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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.

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gar nicht genommen werden können; man vermindert sie ihnen aber, sobald
mehre sich dazu vereinigen. Man vermindert sie ihnen einmal durch Zu¬
sammenfügung des vereinten Capitals, was freilich eine ehrliche Concurrenz
ist, die man sich gefallen lassen muß, und wo für die Allgemeinheit und daher
auch für den Einzelnen etwaige kleine Nachtheile durch weit größere Vortheile
mehr als aufgewogen werden; man vermindert sie ihnen aber in viel größerem
Maßstabe durch die unredliche Concurrenz, welche daS Privileg ausübt. Jetzt
wurzelt der Credit nicht mehr allein in der Geschäftskenntniß und dem Capital
der concesstonirten Gesellschaft, sondern in dem Nimbus der staatlichen Ge¬
nehmigung, welcher der Einzelne keine gleiche Kraft gegenüberstellen kann.
Dem entsprechen nur, auch die Folgen des neuen Zustandes. Anstatt daß der
Credit seine naturgemäße Entwicklung nehmen konnte, maßten sich die privilegirten
Banken die Befugniß an , ihn anzuspornen oder zu hemmen, je nachdem es
den Zeitumständen gemäß schien. So sehr sie nun auch hierin dem Gedanken¬
gang, der in dem pereireschen Bericht liegt, vorarbeiteten, so ist der Credit,
mit dem wir eS hier zu thun haben, von dem andern verschieden, weshalb
wir das Verhältniß etwas näher betrachten müssen.

Wir reden hier von Disconto- und andern ähnlichen Banken, deren
Wirkungskreis in weiter nichts als einem großartigen Bankiergeschäft besteht.
Sie nehmen Geld gegen Zinsvergütung an und leihen Geld natürlich auf
Sicherheit aus, sie berechneU die Gelder ihrer Kunden untereinander und
machen deren Geldgeschäfte mit andern ab, besorgen auch namentlich den An¬
kauf und Verkauf von Wechseln. In wie weit sie Credite eröffnen d. h. vor¬
schußweise Einzelnen auf deren allgemeine Creditfähigkeit hin Gelder ausleihen,
hängt von den Statuten ab; die Regel ist, daß die privilegirten und conces¬
stonirten Banken es nicht thun. Solche Credite, oft die besten unter allen,
weil sie denen zu Gute kommen, welche kaum mehr als das Capital ihrer
persönlichen Tüchtigkeit und Geschäftskenntniß an den Markt bringen, können
fast nur von Privatleuten oder freien Banken gewährt werden, über deren
Häuptern das Damoklesschwert der unbedingten Verantwortlichkeit aller derer
hängt, welche an dem Gewinne der Bank Theil nehmen. Die Verwaltung
einer privilegirten Bank ist nothwendig durch Statuten gebunden, damit sie
über fremdes Gut nicht nach persönlichem Belieben verfüge; die Statuten selbst
werden vorzugsweise auf formellen Grundlagen beruhen, die dreifache Unter¬
schrift auf einem Wechsel u. tgi. in., die discretionäre Gewalt der Verwaltung
kann daher nur eine beschränkte sein, so daß bei der Gebundenheit der innern
Einrichtungen durch die gewährte Concession ein Fügen in die Umstände, eine
für den einzelnen Fall angepaßte Freiheit im Verfahren ausgeschlossen bleibt.
Bei der freien Bank wird man sich nicht auf die Statuten, sondern auf die
Persönlichkeit der Leiter verlassen müssen und beim Mangel eines künstlichen


gar nicht genommen werden können; man vermindert sie ihnen aber, sobald
mehre sich dazu vereinigen. Man vermindert sie ihnen einmal durch Zu¬
sammenfügung des vereinten Capitals, was freilich eine ehrliche Concurrenz
ist, die man sich gefallen lassen muß, und wo für die Allgemeinheit und daher
auch für den Einzelnen etwaige kleine Nachtheile durch weit größere Vortheile
mehr als aufgewogen werden; man vermindert sie ihnen aber in viel größerem
Maßstabe durch die unredliche Concurrenz, welche daS Privileg ausübt. Jetzt
wurzelt der Credit nicht mehr allein in der Geschäftskenntniß und dem Capital
der concesstonirten Gesellschaft, sondern in dem Nimbus der staatlichen Ge¬
nehmigung, welcher der Einzelne keine gleiche Kraft gegenüberstellen kann.
Dem entsprechen nur, auch die Folgen des neuen Zustandes. Anstatt daß der
Credit seine naturgemäße Entwicklung nehmen konnte, maßten sich die privilegirten
Banken die Befugniß an , ihn anzuspornen oder zu hemmen, je nachdem es
den Zeitumständen gemäß schien. So sehr sie nun auch hierin dem Gedanken¬
gang, der in dem pereireschen Bericht liegt, vorarbeiteten, so ist der Credit,
mit dem wir eS hier zu thun haben, von dem andern verschieden, weshalb
wir das Verhältniß etwas näher betrachten müssen.

Wir reden hier von Disconto- und andern ähnlichen Banken, deren
Wirkungskreis in weiter nichts als einem großartigen Bankiergeschäft besteht.
Sie nehmen Geld gegen Zinsvergütung an und leihen Geld natürlich auf
Sicherheit aus, sie berechneU die Gelder ihrer Kunden untereinander und
machen deren Geldgeschäfte mit andern ab, besorgen auch namentlich den An¬
kauf und Verkauf von Wechseln. In wie weit sie Credite eröffnen d. h. vor¬
schußweise Einzelnen auf deren allgemeine Creditfähigkeit hin Gelder ausleihen,
hängt von den Statuten ab; die Regel ist, daß die privilegirten und conces¬
stonirten Banken es nicht thun. Solche Credite, oft die besten unter allen,
weil sie denen zu Gute kommen, welche kaum mehr als das Capital ihrer
persönlichen Tüchtigkeit und Geschäftskenntniß an den Markt bringen, können
fast nur von Privatleuten oder freien Banken gewährt werden, über deren
Häuptern das Damoklesschwert der unbedingten Verantwortlichkeit aller derer
hängt, welche an dem Gewinne der Bank Theil nehmen. Die Verwaltung
einer privilegirten Bank ist nothwendig durch Statuten gebunden, damit sie
über fremdes Gut nicht nach persönlichem Belieben verfüge; die Statuten selbst
werden vorzugsweise auf formellen Grundlagen beruhen, die dreifache Unter¬
schrift auf einem Wechsel u. tgi. in., die discretionäre Gewalt der Verwaltung
kann daher nur eine beschränkte sein, so daß bei der Gebundenheit der innern
Einrichtungen durch die gewährte Concession ein Fügen in die Umstände, eine
für den einzelnen Fall angepaßte Freiheit im Verfahren ausgeschlossen bleibt.
Bei der freien Bank wird man sich nicht auf die Statuten, sondern auf die
Persönlichkeit der Leiter verlassen müssen und beim Mangel eines künstlichen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666/468>, abgerufen am 28.07.2024.