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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.

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hier Mode und Liebhaberei ins Spiel kamen, und die Summen, die für gute
Koche oder Secretäre gezahlt wurden, keine Schlüsse auf die Preise gewöhn¬
licher Sklaven gestatten; nach einer Wahrscheinlichkeitsrechnung darf man
annehmen, daß diese letztern zwischen 100 und l>00 Thaler variirten. Ihre
Unterhaltung war wohlfeil; man rechnete auf einen Sklaven nicht viel mehr
als einen halben Scheffel Weizen, (höchstens fünf Achtel) monatlich, wonach
also das Hauptnahrungsmittel (nach dem Weizenpreise zu Ende der Republik)
nicht mehr als etwa 13 Thaler jährlich für den Mann, und seine ganze jähr¬
liche Unterhaltung schwerlich jemals mehr als 50 Thaler kostete. Je größer
die Sklavenfamilie war, desto schneller wuchs sie; wie natürlich gehörten auch
die Kinder dem Herrn, und durch den Verkauf der überflüssigen Sklaven
konnte ein Theil der Unterhaltungskosten bestritten werden. Ein viel größerer
Theil wurde vermuthlich in der Regel durch die Verwerthung der Sklavenar¬
beit gedeckt. In welchem Umfange dies ein Gegenstand der Spekulation wer¬
den konnte, zeigt das Beispiel deS Triumvir Crassus. Er benutzte die häufigen
Feuersbrünste und Häusereinstürze in Rom, um Grundstücke und Gebäude, die
schon brannten oder in der Nachbarschaft der brennenden und einstürzenden
lagen, zu Spottpreisen zu erwerben. Dann kaufte er eine kleine Armee von
Sklaven zusammen, die das Zimmer- und Bauhandwerk verstanden (Plutarch
gibt Ü00 an) und indem er so überall mit reißender Schnelligkeit neue Häuser
aufführen ließ, brachte er es dahin, daß ihm ein großer Theil von Rom ge¬
hörte; für sich selbst ließ er von diesen Sklaven nur einen einzigen Palast
bauen. So groß auch seine Einkünfte von Gütern und Bergwerken waren,
so wurden sie doch durch den Ertrag seiner Sklaven weit übertroffen. Er ließ
sie in allen einträglichen Gewerben und Handwerken, Künsten und Wissen¬
schaften unterrichten und leitete selbst den Unterricht; es waren .Vorleser,
Schreiber, Geldwechsler, Rechnungsführer , Tafeldecker darunter; was sie er¬
warben, gehörte natürlich ihm. Wenn nun auch freilich die Mehrzahl der Be¬
sitzer die Erploitirung der Sklavenarbeit nicht wie Crassus aus Spekulation
betrieb, so läßt sich doch annehmen, daß die meisten wenigstens Gewinn genug
daraus zogen, um einen großen Theil der Unterhaltungskosten für ihre gesammte
Sklavenfamilie zu bestreiten. Daß Sklaven ein Geschäft oder Handwerk auf
Rechnung ihrer Herrn betrieben, war ebenso gewöhnlich, als daß sie vermiethet
wurden. Um nur etwas sehr Gewöhnliches anzuführen, Schauspieler, Tänzer,
Gladiatoren wurden Äußerst häufig an Unternehmer oder Veranstalter von
Schauspielen für ein Fest oder für eine ganze Reise vermiethet. Die römischen
Juristen Verhandelten folgende Frage. Wenn jemand einem andern eine An¬
zahl Gladiatoren überliefert, mit der Bedingung, daß für die, welche unbe¬
schädigt davon kommen, 20 Denare (ein Denar ist etwa ein Frank) für die,
weiche getödtet oder schwer verletzt werden, 1000 Denare bezahlt werden, so


hier Mode und Liebhaberei ins Spiel kamen, und die Summen, die für gute
Koche oder Secretäre gezahlt wurden, keine Schlüsse auf die Preise gewöhn¬
licher Sklaven gestatten; nach einer Wahrscheinlichkeitsrechnung darf man
annehmen, daß diese letztern zwischen 100 und l>00 Thaler variirten. Ihre
Unterhaltung war wohlfeil; man rechnete auf einen Sklaven nicht viel mehr
als einen halben Scheffel Weizen, (höchstens fünf Achtel) monatlich, wonach
also das Hauptnahrungsmittel (nach dem Weizenpreise zu Ende der Republik)
nicht mehr als etwa 13 Thaler jährlich für den Mann, und seine ganze jähr¬
liche Unterhaltung schwerlich jemals mehr als 50 Thaler kostete. Je größer
die Sklavenfamilie war, desto schneller wuchs sie; wie natürlich gehörten auch
die Kinder dem Herrn, und durch den Verkauf der überflüssigen Sklaven
konnte ein Theil der Unterhaltungskosten bestritten werden. Ein viel größerer
Theil wurde vermuthlich in der Regel durch die Verwerthung der Sklavenar¬
beit gedeckt. In welchem Umfange dies ein Gegenstand der Spekulation wer¬
den konnte, zeigt das Beispiel deS Triumvir Crassus. Er benutzte die häufigen
Feuersbrünste und Häusereinstürze in Rom, um Grundstücke und Gebäude, die
schon brannten oder in der Nachbarschaft der brennenden und einstürzenden
lagen, zu Spottpreisen zu erwerben. Dann kaufte er eine kleine Armee von
Sklaven zusammen, die das Zimmer- und Bauhandwerk verstanden (Plutarch
gibt Ü00 an) und indem er so überall mit reißender Schnelligkeit neue Häuser
aufführen ließ, brachte er es dahin, daß ihm ein großer Theil von Rom ge¬
hörte; für sich selbst ließ er von diesen Sklaven nur einen einzigen Palast
bauen. So groß auch seine Einkünfte von Gütern und Bergwerken waren,
so wurden sie doch durch den Ertrag seiner Sklaven weit übertroffen. Er ließ
sie in allen einträglichen Gewerben und Handwerken, Künsten und Wissen¬
schaften unterrichten und leitete selbst den Unterricht; es waren .Vorleser,
Schreiber, Geldwechsler, Rechnungsführer , Tafeldecker darunter; was sie er¬
warben, gehörte natürlich ihm. Wenn nun auch freilich die Mehrzahl der Be¬
sitzer die Erploitirung der Sklavenarbeit nicht wie Crassus aus Spekulation
betrieb, so läßt sich doch annehmen, daß die meisten wenigstens Gewinn genug
daraus zogen, um einen großen Theil der Unterhaltungskosten für ihre gesammte
Sklavenfamilie zu bestreiten. Daß Sklaven ein Geschäft oder Handwerk auf
Rechnung ihrer Herrn betrieben, war ebenso gewöhnlich, als daß sie vermiethet
wurden. Um nur etwas sehr Gewöhnliches anzuführen, Schauspieler, Tänzer,
Gladiatoren wurden Äußerst häufig an Unternehmer oder Veranstalter von
Schauspielen für ein Fest oder für eine ganze Reise vermiethet. Die römischen
Juristen Verhandelten folgende Frage. Wenn jemand einem andern eine An¬
zahl Gladiatoren überliefert, mit der Bedingung, daß für die, welche unbe¬
schädigt davon kommen, 20 Denare (ein Denar ist etwa ein Frank) für die,
weiche getödtet oder schwer verletzt werden, 1000 Denare bezahlt werden, so


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[0135] hier Mode und Liebhaberei ins Spiel kamen, und die Summen, die für gute Koche oder Secretäre gezahlt wurden, keine Schlüsse auf die Preise gewöhn¬ licher Sklaven gestatten; nach einer Wahrscheinlichkeitsrechnung darf man annehmen, daß diese letztern zwischen 100 und l>00 Thaler variirten. Ihre Unterhaltung war wohlfeil; man rechnete auf einen Sklaven nicht viel mehr als einen halben Scheffel Weizen, (höchstens fünf Achtel) monatlich, wonach also das Hauptnahrungsmittel (nach dem Weizenpreise zu Ende der Republik) nicht mehr als etwa 13 Thaler jährlich für den Mann, und seine ganze jähr¬ liche Unterhaltung schwerlich jemals mehr als 50 Thaler kostete. Je größer die Sklavenfamilie war, desto schneller wuchs sie; wie natürlich gehörten auch die Kinder dem Herrn, und durch den Verkauf der überflüssigen Sklaven konnte ein Theil der Unterhaltungskosten bestritten werden. Ein viel größerer Theil wurde vermuthlich in der Regel durch die Verwerthung der Sklavenar¬ beit gedeckt. In welchem Umfange dies ein Gegenstand der Spekulation wer¬ den konnte, zeigt das Beispiel deS Triumvir Crassus. Er benutzte die häufigen Feuersbrünste und Häusereinstürze in Rom, um Grundstücke und Gebäude, die schon brannten oder in der Nachbarschaft der brennenden und einstürzenden lagen, zu Spottpreisen zu erwerben. Dann kaufte er eine kleine Armee von Sklaven zusammen, die das Zimmer- und Bauhandwerk verstanden (Plutarch gibt Ü00 an) und indem er so überall mit reißender Schnelligkeit neue Häuser aufführen ließ, brachte er es dahin, daß ihm ein großer Theil von Rom ge¬ hörte; für sich selbst ließ er von diesen Sklaven nur einen einzigen Palast bauen. So groß auch seine Einkünfte von Gütern und Bergwerken waren, so wurden sie doch durch den Ertrag seiner Sklaven weit übertroffen. Er ließ sie in allen einträglichen Gewerben und Handwerken, Künsten und Wissen¬ schaften unterrichten und leitete selbst den Unterricht; es waren .Vorleser, Schreiber, Geldwechsler, Rechnungsführer , Tafeldecker darunter; was sie er¬ warben, gehörte natürlich ihm. Wenn nun auch freilich die Mehrzahl der Be¬ sitzer die Erploitirung der Sklavenarbeit nicht wie Crassus aus Spekulation betrieb, so läßt sich doch annehmen, daß die meisten wenigstens Gewinn genug daraus zogen, um einen großen Theil der Unterhaltungskosten für ihre gesammte Sklavenfamilie zu bestreiten. Daß Sklaven ein Geschäft oder Handwerk auf Rechnung ihrer Herrn betrieben, war ebenso gewöhnlich, als daß sie vermiethet wurden. Um nur etwas sehr Gewöhnliches anzuführen, Schauspieler, Tänzer, Gladiatoren wurden Äußerst häufig an Unternehmer oder Veranstalter von Schauspielen für ein Fest oder für eine ganze Reise vermiethet. Die römischen Juristen Verhandelten folgende Frage. Wenn jemand einem andern eine An¬ zahl Gladiatoren überliefert, mit der Bedingung, daß für die, welche unbe¬ schädigt davon kommen, 20 Denare (ein Denar ist etwa ein Frank) für die, weiche getödtet oder schwer verletzt werden, 1000 Denare bezahlt werden, so

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666/135>, abgerufen am 01.09.2024.