momentanen Ursache bei-


Greiizbote,,. III. 28

Löhne üben, bei sonst gleichen Bedingungen also das Sinken der letztern eher
als ihr Steigen befördern muß. Dieser Einfluß wird aber noch durch die
Rückwirkung verstärkt, welche der beschriebene Gang der Dinge auf die bisher
selbstständigen Kie in gewerbtrei b en den, insbesondere die Handwerker, noth¬
wendig ausübt. Wir haben gesehn, wie sehr dieselben durch jene großen
Etablissements in ihrer Existenz bedroht wurden. Wie nun der Maugel der
Bedingungen des Großbetriebes die Lohnarbeiter abhält, selbst ein dergleichen
Geschäft für eigne Rechnung zu gründen, so hindert er die Kleinmeister, bei
denen er sich in demselben Grade zeigt, wie bei jenen, ihr bisher betriebenes
kleines Geschäft in ein fabrikmäßiges von dem Umfange, wie es der neuere
Zuschnitt verlangt, umzugestalten. Daher sehen wir dieselben je länger je mehr
in die Lage versetzt, ihre Geschäfte und somit ihre Selbstständigkeit aufgeben
und sich den Fabriken ebenfalls zur Verfügung stellen zu müssen. Dadurch
erhält die Masse der Lohnarbeiter, deren Vermehrung schon bei dem gewöhn¬
lichen Bevölkerungsfortschritt eine außerordentlich starke ist, noch einen Zuwachs
von cmßenher, der um so ungünstiger ans ihre Lage wirkt, als derselbe aus
den Reihen der bisherigen Arbeitsgeber selbst zu ihnen übertritt, und so ein
doppeltes Gewicht zu ihren Ungunsten in die Wagschale wirft. Wenn bei¬
spielsweise bisher 800 Arbeiter von 10 Fabrikanten, deren jeder circa 30 im
Durchschnitt lohnte, und 200 Kleinmeistern, deren jeder für seine Person
1—2 Gehilfen hielt, beschäftigt wurden, so hatten sie offenbar hinsichtlich ihres
Arbeitsmarktes einen bessern Stand, als es dann der Fall ist, wenn die
200 Kleinmeister ihre Werkstätten schließen und zu ihnen übertreten. Dies
trifft sogar in dem besonders günstigen Falle zu, wo die ganze aus 1000 ver¬
stärkte Arbeiterzahl bei den < 0 Fabrikanten, oder einigen mehr, die seitdem sich
etablirt haben, ein Unterkommen findet, weil jeder derselben jetzt mehr Leute
beschäftigt als früher. Zwar ist alsdann für Beschäftigung gesorgt, aber die
Wahl unter den Arbeitsgebern, und somit deren Anfrage, ist beschränkter als
vorher. Während die frühern Kleinmeister ihren einzigen, oder ihre wenigen
Gehilfen nicht füglich entbehren konnten und sich bemühen mußten, sie zu hal¬
ten oder schleunigst wieder zu ersetzen, können die großen Fabrikherrn von ihren
Hunderten von Leuten bei weitem eher einige missen, und außerdem macht es
ihnen ihre geringere Zahl leichter, sich wegen der Annahme der Arbeiter und
der zu stellenden Lohnbedingungen untereinander im gemeinschaftlichen Interesse
zu verständigen.

Ziehen wir nach alledem die Summe unserer Betrachtungen, so haben
wir besonders den wichtigen Satz als Anhalt für unsere weitern Erörterungen
gewonnen: daß die bedrängte Lage der arbeitenden Classen, als die unleug¬
bare Folge der großartigen Fortschritte der neuern Industrie, keine zufällige,
blos vereinzelte Erscheinung ist, daß sie keiner blos momentanen Ursache bei-


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[0225] Löhne üben, bei sonst gleichen Bedingungen also das Sinken der letztern eher als ihr Steigen befördern muß. Dieser Einfluß wird aber noch durch die Rückwirkung verstärkt, welche der beschriebene Gang der Dinge auf die bisher selbstständigen Kie in gewerbtrei b en den, insbesondere die Handwerker, noth¬ wendig ausübt. Wir haben gesehn, wie sehr dieselben durch jene großen Etablissements in ihrer Existenz bedroht wurden. Wie nun der Maugel der Bedingungen des Großbetriebes die Lohnarbeiter abhält, selbst ein dergleichen Geschäft für eigne Rechnung zu gründen, so hindert er die Kleinmeister, bei denen er sich in demselben Grade zeigt, wie bei jenen, ihr bisher betriebenes kleines Geschäft in ein fabrikmäßiges von dem Umfange, wie es der neuere Zuschnitt verlangt, umzugestalten. Daher sehen wir dieselben je länger je mehr in die Lage versetzt, ihre Geschäfte und somit ihre Selbstständigkeit aufgeben und sich den Fabriken ebenfalls zur Verfügung stellen zu müssen. Dadurch erhält die Masse der Lohnarbeiter, deren Vermehrung schon bei dem gewöhn¬ lichen Bevölkerungsfortschritt eine außerordentlich starke ist, noch einen Zuwachs von cmßenher, der um so ungünstiger ans ihre Lage wirkt, als derselbe aus den Reihen der bisherigen Arbeitsgeber selbst zu ihnen übertritt, und so ein doppeltes Gewicht zu ihren Ungunsten in die Wagschale wirft. Wenn bei¬ spielsweise bisher 800 Arbeiter von 10 Fabrikanten, deren jeder circa 30 im Durchschnitt lohnte, und 200 Kleinmeistern, deren jeder für seine Person 1—2 Gehilfen hielt, beschäftigt wurden, so hatten sie offenbar hinsichtlich ihres Arbeitsmarktes einen bessern Stand, als es dann der Fall ist, wenn die 200 Kleinmeister ihre Werkstätten schließen und zu ihnen übertreten. Dies trifft sogar in dem besonders günstigen Falle zu, wo die ganze aus 1000 ver¬ stärkte Arbeiterzahl bei den < 0 Fabrikanten, oder einigen mehr, die seitdem sich etablirt haben, ein Unterkommen findet, weil jeder derselben jetzt mehr Leute beschäftigt als früher. Zwar ist alsdann für Beschäftigung gesorgt, aber die Wahl unter den Arbeitsgebern, und somit deren Anfrage, ist beschränkter als vorher. Während die frühern Kleinmeister ihren einzigen, oder ihre wenigen Gehilfen nicht füglich entbehren konnten und sich bemühen mußten, sie zu hal¬ ten oder schleunigst wieder zu ersetzen, können die großen Fabrikherrn von ihren Hunderten von Leuten bei weitem eher einige missen, und außerdem macht es ihnen ihre geringere Zahl leichter, sich wegen der Annahme der Arbeiter und der zu stellenden Lohnbedingungen untereinander im gemeinschaftlichen Interesse zu verständigen. Ziehen wir nach alledem die Summe unserer Betrachtungen, so haben wir besonders den wichtigen Satz als Anhalt für unsere weitern Erörterungen gewonnen: daß die bedrängte Lage der arbeitenden Classen, als die unleug¬ bare Folge der großartigen Fortschritte der neuern Industrie, keine zufällige, blos vereinzelte Erscheinung ist, daß sie keiner blos momentanen Ursache bei- Greiizbote,,. III. 28

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/225>, abgerufen am 04.12.2024.