Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

sprechen, eher durchzudrängen und zu wirken Aussicht haben, als solche, die sich auf
die Betrachtung der politischen Zustände beschränken.

Wünschen wir hier der Schrift einen guten Erfolg, so wird sie auch ander¬
wärts nicht verfehlen, Eindruck zu machen. Der Verfasser hat ein Herz nicht blos
für die gefährdete Kirche, auch für die geknechtete und gemißhandelte Nationalität.
Er hat redlich für beide gearbeitet, gekämpft und gelitten. Die Weise, in welcher
er gehöhnt und gehütete und zuletzt ohne rechtlichen Grund von seiner Stelle hin-
weggcmaßregelt wurde, um jenem Dänen Platz zu machen, den uns Busch im elf¬
ten Capitel seiner Briefe als eine so klägliche Persönlichkeit hinstellt, die echt Schles-
wig-holsteinische Gesinnung, mit der er nie über das Recht hinausgeht, das Recht
aber auch bis in seine letzte Position hinein vertheidigt, ist ein sprechendes Beispiel
sür die Erkenntniß der dortigen Zustände, die man sich in der That kaum schmäh¬
lich genug vorstellen kann, und bei denen man nicht weiß, über was man mehr er¬
staunen soll, ob über die kühle Dreistigkeit der Einen oder über die schleichende
Hinterlist der Andern, welche hier mit allen Mitteln der Lüge ein Stück deutsches
Land von dem Gesammtkörper abzutrennen versuchen.

Es mag Leute gegeben haben, welchen die in den "Schleswig-Holsteinischen
Briefen" mitgetheilten Thatsachen unglaublich, die dort gegebenen Porträts als
Karikaturen der Leidenschaft erschienen sind. Mögen sie die Schrift Valentiners
lesen und sich durch die in derselben angeführten Documente zu der traurigen Wahr¬
heit bekehren lassen, daß nichts erfunden und nichts übertrieben wurde. Und mögen
sie darnach in ihren Kreisen und nach ihren Kräften handeln. --

I.L wullts par X. L. LiunUno. ?ari", Iluvliv^s Le Lo. !857. -- Als
Sixtus V. Papst geworden war, fand man an den Statuen von Pasquino und'
Marsorio Tag aus Tag ein eine Reihe beißender Satiren gegen die Abkunft Sr.
Heiligkeit. Der zornige Papst suchte vergebens den Thäter zu entdecken, endlich
sicherte er demselben, wenn er sich selbst angeben wollte, nicht blos das Leben zu,
sondern er verhieß ihm noch eine beträchtliche Belohnung. Der Pasauillant mel¬
dete sich wirklich, und Sixtus hielt zwar Wort, aber er ließ ihm die Zunge aus¬
reißen und beide Hände abhacken und ihn dann auf die Straße werfen. Der
Dichter hat sich nun ausführlich auszumalen versucht, wie die weitern Schicksale
dieses armen Verstümmelten waren. Sie sind natürlich betrübt und gräßlich genug,
aber wen er damit hat amüsiren wollen, das weiß der liebe Gott. Es ist merk¬
würdig, wie Saintine, dem in seiner Picciola ein so reizendes, echt poetisches Ge¬
mälde gelungen ist, in seinen übrigen Romanen sich in der Wahl des Stoffs völ¬
lig vergriffen hat. --




n<>:.i-:.!,!),-.!-in>-"VK'...j.'/-i.ii^:,.".i>.,iil,.tt>..et?k..l.Ä"V"Mh"
Herausgegeben von Gustav Freytag und Julian Schmidt.
Als verantwort!. Redacteur legitimirt: F. W. Grunow. -- Verlag vo" F. L. Herbig
in Leipzig.
Druck von C. E. Elbert in Leipzig.
"i'/öl--^ it'i'Z"mal-.-.djin" 'let'i in .n?-^l,es'se.^ '-.--mis- in'/j'-i'l

sprechen, eher durchzudrängen und zu wirken Aussicht haben, als solche, die sich auf
die Betrachtung der politischen Zustände beschränken.

Wünschen wir hier der Schrift einen guten Erfolg, so wird sie auch ander¬
wärts nicht verfehlen, Eindruck zu machen. Der Verfasser hat ein Herz nicht blos
für die gefährdete Kirche, auch für die geknechtete und gemißhandelte Nationalität.
Er hat redlich für beide gearbeitet, gekämpft und gelitten. Die Weise, in welcher
er gehöhnt und gehütete und zuletzt ohne rechtlichen Grund von seiner Stelle hin-
weggcmaßregelt wurde, um jenem Dänen Platz zu machen, den uns Busch im elf¬
ten Capitel seiner Briefe als eine so klägliche Persönlichkeit hinstellt, die echt Schles-
wig-holsteinische Gesinnung, mit der er nie über das Recht hinausgeht, das Recht
aber auch bis in seine letzte Position hinein vertheidigt, ist ein sprechendes Beispiel
sür die Erkenntniß der dortigen Zustände, die man sich in der That kaum schmäh¬
lich genug vorstellen kann, und bei denen man nicht weiß, über was man mehr er¬
staunen soll, ob über die kühle Dreistigkeit der Einen oder über die schleichende
Hinterlist der Andern, welche hier mit allen Mitteln der Lüge ein Stück deutsches
Land von dem Gesammtkörper abzutrennen versuchen.

Es mag Leute gegeben haben, welchen die in den „Schleswig-Holsteinischen
Briefen" mitgetheilten Thatsachen unglaublich, die dort gegebenen Porträts als
Karikaturen der Leidenschaft erschienen sind. Mögen sie die Schrift Valentiners
lesen und sich durch die in derselben angeführten Documente zu der traurigen Wahr¬
heit bekehren lassen, daß nichts erfunden und nichts übertrieben wurde. Und mögen
sie darnach in ihren Kreisen und nach ihren Kräften handeln. —

I.L wullts par X. L. LiunUno. ?ari», Iluvliv^s Le Lo. !857. — Als
Sixtus V. Papst geworden war, fand man an den Statuen von Pasquino und'
Marsorio Tag aus Tag ein eine Reihe beißender Satiren gegen die Abkunft Sr.
Heiligkeit. Der zornige Papst suchte vergebens den Thäter zu entdecken, endlich
sicherte er demselben, wenn er sich selbst angeben wollte, nicht blos das Leben zu,
sondern er verhieß ihm noch eine beträchtliche Belohnung. Der Pasauillant mel¬
dete sich wirklich, und Sixtus hielt zwar Wort, aber er ließ ihm die Zunge aus¬
reißen und beide Hände abhacken und ihn dann auf die Straße werfen. Der
Dichter hat sich nun ausführlich auszumalen versucht, wie die weitern Schicksale
dieses armen Verstümmelten waren. Sie sind natürlich betrübt und gräßlich genug,
aber wen er damit hat amüsiren wollen, das weiß der liebe Gott. Es ist merk¬
würdig, wie Saintine, dem in seiner Picciola ein so reizendes, echt poetisches Ge¬
mälde gelungen ist, in seinen übrigen Romanen sich in der Wahl des Stoffs völ¬
lig vergriffen hat. —




n<>:.i-:.!,!),-.!-in>-«VK'...j.'/-i.ii^:,.«.i>.,iil,.tt>..et?k..l.Ä»V»Mh»
Herausgegeben von Gustav Freytag und Julian Schmidt.
Als verantwort!. Redacteur legitimirt: F. W. Grunow. — Verlag vo» F. L. Herbig
in Leipzig.
Druck von C. E. Elbert in Leipzig.
»i'/öl--^ it'i'Z«mal-.-.djin» 'let'i in .n?-^l,es'se.^ '-.--mis- in'/j'-i'l
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0248" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/103915"/>
          <p xml:id="ID_725" prev="#ID_724"> sprechen, eher durchzudrängen und zu wirken Aussicht haben, als solche, die sich auf<lb/>
die Betrachtung der politischen Zustände beschränken.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_726"> Wünschen wir hier der Schrift einen guten Erfolg, so wird sie auch ander¬<lb/>
wärts nicht verfehlen, Eindruck zu machen. Der Verfasser hat ein Herz nicht blos<lb/>
für die gefährdete Kirche, auch für die geknechtete und gemißhandelte Nationalität.<lb/>
Er hat redlich für beide gearbeitet, gekämpft und gelitten. Die Weise, in welcher<lb/>
er gehöhnt und gehütete und zuletzt ohne rechtlichen Grund von seiner Stelle hin-<lb/>
weggcmaßregelt wurde, um jenem Dänen Platz zu machen, den uns Busch im elf¬<lb/>
ten Capitel seiner Briefe als eine so klägliche Persönlichkeit hinstellt, die echt Schles-<lb/>
wig-holsteinische Gesinnung, mit der er nie über das Recht hinausgeht, das Recht<lb/>
aber auch bis in seine letzte Position hinein vertheidigt, ist ein sprechendes Beispiel<lb/>
sür die Erkenntniß der dortigen Zustände, die man sich in der That kaum schmäh¬<lb/>
lich genug vorstellen kann, und bei denen man nicht weiß, über was man mehr er¬<lb/>
staunen soll, ob über die kühle Dreistigkeit der Einen oder über die schleichende<lb/>
Hinterlist der Andern, welche hier mit allen Mitteln der Lüge ein Stück deutsches<lb/>
Land von dem Gesammtkörper abzutrennen versuchen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_727"> Es mag Leute gegeben haben, welchen die in den &#x201E;Schleswig-Holsteinischen<lb/>
Briefen" mitgetheilten Thatsachen unglaublich, die dort gegebenen Porträts als<lb/>
Karikaturen der Leidenschaft erschienen sind. Mögen sie die Schrift Valentiners<lb/>
lesen und sich durch die in derselben angeführten Documente zu der traurigen Wahr¬<lb/>
heit bekehren lassen, daß nichts erfunden und nichts übertrieben wurde. Und mögen<lb/>
sie darnach in ihren Kreisen und nach ihren Kräften handeln. &#x2014;</p><lb/>
          <p xml:id="ID_728"> I.L wullts par X. L. LiunUno. ?ari», Iluvliv^s Le Lo. !857. &#x2014; Als<lb/>
Sixtus V. Papst geworden war, fand man an den Statuen von Pasquino und'<lb/>
Marsorio Tag aus Tag ein eine Reihe beißender Satiren gegen die Abkunft Sr.<lb/>
Heiligkeit. Der zornige Papst suchte vergebens den Thäter zu entdecken, endlich<lb/>
sicherte er demselben, wenn er sich selbst angeben wollte, nicht blos das Leben zu,<lb/>
sondern er verhieß ihm noch eine beträchtliche Belohnung. Der Pasauillant mel¬<lb/>
dete sich wirklich, und Sixtus hielt zwar Wort, aber er ließ ihm die Zunge aus¬<lb/>
reißen und beide Hände abhacken und ihn dann auf die Straße werfen. Der<lb/>
Dichter hat sich nun ausführlich auszumalen versucht, wie die weitern Schicksale<lb/>
dieses armen Verstümmelten waren. Sie sind natürlich betrübt und gräßlich genug,<lb/>
aber wen er damit hat amüsiren wollen, das weiß der liebe Gott. Es ist merk¬<lb/>
würdig, wie Saintine, dem in seiner Picciola ein so reizendes, echt poetisches Ge¬<lb/>
mälde gelungen ist, in seinen übrigen Romanen sich in der Wahl des Stoffs völ¬<lb/>
lig vergriffen hat. &#x2014;</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <note type="byline"> n&lt;&gt;:.i-:.!,!),-.!-in&gt;-«VK'...j.'/-i.ii^:,.«.i&gt;.,iil,.tt&gt;..et?k..l.Ä»V»Mh»<lb/>
Herausgegeben von Gustav Freytag und Julian Schmidt.<lb/>
Als verantwort!. Redacteur legitimirt: F. W. Grunow. &#x2014; Verlag vo» F. L. Herbig<lb/>
in Leipzig.<lb/>
Druck von C. E. Elbert in Leipzig.<lb/>
»i'/öl--^ it'i'Z«mal-.-.djin» 'let'i in .n?-^l,es'se.^ '-.--mis- in'/j'-i'l</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0248] sprechen, eher durchzudrängen und zu wirken Aussicht haben, als solche, die sich auf die Betrachtung der politischen Zustände beschränken. Wünschen wir hier der Schrift einen guten Erfolg, so wird sie auch ander¬ wärts nicht verfehlen, Eindruck zu machen. Der Verfasser hat ein Herz nicht blos für die gefährdete Kirche, auch für die geknechtete und gemißhandelte Nationalität. Er hat redlich für beide gearbeitet, gekämpft und gelitten. Die Weise, in welcher er gehöhnt und gehütete und zuletzt ohne rechtlichen Grund von seiner Stelle hin- weggcmaßregelt wurde, um jenem Dänen Platz zu machen, den uns Busch im elf¬ ten Capitel seiner Briefe als eine so klägliche Persönlichkeit hinstellt, die echt Schles- wig-holsteinische Gesinnung, mit der er nie über das Recht hinausgeht, das Recht aber auch bis in seine letzte Position hinein vertheidigt, ist ein sprechendes Beispiel sür die Erkenntniß der dortigen Zustände, die man sich in der That kaum schmäh¬ lich genug vorstellen kann, und bei denen man nicht weiß, über was man mehr er¬ staunen soll, ob über die kühle Dreistigkeit der Einen oder über die schleichende Hinterlist der Andern, welche hier mit allen Mitteln der Lüge ein Stück deutsches Land von dem Gesammtkörper abzutrennen versuchen. Es mag Leute gegeben haben, welchen die in den „Schleswig-Holsteinischen Briefen" mitgetheilten Thatsachen unglaublich, die dort gegebenen Porträts als Karikaturen der Leidenschaft erschienen sind. Mögen sie die Schrift Valentiners lesen und sich durch die in derselben angeführten Documente zu der traurigen Wahr¬ heit bekehren lassen, daß nichts erfunden und nichts übertrieben wurde. Und mögen sie darnach in ihren Kreisen und nach ihren Kräften handeln. — I.L wullts par X. L. LiunUno. ?ari», Iluvliv^s Le Lo. !857. — Als Sixtus V. Papst geworden war, fand man an den Statuen von Pasquino und' Marsorio Tag aus Tag ein eine Reihe beißender Satiren gegen die Abkunft Sr. Heiligkeit. Der zornige Papst suchte vergebens den Thäter zu entdecken, endlich sicherte er demselben, wenn er sich selbst angeben wollte, nicht blos das Leben zu, sondern er verhieß ihm noch eine beträchtliche Belohnung. Der Pasauillant mel¬ dete sich wirklich, und Sixtus hielt zwar Wort, aber er ließ ihm die Zunge aus¬ reißen und beide Hände abhacken und ihn dann auf die Straße werfen. Der Dichter hat sich nun ausführlich auszumalen versucht, wie die weitern Schicksale dieses armen Verstümmelten waren. Sie sind natürlich betrübt und gräßlich genug, aber wen er damit hat amüsiren wollen, das weiß der liebe Gott. Es ist merk¬ würdig, wie Saintine, dem in seiner Picciola ein so reizendes, echt poetisches Ge¬ mälde gelungen ist, in seinen übrigen Romanen sich in der Wahl des Stoffs völ¬ lig vergriffen hat. — n<>:.i-:.!,!),-.!-in>-«VK'...j.'/-i.ii^:,.«.i>.,iil,.tt>..et?k..l.Ä»V»Mh» Herausgegeben von Gustav Freytag und Julian Schmidt. Als verantwort!. Redacteur legitimirt: F. W. Grunow. — Verlag vo» F. L. Herbig in Leipzig. Druck von C. E. Elbert in Leipzig. »i'/öl--^ it'i'Z«mal-.-.djin» 'let'i in .n?-^l,es'se.^ '-.--mis- in'/j'-i'l

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666/248
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666/248>, abgerufen am 27.07.2024.