Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.sührlich darüber, daß diese Frage ein blos dynastisches Interesse hat, daß die Ein ähnlicher Fall ist es mit der orientalischen Frage. Auch wir theilen Indeß ist es im Grund eine müßige Frage, wer von den beiden Staaten 6*
sührlich darüber, daß diese Frage ein blos dynastisches Interesse hat, daß die Ein ähnlicher Fall ist es mit der orientalischen Frage. Auch wir theilen Indeß ist es im Grund eine müßige Frage, wer von den beiden Staaten 6*
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sührlich darüber, daß diese Frage ein blos dynastisches Interesse hat, daß die
Ehre der andern deutschen Fürsten dabei nicht im geringsten betheiligt ist. Wir
geben das zu, aber desto eifriger hätte sich Oestreich zeigen sollen, dem Nach¬
barstaat einen Gefallen zu thun, der es nichts kostete und der diesem nichts
einbrachte. ' Ist Oestreich etwa durch Sympathien für die Schweiz bestimmt
worden, in den neuenburgcr Verhandlungen die Rolle zu spielen, die es ge-
jpielt hat? Oder war es etwa eine Gefälligkeit gegen den Kaiser Napoleon III.,'
ihm die vermittelnde imposante. Stellung zu überlassen, die am natürlichsten
Oestreich zufiel? Es scheint beinahe so, alö habe auch in dieser Sache nicht
die ruhige Ueberzeugung ^ sondern das Gefühl den Ausschlag gegeben.
Ein ähnlicher Fall ist es mit der orientalischen Frage. Auch wir theilen
ganz die Ansicht des Herrn Pz., daß in dieser Frage Oestreich eine viel ein¬
sichtsvollere Politik verfolgt hat, als Preußen; ja es hat einen glänzenden
Erfolg davongetragen, denn es hat die wenigsten Opfer gebracht und sein
Gewinn ist der größte gewesen. Aber man muß dabei zweierlei bedenken: ein¬
mal war Oestreichs Aufgabe in dieser Sache viel bestimmter vorgezeichnet. Die
Combination war für Oestreich so günstig, wie sie nicht leicht in der Geschichte
zum zweiten Mal vorkommt; der Gewinn war ein nothwendiger, unmittelbarer,
und es kostete weiter nichts, als die Unterdrückung dankbarer Erinnerungen,
ein Opfer, das bekanntlich bei menschlichen Angelegenheiten am leichtesten in
die Wagschale fällt. Für Preußen dagegen waren zwar sehr bestimmte Opfer
in Aussicht gestellt aber kein sicherer Gewinn garantirt; und wenn wir auch
heute noch wie damals die Ueberzeugung hegen, daß der Gewinn sich von
selbst würde ergeben haben, so kann man den preußischen Staatsmännern
wenigstens ein sehr ernstes Mißtrauen gegen ihre Verbündeten nicht verargen.
Es wäre Oestreich am leichtesten gewesen, durch offenes Entgegenkommen dies
Mißtrauen zu beseitigen. Hat es das aber gethan? Wir sind in die Geheim¬
nisse der Diplomatie nicht eingeweiht, aber die Noten, die damals durch die
Zeitungen veröffentlicht wurden, waren so wenig darauf berechnet, die gerechte
Empfindlichkeit eines unabhängigen Staats zu schonen, baß man fast aus den
Glauben gerathen muß, Oestreich sei die Rolle, die Preußen spielte, gar nicht
unbequem gewesen, es habe im Gegentheil indirect alles daran gesetzt, es
darin zu bestärken. — Beiläufig bemerken wir noch, daß es im höchsten Grade
ungerecht ist, Preußen allein für den Einfluß verantwortlich zu machen, den Ru߬
land auf uns ausgeübt hat. Der Vn,.isser hat eine merkwürdige Manier, unde-,
queue Thatsachen zu überspringen. An -1772 und 1793 erinnerter mit großem
Eifer,-1736 und-1860 hat er aber ganz vergessen. Wir dächten doch, daß im letz¬
tern Jahr nicht Preußen, sondern Oestreich der Vermittler des russischen Ein¬
flusses gewesen ist.
Indeß ist es im Grund eine müßige Frage, wer von den beiden Staaten
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