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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.

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Buchs charakterisirt die Zeit seines Entstehens. -- Gleich darauf verheirathete
sie sich mit einem Generaleinnchmer, Herrn Gav, mit dem sie in Aachen
wohnte, wo es nicht an Marschällen und Schriftstellern fehlte, mit denen sie in
geistreichen Epigrammen wetteiferte. Unter den letztern standen ihr am nächsten
Duval, Lemercier und Picard, damals gefeierte Größen.

Ihr zweiter Roman, l.coule 6e NontKrc-us", 1813, ist ein sehr bedeuten¬
der Fortschritt. Er ist gut componirt und reich an geschickten Lebensbeobach¬
tungen. Die Heldin hat eine lebhafte Einbildungskraft, sie haßt das Mittel¬
mäßige und will entweder angebetet oder ignorirt sein. Sie findet einen
passenden Gegenstand der Leidenschaft, ihr Vater, ein Mann von Welt, heilt
sie von den Thorheiten derselben, indem er die beiden Liebenden auf eine
längere Zeit zusammenführt. Sie langweilen sich miteinander, und Leonie
lernt allmälig ihrer Einbildungskraft den Zügel anlegen. "Man wird so ge¬
demüthigt," bemerkt sie, "in dem geliebten Gegenstand einen Zug von Mittel¬
mäßigkeit zu entdecken, daß im Verdruß, den man darüber empfindet, mehr
Scham als Bedauern liegt." Sie entdeckt sehr richtig, daß in jener lebhaften
Einbildungskraft die Hauptquelle der Koketterie liegt. I^os lvmmos, luUii-
tuee8 aux elo^es, aux pr"te8ta>ion8 ac teuclresse, ant eelu cle maliieueeax
' qu'sllvs, us peuvent, supporter In PKN5VS u'vero inäilkvrslltLs wöu,s KUX
"Mi Joel intvressvnt In noir". I.v "Ivpit <in'oll"s su rks"filtert lus vo""1"it
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bien qu'elles ne savent plus comment rvtroKraäsr, vt dienent-olws so Irouveut
kNAatzve" San" Ävcne es moiuäre sentimvnt nvnr vxous"., .In vrois que
pe Iravers 6v in" paullo c" kön pominvltro plus 6v kaute" czuu tonlos los louff
cle l'amour. Indem sie so die Schwachen ihrer eigenen Einbildungskraft durch¬
schaut, lernt sie die Prosa des Lebens richtig würdigen. Es ist die Moral,
die Scribe in allen seinen Komödien durchführt, wie auch Mad. Gav in der
Widmung an ihre Tochter sagt:


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'tu in'"s tüissö te soin "In bonlivur t!e U> vio.
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Hatte sich früher die Verfasserin der Frau von Stank sehr eifrig an¬
genommen, so sieht man doch, daß sie von einem sehr verschiedenen Motiv
ausging. Es ist nicht die Leidenschaft und der Enthusiasmus, den sie feiert,
sondern der gesunde Menschenverstand.

Der dritte Roman, /^natvls (181S), ist eine Caprice. Der Held ist ein
Taubstummer, um dessen willen die schöne Valentine die Fingersprache lernt
und ihn auch wirklich heirathet.-- Viel wichtiger ist der folgende: l.e,s mulkeurs
et'net amunt Iiumuux (1818--1823), Der Held ist ein Kammerdiener, der


Buchs charakterisirt die Zeit seines Entstehens. — Gleich darauf verheirathete
sie sich mit einem Generaleinnchmer, Herrn Gav, mit dem sie in Aachen
wohnte, wo es nicht an Marschällen und Schriftstellern fehlte, mit denen sie in
geistreichen Epigrammen wetteiferte. Unter den letztern standen ihr am nächsten
Duval, Lemercier und Picard, damals gefeierte Größen.

Ihr zweiter Roman, l.coule 6e NontKrc-us», 1813, ist ein sehr bedeuten¬
der Fortschritt. Er ist gut componirt und reich an geschickten Lebensbeobach¬
tungen. Die Heldin hat eine lebhafte Einbildungskraft, sie haßt das Mittel¬
mäßige und will entweder angebetet oder ignorirt sein. Sie findet einen
passenden Gegenstand der Leidenschaft, ihr Vater, ein Mann von Welt, heilt
sie von den Thorheiten derselben, indem er die beiden Liebenden auf eine
längere Zeit zusammenführt. Sie langweilen sich miteinander, und Leonie
lernt allmälig ihrer Einbildungskraft den Zügel anlegen. „Man wird so ge¬
demüthigt," bemerkt sie, „in dem geliebten Gegenstand einen Zug von Mittel¬
mäßigkeit zu entdecken, daß im Verdruß, den man darüber empfindet, mehr
Scham als Bedauern liegt." Sie entdeckt sehr richtig, daß in jener lebhaften
Einbildungskraft die Hauptquelle der Koketterie liegt. I^os lvmmos, luUii-
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cle l'amour. Indem sie so die Schwachen ihrer eigenen Einbildungskraft durch¬
schaut, lernt sie die Prosa des Lebens richtig würdigen. Es ist die Moral,
die Scribe in allen seinen Komödien durchführt, wie auch Mad. Gav in der
Widmung an ihre Tochter sagt:


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Hatte sich früher die Verfasserin der Frau von Stank sehr eifrig an¬
genommen, so sieht man doch, daß sie von einem sehr verschiedenen Motiv
ausging. Es ist nicht die Leidenschaft und der Enthusiasmus, den sie feiert,
sondern der gesunde Menschenverstand.

Der dritte Roman, /^natvls (181S), ist eine Caprice. Der Held ist ein
Taubstummer, um dessen willen die schöne Valentine die Fingersprache lernt
und ihn auch wirklich heirathet.— Viel wichtiger ist der folgende: l.e,s mulkeurs
et'net amunt Iiumuux (1818—1823), Der Held ist ein Kammerdiener, der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666/106>, abgerufen am 28.07.2024.